Bundesarbeitsgericht entscheidet zu Fragen des Urlaubsrecht

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Das Bundesarbeitsgericht hat sich im Dezember 2022 sowie Januar 2023 mit Fragen des Urlaubsrechts beschäftigt. Konkret geht es dort im Wesentlichen um die Frage, ob und wann Urlaub verjährt.

Die Anforderungen an eine Verjährung sind zum Nachteil des Arbeitgebers, aber sehr zur Freude der Arbeitnehmer, verschärft worden.

Prompt erreichen uns die ersten Anfragen, ob sogar Urlaub aus 2019 noch genommen werden kann.

Je intensiver sich das BAG mit dieser Frage beschäftigt, umso mehr ist es erforderlich, sich jeden möglichen Urlaubsanspruch einmal genau anzuschauen.

Ausgangslage 1:

Stellen wir uns den Fall vor, Sie waren im Kalenderjahr 2019 arbeitsunfähig erkrankt und konnten Ihren gesamten oder anteiligeUrlaubsanspruch in diesem Jahr nicht nehmen. Nun befürchten Sie, dass dieser verfallen oder verjährt sein könnte.


Lösung:

Hier hat das BAG an seiner bisherigen Rechtsauffassung festgehalten, wonach Urlaubsansprüche, die wegen Arbeitsunfähigkeit nicht oder nicht in Gänze genommen werden konnten, 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfallen. 

Ergo: Das Urlaubsjahr 2019 endete am 31.12.2019. Nach 15 Monaten, somit zum 31.03.2021 ist dieser Urlaub verfallen, wenn er wegen weiterer Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte oder auch ansonsten nicht geltend gemacht wurde.


Ausgangslage 2:

Sie waren in 2019 nicht arbeitsunfähig, haben aber Ihren Urlaubsanspruch aus anderen Gründen nicht genommen (z.B. Arbeitsüberlastung, private Hinderungsgründe etc.).


Lösung:

Hier ist nun das Urteil des BAG aus Dezember 2022 eine Neuerung in Umsetzung der europäischen Richtlinien. 

Hat der Arbeitgeber nicht auf den Verfall der Urlaubsansprüche zum Ende des Urlaubsjahres 2019 (oder Übertragungszeitraum bis zum 31.03.2020) hingewiesen, verfällt dieser Urlaubsanspruch  nicht. Er besteht weiter. Er verjährt auch nicht mit der ansonsten im Arbeitsrecht anzuwendenden dreijährigen Verjährung. Auch Verfallklauseln im Arbeitsvertrag oder Tarifverträgen greifen hier nicht.

Ergo:

Urlaub kann auch lange nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsanspruches noch genommen werden.


Jetzt fragt man sich, wo liegt der Unterschied zum Fall 1, wo der Urlaub immerhin nach 15 Monaten verjährt.

Ganz einfach: Das BAG sagt, dass in Fällen, in denen der Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte, es auch keinen Unterschied macht, ob der Arbeitgeber auf den Verfall hingewiesen hat oder nicht. Dieser hätte ja sowieso nicht genommen werden können.

Also muss genau geschaut werden, warum Urlaub nicht genommen wurde.

Diese Grundsätze gelten nicht, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist, da der Urlaubsanspruch dann nicht mehr in natura gewährt werden kann. Hier entstehen allenfalls Urlaubsabgeltungsansprüche. Und die sind nach neuerer Rechtsprechung des BAG ausschließlich finanzieller Natur. Diese unterliegen der dreijährigen Verjährung oder sogar arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Ausschlussfristen.


Fazit:

Es ist viel Leben in die Urlaubsrechtsprechung gekommen. Für den Arbeitnehmer kann dies den Weg zu umfangreichen Urlaubsansprüchen aus der Vergangenheit ebnen.

Ihr

Oliver Stemmer

Fachanwalt für Arbeitsrecht








Foto(s): Oliver Stemmer

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