BGH verhandelt Haftung der Volkswagen AG wegen des Motors EA 288 Ende Juni

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Der BGH wird am 30.06.2022 über die Haftung der Volkswagen AG wegen des Vorwurfs der Abschalteinrichtung im Motor EA 288 verhandeln (Az. VII ZR 412/21). Das OLG Naumburg hatte die Volkswagen AG wegen einer nach dessen Auffassung verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung mit Fahrkurvenerkennung zur Zahlung von Schadenersatz an den Käufer eines VW Golf VII 2.0 TDI Highline mit Erstzulassung im September 2015 mit der Abgasklasse EURO 6 verurteilt (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 09.04.2021, Az. 8 U 68/20).

Bisheriger Streitstand zum Motor EA 288

Bislang stellt sich die Volkswagen AG auf den Standpunkt, die im Motor EA 288 verbaute Abgasfunktion sei nicht als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren und Klagen auf Schadenersatz seien sinnlos. Demgegenüber haben neben dem OLG Naumburg bereits das OLG Köln (Urteil v. 19.02.2021, Az 19 U 151/20) sowie das OLG Düsseldorf (Beschluss v. 16.09.2021, Az. 20 U 14/21) eine Haftung der Volkswagen AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Käufer bejaht. In den unteren Instanzen werden Klagen häufiger abgewiesen.

OLG Naumburg bejaht unzulässige Abschalteinrichtung

Laut internen Unterlagen der Volkswagen AG ist in Motoren mit der Bezeichnung EA 288 eine Software verbaut, die die Abgasmessung des Fahrzeugs auf dem Prüfstand erkennt. Infolge der erkannten Prüfstandfahrt wird der für die Stickoxidreduktion verbaute Speicherkatalysator vor der Messung vollständig regeneriert bzw. gereinigt. Im normalen Fahrbetrieb erfolgt die Regeneration des Speicherkatalysators hingegen überwiegend nach dem sogenannten Beladungszustand. Das OLG Naumburg erkannte in dieser Funktion eine für den Prüfstand verringernde Funktion der Emissionsmasse an Stickoxid und bejahte eine Manipulation der Abgasmessung (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 09.04.2021, Az. 8 U 68/20 S. 9 ff.).

KBA lässt freiwilligen Rückruf genügen

Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) hat bislang von einem amtlichen Rückruf wegen einer unzulässig verbauten Abschalteinrichtung abgesehen. Demgegenüber führt die Volkswagen AG eine sogenannten „freiwilligen Rückruf“ bei betroffenen Fahrzeugen durch. Auf gerichtliche Anfragen bekundet das KBA regelmäßig, keine unzulässigen Abschalteinrichtungen im Motor EA 288 „festgestellt“ zu haben. Unklar bleibt dabei regelmäßig, ob die bisherigen Untersuchungen auch die beschriebene Abgasfunktion umfasst haben bzw. ob das KBA auch von einer bislang unterbliebenen amtlichen „Feststellung“ per Verwaltungsakt spricht. So kann eine amtliche Feststellung einer unzulässigen Abschalteinrichtung unterbleiben, wenn ein solcher Verwaltungsakt, z. B. aufgrund freiwilliger Maßnahmen des Herstellers, nicht erforderlich ist. Auf diesem Wege kann der Hersteller im Wege des freiwilligen Rückrufs rechtmäßige Umstände schaffen und vermeidet gleichzeitig amtliche Feststellungen, die die Beweislage betroffener Käufer erheblich erschweren.

Klarstellende Entscheidung wünschenswert

Sollte der BGH eine Haftung der Volkswagen AG ebenso wie das OLG Naumburg bejahen, droht der Volkswagen AG eine weitere Klagewelle von Autokäufern, die betroffene Fahrzeuge mit dem Motor EA 288 erworben haben. Ob bzw. wann mit einer Entscheidung des BGH zu rechnen ist, ist derzeit noch offen. Eine solche Entscheidung wäre wünschenswert, um zahlreichen betroffenen Autokäufern Klarheit über ihre Rechte zu verschaffen. Denn bislang unterscheiden die unterinstanzlichen Gerichte die Streitfälle bezüglich des Motors EA 288 sehr unterschiedlich.

Für den Fall von Fragen steht Ihnen Rechtsanwalt Philipp Neumann (Kanzlei 2vier2 in Frankfurt am Main) unter der Telefonnummer 069-770 394 690 bzw. per Mail unter neumann@kanzlei-2vier2.de zur Verfügung. Rechtsanwalt Philipp Neumann ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und seit über 15 Jahren in der Prozessführung tätig. Er vertritt seit 2016 Geschädigte (Aktionäre und Autokäufer) im Abgasskandal.   



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