Coronovirus: Reiserechte bei (abgesagten) Kreuzfahrten

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Coronavirus: Reiserechte bei (abgesagten) Kreuzfahrten

Kreuzfahrten haben in den letzten Jahren ein enormes Wachstum zu verzeichnen. Die Reedereien, insbesondere auch die Anbieter gehobener Reisen, zeigen sich jedoch bisweilen unflexibel, vor allem wenn es um den Wunsch des Kunden nach einer Rückzahlung geht. Über unseren Rechtsstreit mit Hurtigruten haben wir bereits beispielhaft berichtet.

Das Coronavirus sorgt auch dafür, dass Kreuzfahrten seitens der Reederei abgesagt werden (müssen) oder von besorgten Passagieren storniert werden. Unabhängig von ethischen Fragen dahingehend, ob es sozusagen einer Reederei zumutbar ist, dass viele (alle) Reisenden ihr Geld erstattet verlangen, kann immerhin zur Gewissenserleichterung mitgeteilt werden, dass einige Reisende durchaus auf Rückzahlung verzichten und gerne Umbuchen und die Reise „nachholen“. Ferner, dass die Reedereien meist gute sowie solvente Rückversicherer hinter sich stehen haben. Dies sind auch die Gründe, weshalb der Autor zunehmend erschrocken über die aktuelle Praxis der Reedereien ist und nun einige juristische Hintergründe und Rechtsansprüche erläutern möchte. Ich möchte hinzufügen, dass die folgenden Lösungsansätze aufgrund der ganz aktuellen, neuen Situation, noch keine gerichtliche Überprüfung gefunden haben, jedoch mit den Meinungen der in Deutschland führenden Reiserechtsexperten durchaus übereinstimmen.

1. Pauschalreise – Absage durch Veranstalter / Verweigerung der Einschiffung – Erstattung

Nach dem „neuen“ deutschen Reiserecht, handelt es sich bei einer in Deutschland gebuchten Kreuzfahrt stets um eine sog. Pauschalreise, egal, ob online oder im Reisebüro gebucht. Auch bei ausländischen Reedereien gilt daher deutsches Reiserecht.

Wird eine Kreuzfahrt aus irgendeinem Grund vom Veranstalter – nicht zwingend nur wegen Corona – abgesagt, ist der vollständige Reisepreis zu erstatten, inkl. des ggf. mitgebuchten Anreisepakets etc.

Hieraus folgt u. a., dass der Reiseveranstalter gemäß § 651h BGB gerade keine Stornogebühren verlangen darf, wenn sog. unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände am Bestimmungsort auftreten. Hierunter dürfte bspw. eine Epidemie wie auch das Coronavirus fallen.

Wird die Einschiffung wegen Krankheitsanzeichen verweigert oder wegen des Herkunfts-/Durchreiselandes, liegt hierin die konkludente Kündigung des Veranstalters vor Reiseantritt, sodass der gesamte Reisepreis ebenso binnen 14 Tagen zurückzuzahlen ist.

2. Pauschalreise – Absage durch Reisenden – Minderungen

Steht vor Reiseantritt bereits fest, dass prägende Routenstationen nicht mehr angefahren werden können, darf der Reisende kostenlos stornieren und erhält eine Erstattung.

Wird die Reise erstmal angetreten und fallen unterwegs sodann Stationen des Routenverlaufs ins Wasser, ist der Reisepreis nachträglich im angemessenen Verhältnis zu mindern. Es liegt ein verschuldensunabhängiger Reisemangel vor und eine Teilerstattung steht dem Reisenden zu.

Gleiches gilt, wenn es sich um Änderungen des Start- und Zielhafens handelt. Auch in diesem Fall ist eine kostenlose Stornierung möglich, sofern es sich bei den Häfen ebenso um sog. reiseprägende Merkmale handelt. So macht es einen gravierenden Unterschied, ob der Reisende wie geplant in New York einschifft oder nunmehr in Hongkong.

Wird die Reise hingegen wegen einer Erkrankung (bspw. Corona) oder aus anderen persönlichen Gründen (bspw. Angst vor Corona) vom Reisenden selbst abgesagt, gelten die regulären Stornobedingungen der Reederei und eine Erstattung ist nur bedingt möglich.

3. Sonderfall

Ein weiterer kostenfreier Rücktritt ist sogar möglich, wenn ein Individualflug zwar in Eigenregie gebucht wurde, der aber wegen Corona nun seitens der Fluglinie nicht durchgeführt wird. Gleiches gilt, wenn die Einreise ins Abfahrtsland faktisch nicht möglich bzw. untersagt ist.

Diese Möglichkeit darf aber nicht damit verwechselt werden, dass bei einer Kreuzfahrtabsage wegen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen wie Corona, grds. nutzlose und vergebliche Aufwendungen außerhalb des gebuchten Kreuzfahrtpakets, also weiterer Schadensersatz, nicht erstattungsfähig sind und damit dem Risikobereich des Reisenden unterliegen (Bsp.: Hinflug oder Vorabaufenthalt im Hotel am Starthafen). Eine Ausnahme von dieser nunmehr gesetzlichen Grundregel ist denkbar – aber noch nicht gerichtlich klar entschieden – wenn der Reiseveranstalter seiner Pflicht zur unverzüglichen Rücktrittserklärung, nämlich sobald er den Rücktrittsgrund kennt, nicht nachkommt und zu spät die Reise absagt.

4. Reisende stornieren aus Vorsicht – Kreuzfahrt wird später abgesagt

Der Reisende storniert aus Angst und zahlt die Stornogebühren. Kurz hiernach wird die Kreuzfahrt seitens der Reederei zufällig sowieso abgesagt. In diesem ungünstigsten Szenario kann der Reisende leider die Stornogebühren nicht zurückverlangen, da es auf den Zeitpunkt und die Lage zum Zeitpunkt der Stornierung ankommt. Etwas anderes gilt nur, wenn die Reederei zu diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass sie ihrerseits die Reise absagen wird.

5. Zusammenfassung

Stornierung/Rücktritt sind durchaus vielfach möglich und der Reisepreis ist streng genommen sogar binnen 14 Tagen dem Reisenden zu erstatten. Der Reisende muss sich darüber im Klaren sein, dass das Angebot eines Veranstalters zur Umbuchung oder Ausstellung eines Gutscheins, kein Entgegenkommen des Veranstalters darstellt – wie es gerade stets dargestellt wird – sondern eines des Reisenden im Falle der Annahme, da somit zugleich auf das Recht zur Rückzahlung verzichtet wird. Der Reisende ist rechtlich in der stärkeren Position und damit kein Bittsteller.

Sofern persönliche Gründe jedoch nicht dagegensprechen, ist eine Akzeptanz der Umbuchung aus ethischer sowie womöglich wirtschaftlicher Sicht auf den „notleidenden“ Veranstalter zumindest die solidarischere Lösung als das Pochen aufs eigene Recht. Allerdings gilt im Falle einer Umbuchung oder Gutscheinannahme, dass ein späteres Umentscheiden zur Rückzahlung ausscheiden dürfte.

Abschließend sei der übliche juristische Hinweis gestattet, dass es immer auf den Einzelfall ankommt und einer genauen Prüfung der Individualsituation bedarf. Wir helfen Ihnen gerne weiter, kontaktieren Sie den Autor vornehmlich per Telefon und/oder E-Mail in unserer Kanzlei.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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