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Bundesverwaltungsgericht: Verspätung zum Examen gilt nicht als freiwilliger Prüfungsabbruch

  • 2 Minuten Lesezeit
Theresa Fröh anwalt.de-Redaktion
  • Eine Studentin erschien fünf Minuten zu spät zu ihrer mündlichen Examensprüfung und war deshalb durchgefallen.
  • Das BVerwG entschied nun: Das ist unverhältnismäßig.
  • Der Bescheid des Prüfungsamtes ist damit aufgehoben, die Studentin darf ihre Prüfung wiederholen. 

Wegen fünf Minuten Verspätung: Jurastudentin fällt durch das Examen

In dem vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschiedenen Fall ging es um eine Jurastudentin aus Bielefeld. Zum letzten Versuch der mündlichen juristischen Staatsprüfung im April 2014 erschien sie fünf Minuten zu spät. Der Zutritt zu der Prüfung wurde ihr daher verwehrt. Obwohl das Prüfungsgespräch in mehreren, durch Pausen unterbrochenen, einzelnen Gesprächsabschnitten stattfand, durfte sie auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt in die Prüfung einsteigen.

Das Landesjustizprüfungsamt (LJPA) verwies auf § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 Juristenausbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen (JAG NRW) und erklärte die staatliche Pflichtfachprüfung für nicht bestanden. Die Behörde sah die Voraussetzung: „Die staatliche Pflichtfachprüfung ist […] für nicht bestanden zu erklären, sobald ein Prüfling ohne genügende Entschuldigung […] den Termin nicht bis zum Ende der Prüfung wahrnimmt“, als erfüllt an.

Die Studentin wollte das nicht auf sich sitzen lassen und wehrte sich gegen den Bescheid.

Vorinstanzen gaben Prüfungsamt zunächst Recht

Vor dem Verwaltungsgericht Minden (Az.: 8 K 1116/15) und dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster (Az.: 14 A 2441/16) unterlag die Studentin. Die Gerichte begründeten dies damit, dass die einzelnen Prüfungsabschnitte eine „untrennbare Einheit“ darstellten. Der Bielefelder Studentin habe daher der Einstieg in den nachfolgenden Prüfungsabschnitt verwehrt werden dürfen und die gesamte Prüfung sei zu Recht für nicht bestanden erklärt worden.

Urteil des BVerwG: Nichtbestehen ist unverhältnismäßig

Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig (Az.: 6 C 3. 18) sahen das anders. Sie sahen die vorinstanzlichen Entscheidungen als unverhältnismäßig an. Das Revisionsurteil vom 27.02.2019 ergab, dass die vorinstanzliche Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW nicht verfassungskonform war. Diese Norm sei eigentlich dafür gedacht, ein taktisches Abbrechen der Prüfung für bessere Chancen in einem weiteren Prüfungsversuch zu verhindern.

Die Studentin aus Bielefeld war aber gerade nicht aus eigenem Entschluss aus der Prüfung ausgestiegen. Vielmehr wurde ihr wegen sogenanntem „vorwerfbaren Verhaltens“ (also der Verspätung) die Teilnahme an der Prüfung verwehrt. Auf solche Fälle sei § 20 JAG NRW aber gerade nicht anwendbar.

Sanktionen aufgrund solcher landesrechtlichen Vorschriften für berufsbezogene Prüfungen dürfen nur unter strengen Voraussetzungen erteilt werden. Insbesondere muss eine solche Entscheidung verhältnismäßig sein – andernfalls liegt ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor, der das Recht auf freie Berufswahl erklärt.

Studentin darf Prüfung wiederholen

Im Ergebnis hätte der verpasste erste Prüfungsabschnitt für Strafrecht mit null Punkten bewertet werden müssen. An den Prüfungsteilen für Öffentliches Recht und Zivilrecht hätte man die Studentin teilnehmen lassen müssen. Das BVerwG hebt damit den Bescheid des Prüfungsamtes auf und die Studentin darf sich der Prüfung erneut unterziehen.

(TZE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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