CopeCart – Widerruf wegen Verzicht nicht möglich? Kündigen?
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Möchte man bei der CopeCart GmbH etwa einen Coaching-Vertrag widerrufen oder kündigen, scheint CopeCart dem nicht immer Folge leisten zu wollen. Sucht man etwa nach den Suchbegriffen »CopeCart Widerruf« bei Google, erblickt man eine durchaus klärungsbedürftige Thematik.
Im Folgenden soll ein wenig Licht ins Dunkel gebracht werden. Quasi eine Art rechtliches Online-Coaching – ganz ohne Kosten und Widerrufsrecht.
Wer oder was ist CopeCart? Was hat CopeCart mit Coachings zu tun?
Eine weitere häufiger aufgeworfene (Suchan-)Frage lautet: „Ist CopeCart seriös?“ Als Anwalt, der regelmäßig mit CopeCart auf der Gegenseite zu tun hat, werde ich an dieser Stelle keine abschließende Wertung vornehmen.
Definitiv unseriös sind einzelne selbsternannte Online-Coaching-Anbieter, die ihre „Leistungen“ über CopeCart abwickeln. Mitunter ist hier schon über Strafanzeigen nachzudenken.
Primär kann man CopeCart wohl als Zahlungsabwickler bezeichnen.
Zudem führt CopeCart an, über die Rolle als Zahlungsabwickler hinaus auch als Vertragspartner zu agieren. Im Rahmen der häufig über CopeCart „abgewickelten“ Online-Coaching-Verträge etwa soll also nicht der „Coach“ der Vertragspartner sein, sondern die CopeCart GmbH. Als sog. Wiederverkäufer (englisch Reseller).
Daran schließen sich weitere (rechtliche) Fragen an, die an dieser Stelle aber ausgeblendet werden.
„Verzicht“ auf Widerrufsrecht ist manchmal gar kein Verzicht
Hier soll es primär um einen möglichen Widerruf gehen. Bzw. einen Widerruf, der angeblich oft nicht mehr möglich sein soll.
Der mitunter von CopeCart ins Feld geführte sog. „Widerrufsrechtverzicht“ kann möglich und rechtlich zulässig sein. Insoweit ist auch die von CopeCart vorgetragene fehlende Widerrufsmöglichkeit möglicherweise rechtlich zulässig und nicht per se ein Hinweis auf fehlende Seriosität oder Abzocke.
Allerdings gibt es Anhaltspunkte dafür, dass CopeCart doch das eine oder andere Mal den Verzicht auf den Widerruf „zu weit fasst“ bzw. auf Sachverhalte erstreckt, bei denen der erklärte Verzicht auf das Widerrufsrecht noch gar nicht zum Erlöschen des Widerrufsrechts führt.
1:1 Coaching? Digitaler Inhalt? Wichtig in puncto „Widerrufsrechtverzicht“
Gerade in den Fällen eines 1:1-Coachings dürfte das Widerrufsrecht trotz vermeintlich erklärtem Verzicht mitunter noch nicht erloschen sein. Dies gilt insbesondere bei Abo-Verträgen.
Einzig im Falle bestellter sog. digitaler Inhalte erlischt das Widerrufsrecht regelmäßig mit dem Beginn der Vertragsdurchführung (ein wirksamer „Verzicht“ vorausgesetzt).
Das ist auch völlig in Ordnung, da ansonsten viele Kunden direkt nach Erhalt der digitalen Inhalte den Vertrag widerrufen würden. Und die digitalen Inhalte dennoch für immer behalten könnten. Denn anders als bei „fassbaren“ Waren lassen sich digitale Inhalte faktisch kaum sinnvoll zurücksenden. Und Wertersatz ist laut Gesetz auch nicht zu leisten.
Insoweit hat der verlangte Verzicht auf das Widerrufsrecht im Grundsatz auch nichts damit zu tun, dass der Anbieter des digitalen Inhalts nicht von seinem Produkt überzeugt ist.
Anders als behauptet, dürfte es sich in rechtlicher Hinsicht aber nicht selten schon um keine digitalen Inhalte handeln. Nur, weil auf einem Vertrag oder in einer Bestellübersicht von digitalen Inhalten oder digitalen Produkten die Rede ist, muss dies nicht der rechtlichen Wahrheit entsprechen.
CopeCart oder Inkasso haben bei Verzicht aufs Widerrufsrecht nicht das letzte Wort
Abgesehen von tatsächlichen digitalen Inhalten ist das häkchenweise Klicken bzw. Bestätigen der „Zustimmungs- und Kenntnisnahmeerklärung“ im Rahmen des Bestellprozesses nicht gleichbedeutend mit einem sofortigen Verzicht auf das Widerrufsrecht mit Beginn der Vertragsdurchführung.
Das gilt auch bei den klassischen 1:1-Coachings. Ein vermeintlicher „Verzicht“ hat hier allenfalls zur Folge, dass die bisher erhaltenen Leistungen bezahlt werden müssen. Wenn etwa der „falsche Verzicht“ erwirkt worden ist, dann nicht einmal dies.
Passt die vorformulierte Verzichtserklärung nicht auf den Sachverhalt, gibt es ferner gute Argumente dafür, dass nicht die grundsätzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen gilt. Sondern der Widerruf auch noch ein Jahr und 14 Tage nach Vertragsschluss möglich ist.
Letztlich entscheidet über Verzicht oder Nicht-Verzicht auch nicht die CopeCart GmbH oder das von CopeCart beauftragte Inkasso. Sondern das Gesetz. Bzw. im Zweifel ein Richter.
Wichtig: Unternehmern steht von vornherein kein Widerrufsrecht zu. Insoweit gibt es schon nichts, auf das man verzichten könnte. Aber auch über die Frage, ob man als Unternehmer oder Verbraucher gehandelt hat, entscheidet abschließend weder CopeCart noch ein Online-Coach oder „Closer“.
Bei wirksamem Verzicht auf Widerrufsrecht kann Vertragsbeendigung dennoch möglich sein
Nicht selten ist von fragwürdigen Vertragsanbahnungen und Vertragsschlüssen durch manch „Online-Coach“ zu lesen. Von „Online-Coaches“ bzw. „Closern“, die scheinbar bewusst (oft telefonisch oder per Video-Call) darauf hinwirken, dass der Besteller den Haken bei der Verzichtserklärung gerade unbewusst setzt.
Überdies werden über CopeCart laut mancher Beschwerde auch Online-Coaching-Verträge „abgewickelt“, bei denen Versprechungen und tatsächliche Leistungen nicht immer Hand in Hand gehen. Statt persönlichem Coaching wird etwa vom Versenden eigens produzierter Videoinhalte berichtet oder es werden Online-Coaches genannt, die sich eher als Online-Hochstapler entpuppen.
Fairerweise gehört angemerkt, dass CopeCart für die Handlungen „Dritter“ grundsätzlich erstmal wenig kann. Auf jeder großen Abwickler-Plattform tummeln sich schwarze Schafe. PayPal, Klarna oder Amazon können ein Lied davon singen.
Leere Versprechungen und Fake-Coachings sind angreifbar!
Gleichwohl ist in diesen Fällen über einen Widerruf hinaus bzw. trotz evtl. wirksamen Verzichts an andere Möglichkeiten der sofortigen Vertragsbeendigung zu denken:
Etwa Anfechtung oder Kündigung.
Der Vertrag kann aber auch schon „von alleine“ unwirksam sein. So etwa wegen Sittenwidrigkeit bzw. Wucher.
Plakativ: Zahlt man bspw. für ein Online-Coaching 3.000 Euro und erhält dafür bloße Verlinkungen auf Drittinhalte oder reinen Nonsens, dann bestehen schon allein deshalb rechtliche Angriffspunkte. Dies gilt in besonderer Weise, wenn man in dem Coaching dazu angeleitet wird, an einem Schneeballsystem mitzuwirken, Fake-Bewertungen zu schreiben oder ähnliches.
Direkt verantwortlich für etwaige dubiose Machenschaften von vermeintlichen Online-Coaches wird CopeCart nicht sein. Sollte sich aber CopeCart proaktiv als Vertragspartner benennen, kann es nur schwer jede „Verantwortung“ in puncto Rückabwicklung o. ä. von sich weisen.
Grundsätzlicher Tipp bzgl. Inkasso-Drohung
Lassen Sie sich von einer etwaigen Einschaltung eines Inkassounternehmens nicht verängstigen, wenn Sie eine Forderung für evident unberechtigt halten. Inkassobüros dürfen insbesondere keinen SCHUFA-Eintrag erwirken, wenn Sie die Forderung gegenüber dem Inkassobüro einmal bestritten haben.
Wenn Sie davon ausgehen, dass Ihr Vertrag auf mehr als fragwürdige Weise zustande gekommen ist, kann nach getätigtem Inkasso-Widerspruch auch von einem Inkassounternehmen keine weitere „Gefahr“ ausgehen. Auch etwaige zusätzliche Inkassokosten sind freilich nicht von Ihnen zu bezahlen, sofern der behauptete Vertrag nicht rechtswirksam zustande gekommen resp. angreifbar ist.
Über CopeCart abgeschlossenes Coaching widerrufen oder kündigen?
Zusammenfassend sei gesagt, dass sich in dieser Gesamtthematik keine allgemeingültigen Ratschläge geben lassen. Letztlich muss immer der Einzelfall gewürdigt werden.
Abschließend sei jedoch nochmal das hier Wesentliche herausgestellt:
Das Widerrufsrecht ist hochverbraucherschützend!
Auf dieses Widerrufsrecht kann daher nur unter sehr engen Voraussetzungen „verzichtet“ werden. Dem Gesetzgeber war es gerade wichtig, dass Unternehmer dieses Widerrufsrecht nicht auf einfachste Weise zu Lasten der Verbraucher aushebeln können.
Und nach meinen Erfahrungen und Einschätzungen sind entsprechend betroffene „Coaching-Kunden“ in rechtlicher Hinsicht auch durchaus regelmäßig als Verbraucher einzustufen. Auch, wenn vereinzelt etwa die Rechnung eine vermeintliche Unternehmerschaft auszuweisen versucht.
Wofür auch Folgendes spricht: Wenn der „Coaching“-Anbieter bzw. CopeCart einen Widerrufsrechtverzicht behaupten (meiner Erfahrung nach in entsprechenden Fällen fast immer der Fall), zeigt dies m. E. bereits, dass der „Coach“ bzw. CopeCart selbst von einer Verbrauchereigenschaft ausgehen. Denn bei einem Unternehmer wäre ein solcher – behaupteter – Widerrufsrechtverzicht von vornherein überflüssig.
Coaching-Anbieter über CopeCart - Erfahrungen
Anlässlich dieses Artikels erhielt ich unter anderem Anfragen und Mandate zu folgenden Coaching-Angeboten, die über CopeCart abgewickelt werden (aus der Auflistung erfolgt noch keinerlei Aussage dahingehend, ob diese Angebote rechtlich in Frage stehen bzw. ob das Vorgehen im Einzelfall rechtswidrig ist):
- Lukas Lindler - Digital Reselling - Einkommen auf Autopilot - digitale Dienstleistungen - die dahinterstehende Lukas Lindler Holding GmbH stellt noch im ersten Monat nach Inanspruchnahme des Coachings passive Verdienstmöglichkeiten i. H. v. 3.000 Euro in Aussicht. Bezeichnung auch: Digital Reselling RS - Einkommen auf Autopilot sowie Digital Reselling Platin - Einkommen auf Autopilot. Allein zu diesem Anbieter liegen mir eine dreistellige Anzahl an Betroffenenschilderungen vor.
- Max Weiss Mentoring Programm - ohne Vorkenntnisse soll das Mentoring Programm u. a. dazu verhelfen, binnen weniger Wochen eine eigene umsatzstarke Agentur aufbauen zu können.
- Master Life Mentoring, präsentiert vom Selfmade Millionärspaar Marko & Mandy Slusarek - Marko und Mandy Slusarek stellen hier zeitnahe finanzielle Erfolge auf Basis eines Online-Business in Aussicht. In einem Youtube-Werbevideo werben Marko und Mandy Slusarek in eigener Sache mit einer CopeCart-Auszeichnung für die erste Umsatzmillion.
- 5 Sterne Gold Online Business Ausbildung - auch unter dieser Bezeichnung bot Marko Slusarek bereits entsprechende Coachings an.
- High Performance Closer Coaching - nach Inanspruchnahme dieses Coachings sollen als High Perfomance Closer fünfstellige Umsätze im Monat erwirtschaftet werden können.
- CloserConnection / CloserCreator - als Teil der sog. Closer Connection soll man als professioneller Closer Verkaufsprovisionen erzielen können. So ließen sich nach Teilnahme am Coaching als Premium Verkäufer Provisionen von 300 bis 800 Euro pro Verkauf erzielen.
- Janis Unruh Consulting; The Sales Manual - das Coaching will u. a. Verkaufsstrategien anleiten, die schon nach kurzer Zeit zu einer Amortisation der deutlich vierstelligen Coaching-Kosten führen sollen.
- Build Your Startup Mentoring 2.0; AMATUSKA - offeriert wird ein Coaching, nach dessen Beendigung die Grundlagen für eine erfolgreiche Unternehmerkarriere gelegt sein wollen.
*dieser Text wurde ursprünglich am 13.05.2022 veröffentlicht
Update 24.02.2023
Ich weise darauf hin, dass ich keine Mandate mehr annehmen werde, die die CopeCart GmbH betreffen.
RA Robin Nocon, Recht. Digital.
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