Corona-Pandemie: Kündigung Gaststätten-Pachtvertrag möglich?

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Die Gastronomie war und ist von der Corona-Pandemie von Anfang an hart getroffen. Behördliche Schließungsanordnungen, die den Verkauf von Speisen und Getränken vor Ort untersag(t)en, brachten das Geschäft von einem auf den anderen Tag nahezu vollkommen zum Erliegen.

Zwar war „To-Go-Verkauf“ von Speisen und Getränken erlaubt. Aber nicht jeder Wirt bzw. nicht jede Wirtin kann und konnte problemlos auf „To-Go“ umstellen. Und selbst wenn, blieb der Umsatz weit hinter dem normalen Umsatz zurück. Lockerungen im Sommer 2020 verbesserten die Situation kurzfristig, bevor in der „3. Welle“ im November auch die Gastronomie wieder geschlossen und auf Außer-Haus-Verkauf beschränkt wurde. Dass zahlreiche Pächter von Restaurants und Gaststätten in dieser Situation ans Aufgeben denken oder dachten, ist deshalb mehr als nachvollziehbar.

Allerdings sind die meisten Pachtverträge als befristete Verträge während der fest vereinbarten Vertragslaufzeit nicht kündbar. Aber gibt es eventuell „wegen Corona“ und aller pandemiebedingten Beschränkungen doch eine Kündigungsmöglichkeit für Gaststättenpächter?

Ja, urteilte im April 2021 das Landgericht (LG) Kaiserslautern (LG Kaiserslautern v. 13.04.2021, Az.: 4 O 284/20). Allerdings ist das Urteil bei Veröffentlichung dieses Rechtstipps (Anfang Mai 2021) noch nicht rechtskräftig.

Pächter kündigt Gaststättenpachtvertrag fristlos

Das LG Kaiserslautern entschied in einem Fall, in dem der Pächter einer Gaststätte einen Pachtvertrag aus dem Jahr 2000 mit Schreiben vom 07.04.2020 außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund gekündigt hatte. Er begründete das mit einer Erkrankung. Vor allem aber kündigte er, weil er wegen der behördlichen Beschränkungen die Gaststätte nicht mehr wie vertraglich vorgesehen nutzen könne.

Darüber, ob die fristlose Kündigung wirksam war, waren sich Pächter und Verpächter nicht einig. Der Verpächter ging davon aus, dass die Kündigung nicht wirksam sei: behördliche Beschränkungen des Betriebs der gepachteten Gaststätte seien kein „Mangel“, der zur außerordentlichen Kündigung berechtige. Also verlangte er Ende 2020 die ausstehenden Pachtzahlungen vom ehemaligen Wirt der Gaststätte, da der Pächter seit der fristlosen Kündigung die Zahlung des Pachtzinses eingestellt hatte.

Dessen Argument lautetet: der Pachtvertrag sei beendet und damit keine Pacht mehr geschuldet. Die Schlüssel zum Lokal habe er dem Verpächter Anfang Juni 2020 wieder ausgehändigt.

Behördliche Schließungsanordnung: wichtiger Grund für fristlose Kündigung?

Das Gericht folgte der Auffassung des Pächters. Der Mietvertrag sei mit dem Schreiben vom 07.04.2020 wirksam außerordentlich gekündigt worden – der ehemalige Verpächter könne keine Pachtzahlungen nachfordern. Der Pachtvertrag war im streitigen Zeitraum bereits beendet, der Pächter nicht mehr verpflichtet, Pacht zu bezahlen.

Die Erkrankung, die u.a. als wichtiger Grund für die Kündigung benannt wurde, erkannte das Gericht allerdings nicht als wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung gem. § 543 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an. Krankheiten, die dazu führen, dass der Pachtvertrag nicht mehr – oder nicht mehr wie gewünscht – vom Pächter realisiert werden kann, fallen in die Risikosphäre des Pächters.

Anders beurteilte das Gericht die „pandemiebedingte Untersagung des Gaststättenbetriebs“. Bei diesen Maßnahmen handle es sich sehr wohl um einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung des Gaststätten-Pachtvertrages gem. §§ 581 Abs. 1, 543 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BGB: behördliche Gebrauchshindernisse seien durchaus geeignet, den vertragsgemäßen Gebrauch der Pachtsache aufzuheben. Das sei ein relevanter Mangel im Sinne des Pachtrechts.

Hinzu komme, dass auch die langewährende Unsicherheit über die vertragliche Gebrauchstauglichkeit ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Gaststätten-Pachtvertrages sei. Exakt eine solche Unsicherheit habe in diesem Fall vorgelegen: im Frühjahr 2020 sei vollkommen unklar gewesen, wann und unter welchen Voraussetzungen Gaststätten den Außen- und ggf. auch den Innenbereich wieder für die Bewirtung von Gästen öffnen könnten.

Allein der Umstand, Außer-Haus-Verkauf anbieten zu können, änderte nach Auffassung des Gerichts nichts an der Mangelhaftigkeit der Pachtsache durch die behördlichen Beschränkungen: Die Gaststätte war „mangelhaft“ iSd § 536 BGB, da der vertragsgemäße Gebrauch teils aufgehoben war.

Gleiches gilt für die Möglichkeit des Pächters, „Corona-Hilfen“ zu beanspruchen: die finanzielle Unterstützung zur Existenzsicherung dürfe nicht dazu führen, dass Betroffene in der Ausübung ihrer Rechte aus dem Gesetz beschränkt werden.

Urteil hat noch keine Rechtskraft!

Das Landgericht Kaiserslautern hat mit diesem Urteil eine echte Ausnahmeentscheidung getroffen, die für Pächter*innen von Restaurants und Gaststätten sehr begrüßenswert ist. Dieses Urteil entspricht allerdings (derzeit) nicht der Auffassung der Mehrheit der Gerichte in Deutschland und: bei Veröffentlichung dieses Rechtstipps Anfang Mai 2021 ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, kann also noch mit einem Rechtsmittel angegriffen werden.

Sie benötigen Unterstützung im Zusammenhang mit der Kündigung eines Gaststätten-Pachtvertrages „wegen Corona“? Melden Sie sich gerne bei uns unter 0221 / 1680 65 60 oder über das anwalt.de-Kontaktformular.







Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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