Coronakrise: Urlaub Sommer 2020 – Kann ich kostenfrei stornieren oder muss ich reisen?

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Die Sommerferien rücken immer näher und für viele Urlauber steht der gebuchte Sommerurlaub an. Doch in Zeiten von Corona beschleicht den ein oder anderen sicherlich ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, sich in ein enges Flugzeug zu quetschen oder im Hotel permanent mit Mundschutz und Desinfektionsmittel umher laufen zu müssen.

Wir werden immer wieder gefragt, was ist denn nun mit den Reisen ab dem 15.06.2020? Darf man stornieren? Kostet das was? Wird die Reisewarnung verlängert? Was sollen wir tun?

Daher ein paar Worte von uns zu der Thematik. Während die Rechtslage bei Reisen bis zum 14.06.2020 recht klar ist, ist die Lage ab dem 15.06.2020 noch nicht so eindeutig.

Recht für Pauschalurlauber: 

Was viele nicht wissen: Als Pauschalurlauber kann man jederzeit vor Reisebeginn vom Reisevertrag zurücktreten, also den Urlaub wieder stornieren. Allerdings – und das ist der eigentliche Haken – muss man dann zumindest in normale Zeiten mitunter saftige Stornogebühren an den Reiseveranstalter zahlen.

Eine wichtige Ausnahme gibt es aber, die gerade in Zeiten der Corona-Pandemie eine ganz wichtige Rolle spielt. Keine Stornokosten fallen an, wenn am Reiseziel oder in dessen unmittelbarer Nähe sog. „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ auftreten, die die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigen.

Reisewarnung des Auswärtigen Amts sehr hilfreich, aber nicht zwingend nötig

Das Auswärtige Amt hat seine weltweite Reisewarnung wegen der Corona-Pandemie vorerst bis zum 14. Juni verlängert. So eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt jedenfalls als starkes Indiz für solche erhebliche Reisebeeinträchtigungen. Damit können Pauschalreisen ins Ausland zumindest bis zu diesem Zeitpunkt in aller Regel kostenlos storniert werden.

Die meisten Urlauber interessiert aber vor allem, was mit späteren Reisen, vor allem im Juli und August ist. Schließlich ist dann Hochsaison, da hier in den meisten Bundesländern die Sommerferien liegen. Sollte das Auswärtige Amt daher seiner Reisewarnung wegen Corona nochmal verlängern, werden Urlauber auch dann noch kostenlos stornieren können. Ob die weltweite Reisewarnung verlängert wird, steht noch nicht fest. Aber wenn man Pressemeldungen glauben kann, soll die Reisewarnung in einigen Gebieten zumindest erheblich gelockert werden bzw. im europäischen Raum nahezu aufgehoben werden. Sollte dann wieder oder immer noch eine Reisewarnung für das Gebiet gelten, in das man reisen möchte, wird eine kostenlose Stornierungsmöglichkeit bei Pauschalreisen zu bejahen sein. Noch ist jedoch unklar, wie die Situation zu diesem Reisezeitpunkt aussehen wird.

Aber: Selbst wenn die Reisewarnung nicht noch einmal verlängert wird, heißt das noch nicht, dass der Urlauber keine Möglichkeit hat, seine Reise kostenfrei zu stornieren. Eine Reisewarnung ist schließlich zwar ein starkes Indiz, aber keine zwingende Voraussetzung für ein kostenfreies Storno.

Rechtlich ist und bleibt dafür immer entscheidend, ob sog. „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ den Urlauber am Urlaubsort erheblich beeinträchtigen. Allein die abstrakte Befürchtung, dass man sich irgendwo mit Corona anstecken könnte, wird dabei nicht reichen. Aber auch sonst können die Einschränkungen und Behinderungen so massiv sein, dass sie die vertragsgemäße Durchführung des Urlaubs erheblich beeinträchtigen.

Einzelfall entscheidet

Es kommt aber immer auf den Einzelfall an, ob am Reiseziel solche „erheblichen“ Umstände vorliegen und man dann kostenlos stornieren kann. Das ist der Fall, wenn durch diese Umstände aus der Sicht eines Durchschnittsreisenden der vorgesehenen Nutzen der Reise als Ganzes für den konkreten Reisenden in Frage gestellt ist. Entscheidend ist also, wie gravierend die Umstände sich für den einzelnen Urlauber auswirken.

So wird einem Urlauber sicherlich nicht zuzumuten sein, nach Ankunft im Urlaubsland erst einmal für 14 Tage in Quarantäne zu müssen. Auch wenn Grenzen noch geschlossen sind und eine Einreise ins Urlaubsland gar nicht möglich ist, wird man – wenn nicht der Veranstalter schon von sich aus absagt – kostenfrei stornieren können. Gleiches gilt, wenn wesentliche Teile der Reise, etwa Ausflüge und Freizeitaktivitäten auf Kreuzfahrten, gar nicht stattfinden können. Auch wer einen Strandurlaub zur Erholung gebucht hat, wird nicht akzeptieren müssen, dass noch alle Strände der Umgebung gesperrt sind und man nicht mal ins Wasser kann.

Als Urlauber muss man also nicht akzeptieren, dass die Reise „auf Biegen und Brechen“ stattfindet und der Urlaub nicht mehr viel mit dem eigentlich geplanten Urlaub zu tun hat. Gewisse Unannehmlichkeiten, die etwa Schutz- und Hygienemaßnahmen auch am Urlaubsort mit sich bringen, wird der Urlauber aber wohl akzeptieren müssen. Wo genau hier die Grenze ist, kann man aber nicht allgemein sagen und werden möglicherweise – auch insofern ist Corona Neuland – erst später die Gerichte klären. 

Gutachten der Verbraucherzentrale – Kostenfreies Storno bis Ende August 2020?

In einem Gutachten der Verbraucherzentralen wird argumentiert, dass eine kostenlose Stornierung jedenfalls für Pauschalreisen bis Ende August 2020 möglich sein soll. Tatsächlich gibt es Argumente die für diese Argumentation sprechen, wir müssen jedoch darauf hinweisen, dass es auch gute Argumente gibt, die gegen das Gutachten der Verbraucherzentralen sprechen.

So zitiert die Zeitung „Die Welt“ am 17.05.2020 die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz mit der Aussage, dass die Frage, ob eine kostenlose Stornierung auch Ende Juni, im Juli oder August noch möglich sei, derzeit nicht pauschal beantwortet werden könne, sondern nur im jeweiligen Einzelfall. Weiter führte die Staatssekretärin aus, dass weder die Bundesregierung noch die EU – Kommission hier mehr Rechtssicherheit schaffen könne.

Vor diesem Hintergrund müssen auch wir sagen, dass eine absolut sichere Aussage, ob man seine Reise kostenlos stornieren kann, zurzeit nicht möglich ist. Unsere Mandanten beraten wir aber schon jetzt zu dem Thema.

Es besteht nun die Möglichkeit, dass man bereits jetzt seine Reise storniert. Rechtlich bedeutet dies das Risiko, dass über mögliche Stornierungskosten gestritten wird.

Alternativ kann man einfach abwarten, ob möglicherweise die Reisewarnung für das konkrete Reisegebiet im Moment der Reise wieder oder immer noch besteht. Soweit wieder oder immer noch eine Reisewarnung vorliegt, wird eine kostenfreie Stornierung ohne größere Diskussionen möglich sein. Sollte das allerdings nicht der Fall sein, werden die Stornierungskosten voraussichtlich nach den üblichen Geschäftsbedingungen der Reiseveranstalter noch deutlich höher sein als zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

Also, die Entscheidung ist nicht leicht und gleicht eher dem Blick in die Glaskugel. Und je weiter weg die Reise (zeitlich) noch ist, desto mehr muss man einfach spekulieren.

Unser Rat für Urlauber

Betroffene Urlauber sollten sich vor Reiseantritt möglichst genau informieren und recherchieren, wie die Lage am Urlaubsort ist und mit welchen Einschränkungen dort zu rechnen ist. Zeigt sich dabei, dass der Urlaub allenfalls nur mit erheblichen Beeinträchtigungen möglich wäre, sollten Urlauber sich genau überlegen, ob sie die Reise wirklich antreten wollen. Dann kann es der bessere Weg sein, die Reise mit guten Gründen und Verweis auf die erheblichen Beeinträchtigungen zu stornieren und den Reisepreis zurückzuverlangen. Gerne beraten wir länderspezifisch, ob solche Beeinträchtigungen vorliegen und führen insoweit die Korrespondenz mit dem Reiseveranstalter.

Über die Kanzlei Mutschke

Frau Rechtsanwältin Nicole Mutschke ist eine gefragte Rechtsexpertin in Fragen rund um das Coronavirus und deutschlandweit bekannt aus den Medien. Die Kanzlei Mutschke berät ihre Mandanten bundesweit engagiert und kompetent in allen Fragen im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Nicht zuletzt in der Thomas Cook Insolvenz haben wir für eine große Anzahl von geschädigten Thomas Cook Kunden ihr Geld retten können. Als erste Kanzlei in Deutschland haben wir dabei eine Staatshaftungsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Aber wir kennen noch zahlreiche andere Mittel und Wege, um Ihr Geld zu retten.


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