Bundesfinanzhof: Verrechnung von Aktienverlusten allein mit Aktiengewinnen verfassungswidrig

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Der Bundesfinanzhof (BFH) erachtet die aktuelle Steuerrechtslage für verfassungswidrig, wonach Gewinne aus Aktien allein mit Verlusten aus Aktien verrechnet werden können. Das Einkommenssteuerrecht sieht bei Aktien vor, dass sich die zu versteuernden Einkünfte aus Kapitalvermögen allein aus der Differenz von Gewinnen und Verlusten aus Aktien eines Steuerjahres berechnen (vgl. §§ 10d, 20 Abs. 6 S. 5, 43a Abs. 3 S. 2 EStG). Hingegen können bei anderen Einkunftsquellen aus Kapitalvermögen Gewinne mit Verlusten aus verschiedenen Einkunftsquellen des Kapitalvermögens (z. B. Zinsgewinne aus Schuldverschreibungen mit Verlusten aus Genussrechten) verrechnet werden. Die beschränkte Verlustverrechnung bei Aktien verstößt nach Auffassung des BFH gegen die Steuergerechtigkeit (vgl. BFH, Beschluss v. 17.11.2020, Az. VIII R 11/19). Deshalb hat der BFH die Rechtsfrage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Sollte sich das Bundesverfassungsgericht dem BFH anschließen, kommen für Aktieninvestoren Steuererstattungen bzw. künftig geringere Steuerbelastungen in Betracht.

Der BFH monierte insbesondere, dass Verluste aus Kapitalanlagen, die die Wertentwicklung von Aktien ab- bzw. nachbilden (z.B. Aktienfondsanteile, Aktienzertifikate, Aktienoptionen o. ä.) mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechenbar sind. Auch wenn solche Kapitalanlagen einem Aktienerwerb entsprächen, gelte für diese die beschränkte Verlustberechnung wie bei Aktien nicht. Dies sei nicht nachvollziehbar. Der BFH sieht hierin eine verfassungswidrige Benachteiligung der Aktienanleger.

Denn eine besonders erhöhte Gefahr für Steuermindereinnahmen allein bei Aktien sieht der BFH nicht als gegeben an. Ebenso sei die Regelung nicht wegen der Gefahr mißbräuchlicher Steuergestaltungen zu rechtfertigen und erfülle nicht das steuerpolitische Lenkungsziel. 

Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht die Rechtslage beurteilt. Bestätigt das Bundesverfassungsgericht den BFH, kommen für Aktienanleger Steuererstattungen und künftig geringere Steuerlasten in Betracht. Für die künftige Rechtslage wird aber auch entscheidend sein, wie der Gesetzgeber auf ein den BFH bestätigendes Urteil des Verfassungsgerichts reagiert. Sollte der Gesetzgeber künftig pauschal Einkünfte und Verluste nur aus gleichartigen Kapitalvermögen verrechenbar gestalten, wäre dies eine leise Steuererhöhung,


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