Betriebsrat plaudert Interna aus – darf er deshalb fristlos gekündigt werden?

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Betriebsräte sind Vertrauensleute. Ob der Verstoß eines Betriebsratsvorsitzenden gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung arbeitsrechtliche Konsequenzen rechtfertigt, darüber hatte das LAG Hessen (12.03.2015, 9 TaBV 188/14) letztes Jahr zu entscheiden.

Der BR-Vorsitzende, um den es ging, war seit 1999 in einem Unternehmen mit 150 Mitarbeitern tätig. Die Funktion des BR-Vorsitzenden begleitete er seit 2014. Am 05.11.2013 fand eine Besprechung zwischen dem Management des Arbeitgebers und den Mitgliedern des Betriebsrats und des Gesamtbetriebsrats statt, die alle auch dem Wirtschaftsausschuss angehörten.

In diesem Meeting ging es um den möglichen Abbau von 44 Arbeitsplätzen. Am 14.11.2013 – das Thema war noch immer in der Diskussionsphase – forderte der BR-Vorsitzende die Geschäftsleitung per E-Mail auf, die Belegschaft bis 14:00 Uhr des nächsten Tages über den geplanten Personalabbau zu informieren. Da noch nichts entschieden war, bat die Geschäftsleitung den Betriebsrat um Stillschweigen. Nach Ablauf des von ihm gestellten Ultimatums jedoch hatte unser BR-Vorsitzender keine bessere Idee, als die Belegschaft en detail über den Abbau von Arbeitsplätzen zu informieren. Das geschah ohne Wissen der BR-Mitglieder.

In dem – von der Geschäftsleitung beim Arbeitsgericht eingeleiteten – Beschlussverfahren zur Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, hilfsweise zum Ausschluss aus dem Betriebsrat, trug die Geschäftsleitung vor, dass es noch keinen Beschluss zur Durchführung des Abbaus von Arbeitsplätzen gegeben habe, auch sei der Aufsichtsrat noch nicht einbezogen gewesen. Man habe erst noch mit dem Betriebsrat über mögliche Alternativen sprechen wollen, um dann am 22.11.2013 eine Entscheidung zu treffen.

Durch den Alleingang des BR-Vorsitzenden war man nun gezwungen, diese Maßnahme früher und alternativlos durchzuführen, um die Verunsicherung am Markt und unter der Belegschaft in Grenzen zu halten. Außerdem, so die Geschäftsleitung, hätte die vom BR-Vorsitzenden gesendete E-Mail Unwahrheiten zum Inhalt gehabt.

Die Betriebsratsmitglieder (einschließlich des Vorsitzenden) äußerten vor Gericht, dass es innerhalb der Firma bereits schon länger Gerüchte zum Personalabbau gebe. Somit war es kein Geheimhaltungsverstoß seitens des BR-Vorsitzenden.

Der Arbeitgeber unterlag mit beiden Anträgen. Das LAG begründete seine Entscheidung so:

  • Klar ist, dass der BR-Vorsitzende gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag und gegen die Amtspflichten als Betriebsrat verstoßen hatte, aber da der Betriebsrat aufgrund seines Amts besonders schnell auch seine Arbeitsvertragspflichten verletzen kann, muss für die Kündigung ein ganz besonders strenger Maßstab angelegt werden.
  • Nach Ansicht des Gerichts hätte der Ausschluss aus dem BR genügt. Dies hatte der Arbeitgeber ja auch hilfsweise beantragt, aber die Amtszeit des BR-Vorsitzenden endete im Lauf des Verfahrens. Damit verlor der Arbeitgeber sein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag, denn der Ausschluss hatte sich durch Ablauf der Wahlperiode von selbst erledigt.
  • Im Lauf des Verfahrens wurde ein neuer Betriebsrat gewählt, an dessen Spitze wieder der „alte“ Vorsitzende stand und in dieser Amtsperiode gab es keine Verstöße. Dem Mann blieb auch sein passives Wahlrecht erhalten, dessen Verlust sieht das BetrVG als Sanktion gegen Fehlverhalten nicht vor. 

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