Besuch beim Rechtsanwalt trotz Corona Lockdown erlaubt?!

  • 3 Minuten Lesezeit

Die Corona-Pandemie und der (erneut) bundesweit angeordnete "Lockdown" wirken sich auf sämtliche Lebensbereiche aus. Trotz allem und z.T. gerade deshalb stellen sich weiterhin auch dringende juristische Probleme und Fragestellungen, die fortlaufend gelöst und beantwortet werden müssen. Auch bereits laufende Rechtsstreitigkeiten oder Fristen sind grds. durch die Corona-Schutz-Maßnahmen nicht suspendiert, unterbrochen oder gar beendet.

Daher fragen sich Betroffene: Kann ich auch während des Lockdowns in Zeiten der Corona-Pandemie meine Rechtsanwältin/meinen Rechtsanwalt weiter aufsuchen?

Mit der Antwort auf diese Frage beschäftigt sich der Deutsche Anwaltverein im Rahmen seiner aktuellen Pressemitteilung (DAV- Pressemitteilung Nr. 39/20 vom 15.12.2020):

PM 39/20: Neuer Lockdown, ähnliche Regeln: Besuch in der Anwalts­kanzlei bleibt erlaubt

Berlin (DAV). Der „Lockdown light“ hat nicht ausgereicht: Die Infekti­ons­zahlen sind gestiegen und die Politik hat die Corona-Schutz-Maßnahmen wieder verschärft. In einigen Regionen dürfen die Menschen ihre Wohnungen nur in dringenden Fällen verlassen. Ein Termin mit der Rechts­an­wältin oder dem Rechts­anwalt ist und bleibt immer ein dringender Fall. Wer auf dem Weg dorthin kontrolliert wird, muss nicht sagen, warum er eine Kanzlei aufsucht, mahnt der Deutsche Anwalt­verein (DAV). Damit der Zugang zum Recht gewähr­leistet ist, muss die Anwalt­schaft außerdem – wie im ersten Lockdown – als system­re­levant anerkannt werden.

Wie stark die Bewegungs­freiheit eingeschränkt ist, hängt von der Gemeinde und dem Infekti­ons­ge­schehen dort ab. In den meisten Regionen müssen die Behörden nicht im Detail kontrol­lieren, warum jemand auf der Straße unterwegs ist. „Sollte es tagsüber Ausgangs­be­schrän­kungen geben, können die Menschen weiterhin Rechts­an­wäl­tinnen und Rechts­anwälte sowie Notarinnen und Notare aufsuchen“, sagt Rechts­an­wältin Dr. Sylvia Ruge, Hauptge­schäfts­führerin des DAV. Dies sei auch in der gegenwärtigen Situation von großer Bedeutung, da der Zugang zu digitalen Kommuni­ka­ti­onswegen nicht allen Rechts­su­chenden zur Verfügung steht. „Die Inanspruchnahme anwalt­licher Beratung muss in jeder Landes­ver­ordnung in die Liste der triftigen Gründe aufgenommen werden, die ein Verlassen des Hauses erlauben“, fordert Ruge.

Das gilt aktuell in ganz besonderem Maße, weil mit Ende eines Jahres viele Verjäh­rungs­fristen ablaufen. Es ist dann dringend notwendig, eine Anwältin oder einen Anwalt aufzusuchen und persönlich mit ihnen zu sprechen. Im Grunde müsse man aber immer davon ausgehen, dass ein Rechts­problem dringend ist, warnt DAV-Hauptge­schäfts­führerin Ruge: „Ob es sich um einen unaufschiebbaren Termin handelt oder nicht, wird für den Rechts­su­chenden selbst häufig erst auf Grund der anwalt­lichen Beratung erkennbar werden.“ Es sei zum Beispiel kein Allgemein­wissen, dass für die Ausschlagung einer Erbschaft eine sechswöchige Frist besteht oder dass man gegebe­nenfalls ein Nachlassin­ventar errichten muss. Gleiches gelte für die Fristen im Zusammenhang mit einer Kündigungs­schutzklage oder bei der unverzüg­lichen Anfechtung einer Willens­er­klärung.

Der Zugang zu anwalt­lichem Rat und zur Vertretung ist zudem wichtig, weil Bürgerinnen und Bürger die Rechts­an­trags­stellen bei den Gerichten vielfach nicht mehr persönlich aufsuchen können. In solchen Fällen sind Eilver­fahren notwendig, für die eidesstattliche Versiche­rungen eingereicht werden müssen. Die meisten Betroffenen sind damit überfordert.

„Sucht jemand persönlich eine Anwältin oder einen Anwalt auf, dürfen die Behörden nicht nach dem Grund fragen“, fügt Rechts­an­wältin Ruge hinzu. Wer etwa darüber nachdenkt, sich wegen eines Steuer­de­liktes selbst anzuzeigen, dürfe nicht gezwungen werden, dies ausgerechnet der Polizei gegenüber offenzulegen. Auch verbieten sich Anrufe in den Kanzleien mit der Frage, ob bereits ein Termin vereinbart worden ist. Denn die anwaltliche Verschwie­genheit bezieht sich auch auf die Frage, zu wem ein Mandat besteht.

Für den Zugang zum Recht ist die Anwalt­schaft system­re­levant – das gilt in Pandemie­zeiten ganz besonders. „Die Anwalt­schaft muss bundesweit als system­re­levant anerkannt werden – unter anderem, um die Kinder­be­treuung während der Schul- und Kitaschlie­ßungen sicher­zu­stellen“, fordert DAV-Hauptge­schäfts­führerin Ruge. Dies müsse in den aktuellen Verord­nungen klarge­stellt und in den Regelungen berück­sichtigt werden.“.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Rechtsanwälte gehören als unabhängiges Organ der Rechtspflege untrennbar zum Rechtsstaat, weshalb auch gem. Art. 19 Abs. 4 GG jederzeit der Zugang zur Anwältin bzw. zum Anwalt seines Vertrauens gewährleistet sein muss. Dies gilt erst recht in aktuell schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Matthias Wiese

Beiträge zum Thema