Daimler-Dieselskandal: Fahrzeuge mit 4-Zylinder-Dieselmotor OM651 stetig im Feuer

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Die Daimler AG hat zwei weitere Urteile im Dieselabgasskandal kassiert. Diese zeigen, dass der Dieselskandal für den deutschen Premiumhersteller noch lange nicht beendet ist. Der Autobauer muss einen Mercedes-Benz E 220 CDI beziehungsweise Mercedes-Benz C 220 CDI zurücknehmen und Schadenersatz zahlen. 

Zwei weitere Urteile des Landgerichts Stuttgart gegen die Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB haben gezeigt, dass der Dieselskandal für den deutschen Premiumhersteller noch lange nicht beendet ist. Und ganz offensichtlich kann der Automobilkonzern auch vor dem Heimatgericht nicht auf Gnade hoffen. Das Landgericht Stuttgart hat mit Urteilen vom 20. November 2020 (Az.: 14 O 437/20) und 3. Dezember 2020 (Az.: 12 O 16/20) den Autohersteller dazu verurteilt, einen Mercedes-Benz E 220 CDI beziehungsweise Mercedes-Benz C 220 CDI zurückzunehmen. Die geschädigten Verbraucher erhalten 7225,30 Euro (Mercedes-Benz C 220 CDI) und 16.668,45 Euro abzüglich Nutzungsentschädigung (Mercedes-Benz E 220 CDI), werden von den außergerichtlichen Anwaltskosten freigestellt und müssen zehn (Az.: 14 O 437/20) beziehungsweise 30 Prozent (Az.: 12 O 16/20) der Verfahrenskosten tragen. In beiden Fällen erhalten die geschädigten Verbraucher zusätzlich eine Verzinsung des Schadenersatzes in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz. 

„Beide Fahrzeuge sind mit dem Motor OM651 ausgestattet. Dieser war bereits vielfach Gegenstand von Betrugshaftungsklagen, denn dieser ist mit illegalen Abschalteinrichtungen zur Manipulation der Stickoxid-Emissionswerte ausgestattet. In beiden Fällen ist damit die Verurteilung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB völlig begründet und reiht sich in die bisherigen Urteile ein. Einmal mehr sehen wir, dass die deutschen Gerichte im Dieselabgasskandal nicht zu Späßen aufgelegt sind und auf der Seite der geschädigten Verbraucher stehen“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde. 

Beim Mercedes-Benz E 220 CDI hat das Landgericht Stuttgart das Vorliegen einer Prüfstandserkennung bestätigt. Die Fahrzeuge entsprechend lediglich auf dem Prüfstand den vorgegebenen Grenzwerte für Stickoxid, während sie auf der Straße ein Vielfaches des Erlaubten ausstoßen. Das sei als illegale Abschalteinrichtung zu werten, betont das Gericht. Schließlich sei eine Abschalteinrichtung ein Konstruktionsteil, das bestimmte Parameter ermittle, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert werde. 

In dem Mercedes-Benz C 220 CDI wiederum kommt eine sogenannte Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung zum Einsatz. Die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung stellt eine unzulässige Abschalteinrichtung dar, die erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet. Trifft dies zu, sorgt diese Regelung dafür, dass der gesamte Kühlkreislauf möglichst lange kühl gehalten wird. „Abschalteinrichtungen wie Thermofenster bei der Abgasreinigung in Dieselfahrzeugen oder eben auch Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelungen sind grundsätzlich unzulässig. Das hat die EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston in ihrem Schlussantrag zu einem vielbeachteten Verfahren am Europäischen Gerichtshof EuGH klargemacht. Entscheidend bei dem EuGH-Verfahren ist die Aussage, dass auch temperaturabhängige Abgaskontrollsysteme unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. 

Viele Mercedes-Benz-Diesel sind mit illegalen Abschalteinrichtungen ausgestattet. „Besonders betroffen sind die Motoren des Typs OM651, OM622, OM626, OM654, OM642 und OM656. Geschädigte Verbraucher haben also weitreichende Chancen, von der Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Wege der Betrugshaftungsklage Schadensersatz zu erhalten und das Skandalfahrzeug abzugeben“, stellt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung heraus. 

Übrigens: Ein vom Landgericht Stuttgart in Auftrag gegebenes Gutachten setzt die Daimler AG weiter unter Druck. Das Gutachten zeigt: Selbst unter idealen Betriebsbedingungen hinsichtlich Prüfsituation und Wetter hält eine Mercedes Benz E-Klasse 350 CDI die Stickoxid-Grenzwert nicht ein. Die Fahrzeuge entsprechend lediglich auf dem Prüfstand den vorgegebenen Grenzwerte für Stickoxid, während sie auf der Straße ein Vielfaches des Erlaubten ausstoßen. Der Hintergrund: Anfang 2020 hatte das LG Stuttgart ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, um klären zu lassen, ob der Stickoxidausstoß einer streitgegenständlichen E-Klasse über dem gesetzlich zugelassen Grenzwert für Euro 5-Diesel von 180 Milligramm pro Kilometer liegt. Im September 2020 fanden dazu mehrere Testfahrten im Realbetrieb statt, die durch einen Sachverständigen überwacht und ausgewertet wurden. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Bei allen vier Fahrten stieß das Fahrzeug weit mehr als die erlaubten 180 Milligramm pro Kilometer Stickoxid aus, nämlich zwischen 452 und 681 Milligramm pro Kilometer.



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