Beruflich kürzer treten – der Anspruch auf Teilzeitarbeit

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Nach erfolgter Elternzeit, um das Kind nicht von morgens bis abends in die Kita oder zur Tagesmutter zu geben, oder auch nur, um einfach mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können oder sich zeitaufwändigen Hobbys zu widmen, wird die Teilzeitbeschäftigung zunehmend beliebter. Aber muss der Chef den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen die Möglichkeit der Verringerung der Anzahl der Arbeitsstunden überhaupt einräumen; besteht also ein Anspruch auf Teilzeitarbeit? Und wenn ja, in welchem Umfang? Kann dies der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin selbst bestimmen oder liegt es vielmehr im Ermessen des Arbeitgebers?

Nach § 8 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht und der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Außerdem dürfen keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Mithin muss der Arbeitgeber die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin gewähren, wenn die vorgenannten Voraussetzungen gegeben sind. Was aber sind betriebliche Gründe, die dem Teilzeitbeschäftigungsbegehren entgegenstehen könnten? Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. Die Ablehnungsgründe können zwar durch einen Tarifvertrag festgelegt werden, allerdings reicht als Begründung des Arbeitgebers für die Ablehnung des Teilzeitarbeitswunsches des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin nicht aus, dass sich der Arbeitgeber ohne nähere Erläuterungen auf die Regelung im Tarifvertrag oder auf ein Organisationskonzept, das im Dienstvertrag vereinbart wurde, beruft. 

Eine derartige Regelung kann nach der Rechtsprechung kein entgegenstehender betrieblicher Grund sein, wenn durch eine solche Vereinbarung von der Vorschrift des § 8 TzBfG abgewichen wird. Dies ergibt sich nämlich aus § 22 Abs. 1 TzBfG, wonach feststeht, dass außer in den Fällen des § 12 Abs. 3, § 13 Abs. 4 und § 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 von den Vorschriften dieses (Teilzeit- und Befristungsgesetz) Gesetzes nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf. Folglich darf der Arbeitgeber keine über dieses Gesetz hinausgehenden Regelungen zu Lasten der Arbeitnehmer für die Geltendmachung der Reduzierung der Arbeitszeit treffen. Das Gesetz erlaubt es also nicht, dass durch einen allgemeinen Verweis auf eine Betriebsvereinbarung die Wahlmöglichkeit der Arbeitnehmer auf die Verringerung der Arbeitszeit dadurch darüber hinaus eingeschränkt wird.

Bestehen in einem Unternehmen entsprechende Regelungen zur Teilzeitarbeit, so kann der Inhalt dieser Vorschriften zwar als betrieblicher Grund angeführt werden, der einer Reduzierung der Arbeitszeit entgegensteht, allerdings reicht eine allgemeine Berufung darauf für die Ablehnung des Teilzeitgesuchs nicht aus. Vielmehr muss der Arbeitgeber dann ganz konkret belegen, warum in jedem Einzelfall ein betrieblicher Grund vorliegt, sodass dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers nicht entsprochen werden kann.

Zu beachten gilt ferner, dass gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin die Verringerung seiner/ihrer Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens 3 Monate vor deren Beginn geltend machen muss. Außerdem soll er/sie dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben. Der Arbeitgeber hat dann mit dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer einvernehmlichen Einigung bezüglich der Vereinbarung der Verringerung der Arbeitszeit zu gelangen. Wie bereits geschildert, muss der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zustimmen und auch den Wünschen bezüglich der Verteilung der Arbeitszeit, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Arbeitgeber hat dann die Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung schriftlich mitzuteilen. Konnten sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nicht über die Verringerung der Arbeitszeit einigen und hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitverlängerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn schriftlich abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen erzielt und hat der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit schriftlich abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt.

Zu beachten gilt außerdem, dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von 2 Jahren verlangen kann, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat (vgl. § 8 Abs. 6 TzBfG).

Fazit: Besteht das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate und sind in dem Unternehmen regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, so hat der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Teilzeitarbeit, wenn keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Dieses Reduzierungsbegehren der Arbeitszeit muss der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin 3 Monate vor Beginn der Teilzeittätigkeit dem Arbeitgeber ankündigen. Wenn der Arbeitgeber darauf nicht schriftlich reagiert und der Verringerung der Arbeitszeit schriftlich widerspricht, gilt die beantragte Verringerung der Arbeitszeit nach Maßgabe der Vorstellung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin.


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