Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis in der Verfassungsbeschwerde

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Art. 10 Abs. 1 GG erklärt das Briefgeheimnis, das Postgeheimnis und das Fernmeldegeheimnis für „unverletzlich“. Ganz so absolut wie es sich zunächst anhört, ist dieser Schutz freilich nicht. Abs. 2 legt fest, wann und wie Einschränkungen möglich sind.

Klassisches Schutzrecht

Das Briefgeheimnis schützt dabei Briefe im eigentlichen Wortsinne, also Schreiben auf Papier, die in einem Umschlag versendet werden. Das Postgeheimnis hat einen weiteren Umfang und umfasst sämtliche Sendungen per Post sowie die Information, dass man überhaupt etwas per Post verschickt hat. Insoweit handelt es sich um ein bereits seit langer Zeit anerkanntes Schutzrecht.

Das Fernmeldegeheimnis umfasst jegliche Kommunikation zwischen nicht körperlich anwesenden Personen. Ursprünglich waren damit Telefongespräche, Funkverkehr und Telegramme gemeint, mittlerweile gehören dazu aber alle Formen der Kommunikation, ob nun Fax, E-Mail, Messenger oder andere Online-Plattformen. 

Unterschiedlichste Arten der Kommunikation geschützt

Das bloße Surfen im Internet gehört allerdings nicht dazu, da hier keine individuelle Nachrichtenübermittlung zwischen Personen stattfindet.

Wichtig ist dabei, dass jeweils nur die Versendung geschützt ist. Ist der Brief beim Empfänger angekommen, greift das Postgeheimnis nicht mehr. Ist die E-Mail auf dem PC gespeichert, endet der Schutz des Fernmeldegeheimnisses. 

Beim Empfänger dürfen die Nachrichten also bspw. durch Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt werden, ohne dass Art. 10 GG zu beachten wäre. Hier kommen dann nur noch andere Grundrechte wie das Eigentum oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Betracht.

Private Dritte, die Kommunikationsdienstleistungen erbringen (private Postdiente, Provider etc.), sind an das Grundrecht zunächst einmal nicht gebunden. Allerdings kann eine Pflicht des Staates aus Art. 10 GG bestehen, diese Unternehmen durch entsprechende Gesetze zur Geheimhaltung zu verpflichten.

Einschränkungen der Kommunikationsfreiheit

Wie bereits angedeutet, ist natürlich auch in diese Grundrechte ein Eingriff durch den Staat möglich. Insbesondere die Überwachung von Sendungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft ist praxisrelevant und kommt so gut wie täglich vor. Deren Zulässigkeit beurteilt sich dann zunächst einmal nach den Vorschriften der Strafprozessordnung oder des Polizeigesetzes. Verfassungsrechtliche Wertungen finden erst an zweiter Stelle statt.

Eine Beschränkung der Kommunikationsfreiheit muss einerseits notwendig (also v. a. der Strafverfolgung oder dem Sicherheitsinteresse des Staates dienen) und andererseits auch verhältnismäßig sein. Insbesondere bei der Anwendung im Einzelfall muss also stets geprüft werden, ob das konkrete Verfahren und der konkrete Tatverdacht ein Abfangen von Sendungen rechtfertigt.

Nicht angegriffen werden darf aber der Kernbereich der privaten Lebensführung, also die Privat- oder Intimsphäre. Dazu gehören bspw. Gespräche mit dem Ehepartner, die keinerlei Bezug zum Ermittlungszweck aufweisen.

Einzelfallprüfung in der Verfassungsbeschwerde

In der Verfassungsbeschwerde wird es fast immer um die Verhältnismäßigkeit der Überwachung gehen. Denn eine gesetzliche Vorschrift, die den Eingriff grundsätzlich erlaubt, lässt sich in aller Regel in der Strafprozessordnung oder im jeweiligen Polizeigesetz finden.

Die Verfassungswidrigkeit ergibt sich dann aber ggf. daraus, dass eine andere Möglichkeit zur Verfügung gestanden hätte oder die Behörden die Privatsphäre des Betroffenen völlig missachtet haben. Daher muss auch hier eine genaue Prüfung der Tatsachengrundlage erfolgen, um eine erfolgversprechende Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen zu können.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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