Bedeutet Führerscheinentzug/Fahrverbot beim Berufskraftfahrer Kündigung seines Arbeitsvertrages?

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Im Zusammenhang mit Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr besteht die Gefahr, dass zur Geldstrafe auch ein Fahrverbot gemäß § 44 StGB verhängt wird, im weitaus schlimmeren Fall kann der Entzug der Fahrerlaubnis die Folge sein, vgl. § 69 StGB.

Schlimmer ist die Entziehung der Fahrerlaubnis deswegen, weil diese nicht auf maximal sechs Monate begrenzt ist und sich anschließend die Frage einer medizinisch-psychologischen Untersuchung stellt.

Nun besteht besonderes bei Berufskraftfahrern, Außendienstmitarbeitern, Kurierfahrern für die Post sowie Paketdienste und allgemein Fahrpersonal die Gefahr, aufgrund ihrer täglichen Arbeit zu oft geblitzt zu werden oder gerade als LKW-Fahrer den Mindestabstand nicht einzuhalten. Sofern sich Ordnungswidrigkeiten dann summieren und auch die berüchtigten Punkte immer mehr werden, drohen die besagten Nebenstrafen.

Die Antwort auf obige Frage kann nicht pauschal beantwortet werden, es kommt auf den Einzelfall an. Dabei spielen insbesondere Faktoren wie die langjährige Zugehörigkeit zu einem Betrieb eine Rolle und für wie lange ein Fahrverbot verhängt wurde. Auch die Frage, ob sich der Betroffene in der Vergangenheit korrekt verhielt oder ,,Gewohnheitstäter“ ist, kann entscheidend für die Frage sein, ob eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommt. Dabei ist auch zu beachten, dass die strengen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes gerade nicht für die außerordentliche Kündigung gelten.

Somit steht und fällt jede ausgesprochene Kündigung mit der Frage, ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorlag. Aber auch im Falle einer ordentlichen Kündigung stellt sich die Frage, ob die restriktiven Tatbestandsmerkmale des Kündigungsschutzgesetzes eingehalten sind, sofern es einschlägig ist. Somit besteht im Rahmen beider Kündigungsarten ein gewisser Schutzmechanismus gegenüber dem Betroffenen.

Es kann festgehalten werden, dass der Verlust des Arbeitsplatzes sehr wohl drohen kann, sofern eine Sanktion ausgesprochen wird, die den Arbeitnehmer faktisch von seinem Beruf als Fahrer ausschließt.

So hat etwa das hessische Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 01. Juli 2011 – Az.: 10 Sa 245/11 – festgestellt, dass die Trunkenheitsfahrt eines LKW-Fahrers ausreicht, ihm außerordentlich zu kündigen. Hierbei ging es somit nicht einmal um die Frage eines Fahrverbotes oder um den Entzug der Fahrerlaubnis. Die Pflichtverletzung selbst, also das Verhalten im Straßenverkehr, kann schon Kündigungsgrund sein. Selbstredend wird es in solchen Fällen in der Regel auch zum Entzug der Fahrerlaubnis kommen, da die Trunkenheitsfahrt Regelbeispiel gemäß § 69 StGB ist.

Dennoch bleibt auch festzuhalten, dass gerade bei kurzzeitigen Fahrverboten kaum eine Kündigung droht. Der Arbeitgeber hat auch die Pflicht, sich zu vergewissern, ob der Arbeitnehmer nicht kurzzeitig eine andere Stelle im Betrieb übernehmen kann oder ob möglicherweise kurzzeitig eine Freistellung erfolgen kann. Auf die Frage, ob ein Dritter den Fahrdienst übernehmen kann, kommt es jedoch nicht an, da der Arbeitgeber grundsätzlich entscheiden kann, wie die Arbeit zu verrichten ist. Das ,,Fahrenlassen“ durch die Ehefrau ist somit kein Grund, von einer Kündigung abzusehen.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg- Vorpommern, Urteil vom 16.08.2011, Az.: 5 Sa 295/10

Der vorübergehende Verlust der Fahrerlaubnis stellt grundsätzlich für den Arbeitgeber einen wichtigen Grund dar, dem Arbeitnehmer, hier Berufskraftfahrer, fristlos zu kündigen. Dies ist dann unverhältnismäßig und somit rechtswidrig, sofern das Fahrverbot mittels der Urlaubsansprüche aufgefangen werden kann und die restliche Fehlzeit des Arbeitnehmers als Kündigungsgrund zu gering ist. Auch das Verheimlichen des Fahrverbotes ist für sich genommen kein eigenständiger Kündigungsgrund, da der Arbeitgeber gemeinhin mit kurzfristigen Ausfällen rechnen muss.

Arbeitsgericht Dresden, Urteil vom 20.03.2014, Az.: 5 Ca 2776/13

Der längerfristige Entzug der Fahrerlaubnis stellt bei Berufskraftfahrern einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar, ebenso das Fahren ohne Führerschein. Bei Berufskraftfahrern kann dies auch bei Vergehen wie einer Trunkenheitsfahrt gelten, wenn diese Fahrt nicht während der Arbeitszeit geschah. Eine außerordentliche Kündigung ist rechtswidrig, sofern der Arbeitgeber durch den Arbeitnehmer darauf hingewiesen wurde, dass der Entzug der Fahrerlaubnis oder das Fahrverbot zu Unrecht verhängt wurde. Die Kündigung ist dann solange unwirksam, wie die Rechtmäßigkeit der Sanktion nicht abschließend festgestellt wurde.

Arbeitsgericht Weiden, Urteil vom 04.02.2015, Az.: 4 Ca 699/14

Ein Berufskraftfahrer, der privat unter Drogeneinfluss am Steuer erwischt wird und welchem ein Fahrverbot auferlegt wird, kann grundsätzlich außerordentlich gekündigt werden. Im Einzelfall kann sich die außerordentliche Kündigung jedoch als unverhältnismäßig erweisen, sofern insbesondere eine Abmahnung vorher angebrachter erscheint. Dann kann die außerordentliche Kündigung jedoch in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wobei es gerade nicht auf einen wichtigen Grund ankommt.

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.07.2014, Az.: 5 Sa 27/14

Bei Außendienstmitarbeitern kann ein längerfristiges Fahrverbot einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Dies gilt nicht, wenn es möglich erscheint, die Strecke mittels Bahnverkehr zurückzulegen und dies nicht zu wesentlichen Verzögerungen im Betriebsablauf führt. Ein Berufen auf die ordentliche Kündigung ist dann ausgeschlossen, wenn das Vorhandensein eines Führerscheins gerade nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages war.

Amtsgericht München, Urteil vom 30.07.2015, Az.: 943 OWi 417 Js 204821/14

Ein Fahrverbot wird auch dann verhängt, wenn ein KFZ-Mechatroniker eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vorlegt, dass bei einem Fahrverbot mit einer Kündigung zu rechnen sei. Das Gericht hielt dies für grundlos, da bei einem einmonatigen Fahrverbot kaum eine außerordentliche Kündigung Erfolg haben könnte.

Fazit:

Sobald Sie von einer Kündigung betroffen sind, sollten Sie schnellstmöglich rechtlichen Beistand in Anspruch nehmen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die gerichtlichen Schritte vollumfänglich eingeleitet werden, um insbesondere der dreiwöchigen Frist bei Kündigungsschutzklagen nachzukommen.

Je nach Einzelfall sind die Erfolgsaussichten unterschiedlich, jedoch können einige Punkte festgehalten werden. Je kürzer das Fahrverbot, desto eher wird eine Kündigung vor Gericht keinen Bestand haben. Ein Fahrverbot ist stets besser als ein Entzug der Fahrerlaubnis und das Voraussetzen einer Fahrtüchtigkeit und das Besitzen einer Fahrerlaubnis kann stets dazu führen, dass die außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden kann. Dies vor dem Hintergrund, dass dann eine persönliche Verfehlung des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs. II KSchG konstruiert werden kann.

Zu beachten ist ferner, dass § 1 Abs. II KSchG sowohl personenbezogene als auch verhaltensbezogene Gründe für eine ordentliche Kündigung vorsieht. So kann etwa die private Trunkenheitsfahrt mangels Verknüpfung mit der Arbeit keine verhaltensbedingte Kündigung sein, jedoch aufgrund der mangelnden Eignung sehr wohl eine personenbedingte Eignung.

Es sollte stets bedacht werden, dass die Gerichte nicht deswegen milde urteilen, weil jemand anführt, ein Fahrverbot könne zur Kündigung des Arbeitsplatzes führen. Es ist gerade Zweck der Sanktionen, dass berufliche Nachteile auftreten, diese sind die Regel und nicht die Ausnahme. Gerichte argumentieren dann oft, gerade berufliche Fahrer hätten sich besonders strebsam an die Verkehrsregeln halten müssen.

Aufgrund der zahlreichen Einfallstore für Arbeitgeber, in diesen verkehrsbedingten Sanktionen eine Kündigung auszusprechen, sollte die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes oberstes Gebot sein.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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