Der Blick zum Nachbarn – Kameras, Attrappen, Drohnen – und die Verletzung des Persönlichkeitsrechts

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Eine Videoüberwachung Dritter stellt eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, welches Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist, dar. Dieses Recht beinhaltet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem Privatgrundstück ist daher zu beachten, dass durch die Kameras weder angrenzende öffentliche Bereiche noch benachbarte Privatgrundstücke erfasst werden. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn im Einzelfall und unter Abwägung der gegenseitigen Belange ein überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage angenommen werden kann. Dies kann z. B. anzunehmen sein, wenn der Eigentümer wiederholt Opfer einer mutwilligen Sachbeschädigung auf seinem Grundstück wurde und daher einen geringen Teil des öffentlichen Gehweges von der Kamera erfasst wird. Die Kamera muss dabei allerdings so installiert sein, dass sie auch zur Abschreckung potenzieller Täter taugt.

Auch Kameraattrappen verletzen das Persönlichkeitsrecht

Wie das Landgericht Koblenz in seinem Beschluss vom 05.09.2019, Aktenzeichen: 13 S 17/19, entschied, kann allein das Anbringen einer Attrappe das Persönlichkeitsrecht Dritter verletzen. So kann bereits durch den Schein einer Überwachung bei dem Nachbarn ein „Überwachungsdruck“ entstehen, den der Betroffene nicht hinnehmen muss. Dies gilt zumindest dann, wenn der Betroffene eine Überwachung ernsthaft befürchten muss. Ob dies der Fall ist, muss stets anhand der konkreten Umstände beurteilt werden. 

Aufgrund eines bereits mehrere Jahre schwellenden Nachbarschaftsstreits zwischen den Parteien, sah das Landgericht Koblenz in dem zugrunde liegenden Sachverhalt die Anbringung der auf das Grundstück des Nachbarn gerichteten Attrappe als Provokation an. Eine bezweckte Abschreckung von Einbrechern konnte nicht glaubhaft dargelegt werden, da die sich in einem Haselnussstrauch befindliche Attrappe von Eingeweihten kaum erkennbar sei und daher keine Abschreckungskraft habe. Zudem könne sich der Nachbar nicht sicher sein, dass die Attrappe zukünftig möglicherweise durch eine funktionsfähige Kamera ausgetauscht wird.

Drohnen: Persönlichkeitsrecht und Recht am eigenen Bild

Immer größerer Beliebtheit als Mischung aus einem ferngesteuerten Flugzeug und Kamera erfreuen sich Flugdrohnen. Doch aufgrund der Fähigkeit der Drohnen, Daten Dritter zu erfassen, kann durch sie eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts begründet werden. So ist es gerade im urbanen Raum fast unausweichlich, dass bei einem Drohnenflug private Grundstücke, Terrassen oder Balkone erfasst werden. Anders als bei Überwachungskameras zum Zwecke des Einbruchschutzes, deren Aufnahme in der Regel nicht öffentlich gemacht wird, gibt es inzwischen zahlreiche Kameras für Drohnen, die die getätigten Aufnahmen direkt per Livestream in das Internet einstellen oder auf Videoplattformen hochladen. Hierdurch werden die Aufnahmen öffentlich zugänglich gemacht und verbreitet. 

Kann durch die auf diesem Wege einsehbaren Aufnahmen eine Person identifiziert werden, so stellt dies neben einer möglichen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild gemäß § 22 Kunsturhebergesetz dar. Sollen die Aufnahmen von einem Flug im Internet veröffentlich werden, so ist es daher ratsam diesen nicht per Livestream einzustellen, sondern zunächst die getätigten Aufnahmen zu sichten und einer eigenen rechtlichen Würdigung zu unterziehen und gegebenenfalls eine entsprechende Bearbeitung – z. B. in Form einer Verpixelung von Gesichtern – vorzunehmen.

Strafrechtliche Relevanz

Nicht nur in zivilrechtlicher, in Form von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen, sondern auch in strafrechtlicher Hinsicht können Aufnahmen von privaten Grundstücken von Relevanz sein. So stellt § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen unter Strafe. Voraussetzung hierfür ist, dass die Bildaufnahmen von einer Person in einer Wohnung oder in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum getätigt werden. 

Hintergrund ist das erhöhte Vertrauen der Person, in diesem Bereich nicht der unbefugten Beobachtung durch Dritte ausgesetzt zu sein. Während eine Wohnung unabhängig von ihrer Einsehbarkeit geschützt ist, muss der gegen Einblick besonders geschützte Raum deutlich von der Umwelt abgegrenzt sein, wobei es sich auch um eine Örtlichkeit im Freien handeln kann, wenn diese Schutzvorrichtungen gegen den Einblick anderer aufweist, wie z. B. Umkleidekabinen im Freibad. Eine Strafbarkeit liegt damit nicht grundsätzlich in jedem Falle vor, in dem eine Kamera auf das Grundstück des Nachbarn ausgerichtet ist. Auch hier bedarf es letztlich stets einer Bewertung des konkreten Einzelfalles.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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