BFH lässt Kernkraftwerkbetreiber weiterzahlen

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BFH-Entscheidung zur Brennelementesteuer

Der Bundesfinanzhof hat am 23.12. dem Bund ein Weihnachtsgeschenk gemacht. Am 23.12.2014 wurde ein bereits am 25.11.2014 getroffener Beschluss des BFH betreffend eine Beschwerde gegen eine Eilentscheidung des FG Hamburg zur sog. „Brennelementesteuer“ veröffentlicht (Az. VII B 65/14). Der BFH hat damit die Eilentscheidung des Finanzgerichts Hamburg von April 2014, mit dem dieses die Betreiber der Atomkraftwerke vorläufig von der umstrittenen Brennelementesteuer befreit hatte, aufgehoben. Die Entscheidung des BFH ist erst am 23.12. veröffentlicht worden. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des EuGH, denen das FG Hamburg wesentliche Fragen in der Sache vorgelegt hat, stehen indessen noch aus.

Hintergründe

Die Bundesregierung hatte zum 01.01.2011 parallel zur Ende 2010 (vorübergehend) beschlossenen Laufzeitenverlängerung der zu diesem Zeitpunkt in Betrieb befindlichen deutschen Atomkraftwerke, die erst infolge der Reaktorkatastrophe von Fukushima dann zurückgenommen wurde, ein Gesetz zur (zeitweisen) Besteuerung von Kernbrennstoffen eingeführt (Kernbrennstoffsteuergesetz v. 08.12.2010, BGBl. I S. 1804). Die befristet bis zum Jahr 2016 vorgesehene Steuer wird durch die Hauptzollämter von den Kernkraftwerksbetreibern erhoben und entsteht immer dann, wenn ein Brennelement in einen Kernreaktor eingesetzt und eine sich selbsttragende Kettenreaktion ausgelöst wird (vgl. § 5 KernbrStG).

Bei einem Steuersatz von 145 Euro je Gramm Kernbrennstoff wurden zum Zeitpunkt der Einführung der Steuer noch jährliche Einnahmen von bis zu 2,3 Mrd. EUR erwartet. Nach der Gesetzesbegründung sollten mit diesen insbesondere die zusätzlichen Haushaltsbelastungen durch die vom Bund zu tragenden Kosten für die Stilllegung der Schachtanlage Asse II verringert werden. Der Gesetzgeber ging zudem davon aus, dass die durch die Einführung der Kernbrennstoffsteuer erhöhten Kosten für Kernkraftwerke nicht zu einer Unwirtschaftlichkeit führen und allenfalls gelegentlich und für kurze Zeiträume auf die Preisbildung am Strommarkt durchschlagen würden, da Strom aus Kernkraftwerken aufgrund der bisher geringen Erzeugungskosten im Regelfall keinen Einfluss auf die Strompreisbildung an den Börsen hat (sog. „Merit-Order-Effekt“).

Die „Brennelementesteuer“ wurde auch nicht aufgehoben, nachdem die Bundesregierung infolge der Reaktorkatastophe von Fukushima im März 2011 dann eine erneute Kehrtwende machte und sich nach dem ebenfalls hoch umstrittenen Moratorium dann im Juni 2011 für einen beschleunigten Atomausstieg entschied und in der Folge mehrere Reaktoren unmittelbar stilllegen ließ. Erst kürzlich hatte mit EnBW der letzte KKW-Betreiberkonzern fristwahrend eine Schadensersatzklage über einen dreistelligen Millionenbetrag gegen den Bund und das Land Baden-Württemberg wegen des Atomrechtsmoratoriums eingelegt, das vom Bundesverwaltungsgericht Anfang 2014 als rechtswidrig eingestuft worden war (Az. 7 B 18/13).

Rechtliche Problematik

Die Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität der Einführung der Steuer waren von Anfang an umstritten. Die betroffenen Anlagenbetreiber zahlten die Steuer unter Vorbehalt und erhoben gleichzeitig Klage. Beim FG Hamburg sind Klagen für fünf Atomkraftwerke anhängig, deren Gesamtstreitwert sich nach Angaben des Gerichts auf mehr als 2,1 Mrd. Euro beläuft. Das Finanzgericht hatte die Betreiber im einstweiligen Rechtsschutz vorläufig von der Zahlung der Steuer befreit und entscheidende Fragen dem Bundesverfassungsgericht und dem EuGH zur (Vorab-)Entscheidung vorgelegt. Es hatte Zweifel an der Zuständigkeit des Bundes für die Erhebung der Steuer geäußert, da es sich nach seiner Auffassung bei der Kernbrennstoffsteuer nicht um eine besondere Verbrauchsteuer handele, die auf Weitergabe der steuerlichen Belastung an den Stromverbraucher angelegt sei. Zu prüfen sei zudem, ob die Abgabe gegen europäisches Recht (insbesondere die Energiesteuerrichtlinie 2003/96/EG) verstoße. 

Entscheidungsgründe des BFH

Der BFH hat nunmehr auf die Beschwerde der Hauptzollämter hin die Entscheidung des FG Hamburg kassiert und das staatliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung höher bewertet als das Interesse der Anlagenbetreiber. Zudem komme eine Aufhebung der Vollziehung in ihren praktischen Auswirkungen dem zeitweiligen Außerkraftsetzen des Kernbrennstofsteuergesetzes gleich, was nur in engen Grenzen zulässig, hier im Ergebnis jedoch unzulässig sei. Daher sei die Erhebung bis zur Entscheidung in der Hauptsache fortsetzen. Dem Bundeshaushalt würden anderenfalls jährlich ca. 1,3 Mrd. Euro entzogen. Der BFH hat die Frage nach der Steuerart der Kernbrennstoffsteuer, der Gesetzgebungskompetenz des Bundes und der Unionsrechtskonformität jedoch ausdrücklich offengelassen. Diese Bewertungen bleiben dem BVerfG bzw. dem EuGH vorbehalten. 



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