Corona – Lohnfortzahlung, Urlaub und Arbeitszeitkonten

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Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist die Unsicherheit sowohl für Arbeitgeber wie auch für Arbeitnehmer groß! Die Beschäftigten sind vielfach im Unklaren, ob sie weiterhin regulär zur Arbeit gehen müssen. 

Betriebe stehen in wirtschaftlicher Hinsicht vor einer großen Herausforderung, zumal viele Unternehmen die Arbeit schon teilweise eingestellt haben. Wann sich die Lage wieder normalisiert ist aktuell noch nicht absehbar.

In diesem Rechtstipp geben wir einen ersten Überblick über aktuelle Verhaltensempfehlungen im Arbeitsrecht.

1. Wie muss ich mich meinem Arbeitgeber gegenüber verhalten?

Das Wichtigste vorweg: Weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber sollten sich in Anbetracht der Corona-Pandemie auf ihre eigenen Standpunkte versteifen. Vielmehr sind beide Seiten des Arbeitsvertrages dazu aufgerufen, die Interessen der Gegenseite nicht völlig außer Acht zu lassen. 

Was für das tägliche Leben gilt, muss auch im Arbeitsverhältnis berücksichtigt werden. Gegenseitige Rücksichtnahme und einvernehmliche Entscheidungen sind jetzt essentiell, um die wirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Folgen für alle Beteiligten beherrschbar zu machen.

Arbeitnehmer dürfen – solange es von Seiten der Bundesregierung keine entgegenstehenden Maßnahmen gibt – nicht grundlos die Arbeit verweigern. Auch eine Angst vor Infektion rechtfertigt prinzipiell keine einseitige Arbeitsverweigerung. Unter normalen Umständen könnte ein solches Verhalten sogar mit einer fristlosen Kündigung sanktioniert werden.

Besteht der Arbeitgeber auf Ihren Arbeitseinsatz, obwohl Sie betreuungspflichtige Kinder haben, kann sich eine Arbeitsverweigerung je nach Einzelfall als gerechtfertigt erweisen. Wenn Sie die Betreuung Ihrer Kinder, auch unter Berücksichtigung der aktuellen Empfehlungen der Bundesregierung, nicht gewährleisten können, dürfen Sie der Arbeit fernbleiben. Eine derartige Arbeitsverhinderung ist dem Arbeitgeber jedoch unverzüglich anzuzeigen.

2. Muss ich Urlaub nehmen oder mich krankmelden?

Da sich für viele Eltern die Betreuungssituation ihrer Kinder zuspitzt, stellt sich oftmals die Frage, ob sie Urlaub nehmen oder sich krankmelden müssen. Prinzipiell sind Arbeitnehmer nicht dazu verpflichtet, sich ab dem ersten Tag des Betreuungsausfalls Urlaub zu nehmen.

Allerdings gewinnt die gegenseitige Rücksichtnahme- und Fürsorgepflicht der Arbeitsvertragsparteien an Bedeutung. Als Arbeitnehmer kann es sich daher anbieten, Urlaub zu nehmen, um die Kinderbetreuung sicher zu stellen. Damit lassen sich die finanziellen Einbußen des Arbeitgebers abfedern.

Eine Krankmeldung kommt übrigens nur dann in Betracht, wenn der Beschäftigte selbst oder sein betreuungspflichtiges Kind tatsächlich erkrankt sind.

3. Besteht wegen Corona eine Pflicht, Urlaub zu nehmen?

Die bisherige Rechtsprechung zu diesem Thema ist eindeutig: Der Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko! Er ist also dafür verantwortlich, den Arbeitnehmer trotz betrieblicher Gründe beschäftigen zu können. Wird die Arbeitsauslastung dünn, ist er grundsätzlich weiterhin verpflichtet seine Mitarbeiter zu bezahlen.

Gerät das Unternehmen jedoch in eine existenzbedrohende Schieflage, sollte über alternative Möglichkeiten nachgedacht werden, wie beispielsweise die Vereinbarung von Kurzarbeit oder Urlaubsvereinbarungen, um den Arbeitgeber finanziell zu entlasten. 

Da die Risiken einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung des Arbeitgeberbetriebs auch für Arbeitnehmer weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen können, ist es eine gute Option einverständliche Urlaubsvereinbarungen zu treffen. Arbeitnehmern kann daher ans Herz gelegt werden, ihren Jahresurlaub als Reaktion auf die Umsatzeinbrüche anzubieten. Denn immerhin ist eine solche Maßnahme auch im Sinne der Beschäftigten, die im schlimmsten Fall sonst auch mit einer betriebsbedingten Kündigung zu rechnen haben.

4. Was wird wegen Corona aus meinem Arbeitszeitkonto?

Der Wochenarbeitszeit liegen in der Regel Bestimmungen im Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarungen zu Grunde. Änderungen sind diesbezüglich also grundsätzlich nur zulässig, wenn der Betriebsrat zustimmt oder der Arbeitnehmer einer Anpassung der Arbeitszeit individuell zustimmt. 

Wir weisen außerdem darauf hin, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber darüber verständigen sollten, was mit den geleisteten Überstunden oder Arbeitsausfällen passieren wird, wenn es zu einer Kündigung oder längerer Erkrankung kommen sollte. 

In Anbetracht der Unvorhersehbarkeit der Corona-Pandemie dürfte es unbillig sein, die damit verbundenen Risiken alleine einer Seite des Arbeitsverhältnisses aufzuerlegen.

5. Was bedeutet Kurzarbeit in Zeiten von Corona?

Im Falle von Kurzarbeit trägt die Bundesagentur für Arbeit 60 Prozent des Nettolohns bzw. 67 Prozent bei Beschäftigten mit betreuungspflichtigen Kindern. 

Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich also das wirtschaftliche Beschäftigungsrisiko: Das Unternehmen des Arbeitgebers muss sich – trotz etwaiger Umsatzeinbrüche – weiterhin um seinen Betrieb kümmern, während Arbeitnehmer weniger Gehalt bekommen. Die wirtschaftliche Existenzgrundlage wird durch staatliche Leistungen abgesichert. 

Auch wenn das Leitbild der Kurzarbeit eine Überbrückungsmaßnahme zur wirtschaftlichen Sicherung darstellt, fürchten viele Arbeitnehmer zu Recht die finanziellen Konsequenzen. Dementsprechend kann der Arbeitgeber die Kurzarbeit nicht ohne Weiteres einseitig anordnen. In Unternehmen mit Betriebsrat ist hierzu eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Interessenvertretung der Arbeitnehmer erforderlich. 

Gibt es eine solche nicht, ist der Arbeitgeber auf die Zustimmung eines jeden seiner Mitarbeiter angewiesen, wenn er sich die Kurzarbeit nicht im Arbeitsvertrag vorbehalten hat. Während früher nur dann Kurzarbeit eingeführt werden konnte, wenn in der Regel ein Drittel der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen waren, gilt in Zeiten von Corona ein leichterer Zugang zur Kurzarbeit. Aktuell genügt ein Anteil von 10 Prozent!

Übrigens: Stimmen Arbeitnehmer der Kurzarbeit nicht zu, können Arbeitgeber den Weg über eine Änderungskündigung gehen! Eine solche sollten Sie nicht vorschnell akzeptieren. Denn es steht zu befürchten, dass sich hierdurch Ihre Arbeitsbedingungen dauerhaft zu Ihrem Nachteil ändern. Auch eine Änderungskündigung ist an gewisse Voraussetzungen geknüpft, über die Sie sich gesondert informieren sollten!


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