Der Kunde zahlt nicht – Was tun?

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Viele Unternehmen sind nahezu täglich damit konfrontiert:

Sie liefern Waren an den Kunden oder erbringen Dienstleistungen und stellen hierfür anschließend eine entsprechende Rechnung. Doch dann wird die Rechnung einfach nicht bezahlt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Oft spielen finanzielle Probleme des Kunden, Unzufriedenheit mit der Leistung oder dem Produkt, Kommunikationsprobleme oder Missverständnisse eine große Rolle.
 
Der Unternehmer stellt sich nun die Frage, was er tun kann, um schnellstmöglich an sein Geld zu bekommen. Denn nicht bezahlte Rechnungen können langfristig der Liquidität und somit dem gesamten Unternehmen schaden.

Doch was sollten Firmen an dieser Stelle nun tun? Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit zahlungsunwilligen Kunden umgehen können, welche Möglichkeiten es für das Unternehmen gibt, an sein Geld zu gelangen und welches Vorgehen in einem solchen Fall ratsam ist.


Erste Mahnung: Zahlungserinnerung

Auf der Rechnung befindet sich in der Regel eine Zahlungsfrist, beispielsweise „zahlbar bis…“. Sollte diese Frist erfolglos verstrichen sein, empfiehlt sich zunächst eine an den jeweiligen Kunden gerichtete höfliche Zahlungserinnerung.

Beachte: Trotz Fälligkeit und Erhalt der Rechnung befindet sich ein privater Kunde (Verbraucher iSv.§ 13 BGB) an dieser Stelle in der Regel noch nicht in Verzug, denn § 286 Abs.3 BGB besagt folgendes:
„Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist….“ (Hervorhebungen durch den Verfasser).

Dies bedeutet, dass das bloße Zusenden einer Rechnung an einen Kunden, der Verbraucher ist, noch keinen Verzug auslöst, außer er wird in der Rechnung auf die Verzugsfolgen nach Ablauf von 30 Tagen gesondert hingewiesen. Diesen Hinweis enthalten nur relativ wenig Rechnungen.

Anders ist es, wenn es sich beim Kunden um einen Unternehmer handelt. Dieser gerät in Verzug, wenn er nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung nicht innerhalb von 30 Tagen bezahlt, es sei denn es sind längere Zahlungsfristen vereinbart.

Ein Verbraucher muss durch eine Zahlungserinnerung/ein Mahnschreiben unter Fristsetzung an die Zahlung erinnert werden, um die Verzugsfolgen auszulösen, wenn nicht die Rechnung den o.g. gesonderten Hinweis enthält oder etwas anderes vereinbart wurde. Gegenüber einem Unternehmer ist eine solche Mahnung grundsätzlich nicht nötig, wenn seit Erhalt der Rechnung 30 Tage verstrichen sind.

Allerdings empfiehlt sich grundsätzlich zumindest eine Mahnung, da Rechnungen auch vergessen oder verlegt werden können. Zweckmäßig wäre es diesem Erinnerungsschreiben eine Kopie der Rechnung beizulegen, damit der Kunde mit Hilfe der Kopie die Rechnung sofort begleichen kann, falls er diese beispielsweise verlegt oder verloren haben sollte. Hierbei sollte dann eine Zahlungsfrist unter Nennung von Wochentag und Datum gesetzt werden, z.B. zahlen Sie bis spätestens
 Montag, den 04.03.2024.

Rechtlich ist eine Zahlungserinnerung zwar bereits als 1. Mahnung einzustufen, jedoch wird der Tonfall hierbei in der Regel noch freundlich gehalten. Denn es kann schließlich mal vorkommen, dass der Kunde eine Rechnung übersieht. Im besten Fall zahlt der Kunde daraufhin und das Problem hat sich erledigt.

Besonders wichtig ist, dass Sie als Unternehmen den Zugang der Mahnung beim Kunden nachweisen können. Wenn Sie die Mahnung als einfachen Brief oder per E-Mail versenden, kann der Kunde behaupten, er habe nichts erhalten. Sie können dann das Gegenteil nicht beweisen. Es ist daher von besonderer Wichtigkeit, die Schreiben mit der Fristsetzung per Einwurf-Einschreiben und ggf. zusätzlich als Einschreiben mit Rückschein zu versenden, je nach Bedeutung der Angelegenheit. Denn nur dann haben Sie einen Nachweis dafür, dass der Kunde das Schreiben erhalten hat. Das Einwurf-Einschreiben hat den Vorteil, dass der Kunde die Annahme nicht verweigern kann. Wichtig ist auch, über die Sendungsverfolgung nachzuprüfen, ob das Schreiben tatsächlich zugegangen ist und von diesem Zustellnachweis einen Screenshot oder ein PDF-Dokument zu fertigen. Damit können Sie im Bestreitensfalle nachweisen, dass der Kunde das Schreiben erhalten hat. Hilfreich ist es zudem, wenn Sie einen Zeugen dafür haben, dass Sie die Mahnung in das Kuvert eingelegt haben, denn es gibt auch Kunden, die behaupten, dass sich in dem Brief keine Mahnung, sondern nur ein leeres Blatt Papier befand. Als Unternehmer sind Sie hier in der Beweispflicht.


Zweite Mahnung: Ausdrückliche Mahnung

Erfolgt trotz Zahlungserinnerung keine Begleichung der Rechnung, empfiehlt sich eine auch als solche deklarierte Mahnung. Dieses Mahnschreiben wird im Allgemeinen deutlicher formuliert und nennt regelmäßig eine Zahlungsfrist von beispielsweise 10 oder 14 Tagen. Wichtig ist hierbei auch wieder, dass das Zahlungsziel unter Nennung von Wochentag und Datum genannt wird.

Manche Unternehmen drohen bereits in diesem Schreiben rechtliche Schritte bei Nichtzahlung an, andere mahnen ein drittes Mal und betiteln diese Mahnung als letzte Mahnung. Wie viele Mahnungen tatsächlich verschickt werden, ist Geschmackssache.

Rein rechtlich ist gegenüber Verbrauchern/Privatpersonen in der Regel nur eine Mahnung mit der darin enthaltenen Fristsetzung erforderlich, um den Schuldner als Privatkunden in Verzug zu setzen. Eine weitere Mahnung ist nicht zwingend. Aus Kulanz versenden viele Unternehmen jedoch vor Einleitung rechtlicher Schritte erst eine zweite oder sogar dritte Mahnung an den Schuldner. Notwendig ist dies jedoch nicht.
 
Gegenüber Unternehmern ist eine Mahnung grundsätzlich nicht erforderlich, dennoch mahnen zahlreiche Firmen auch gegenüber solchen Kunden mehrfach. Hierbei ist auch die korrekte Fristsetzung wichtig.


Zeitpunkt der Zahlungserinnerung & Mahnung

Die Fristen für Zahlungserinnerungen und Mahnungen sind gesetzlich nicht festgelegt. Es ist jedoch üblich, eine Zahlungserinnerung relativ kurzfristig nach Fälligkeit der Rechnung zu versenden und, falls nötig, eine Mahnung etwa 7 Tage später. Wichtig ist, unzweifelhaft auf den Zahlungsverzug hinzuweisen und die möglichen Konsequenzen weiterer Säumnis aufzuzeigen.


Verzug 

Unabhängig von der Bezeichnung: Entscheidend ist die Funktion der Zahlungsaufforderung. Denn durch die Zahlungserinnerung oder die Mahnung und die damit verbundene Fristsetzung setzt der Unternehmer den Schuldner einer ausstehenden Zahlung in Verzug.

Erst mit Eintritt des Verzugs kann der Unternehmer den Ersatz seines „Verzugsschadens“ verlangen. Befindet sich der Kunde/Schuldner in Verzug mit der Zahlung, muss dieser auch sämtliche hierdurch verursachte Kosten als Schadensersatz tragen, beispielsweise Mahngebühren oder Mahnpauschalen bis hin zu etwaigen Anwaltskosten und Gerichtskosten. Außerdem fallen ab Verzug auch sog. Verzugszinsen an. Der gesetzliche Verzugszinssatz liegt derzeit gegenüber Verbrauchern bei 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, gegenüber Unternehmern bei 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Zum 01.01.2024 beträgt der Basiszinssatz 3,62%, d.h. die Verzugszinsen gegenüber Verbrauchern betragen aktuelle 8,62% pro Jahr (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) und gegenüber Unternehmern 12,62 % p.a. (9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz).

Die Verzugszinsen sind aktuell erheblich. Hierauf sollten Sie als Unternehmer nicht verzichten. Setzen Sie daher die richtigen Fristen und versenden Sie die Schreiben so, dass Sie deren Inhalt und Zugang jederzeit nachweisen können.


Unterschied zwischen Unternehmer und Privatpersonen als Kunden 

Bei einem Unternehmer als Kunden müssen Sie grundsätzlich keine Mahnung versenden, um diesen als Kunden in Zahlungsverzug zu setzen. Denn 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung gerät der Schuldner automatisch in Verzug. Das ist in § 286 Abs. 3 BGB geregelt. Etwas anderes gilt nur, wenn Abweichendes vereinbart wurde. Teilweise werden im Handelsverkehr längere Zahlungsfristen vereinbart.

Gegenüber Privatleuten („Verbrauchern“) greift die Verzugsautomatik allerdings nur bedingt. Denn diese müssten zuvor ausdrücklich und schriftlich auf die Rechtsfolgen hingewiesen werden, s.o.

Daneben kann ein Schuldner in einigen gesetzlich geregelten Fällen auch ohne Mahnung in Verzug kommen. Diese Fälle regelt § 286 Abs. 2 BGB, beispielsweise wenn eine Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt ist, z.B. bei Miet- oder Pachtzahlungen oder Leasingraten.


Vorgehen nach Verzug

Wenn ein Schuldner auf außergerichtliche Mahnschreiben durch den Unternehmer nicht reagiert, kann ein Gang zum Anwalt durchaus hilfreich sein. Dieser kann im Wege eines Aufforderungsschreibens den zahlungsunwilligen Kunden außergerichtlich zur Zahlung unter Fristsetzung letztmalig auffordern.  Er kann helfen, einen professionellen Dialog mit dem säumigen Kunden zu führen, um eine Lösung für das Zahlungsproblem zu finden oder diesen durch das Anwaltsschreiben endgültig zur Zahlung zu bewegen. Dies kann insbesondere dann hilfreich sein, wenn der Kunde solvent ist, aber einfach nicht bezahlt, weil er mit der Leistung des Unternehmers nicht (gänzlich) zufrieden war.

Möglich ist an dieser Stelle aber auch die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen.

In Betracht kommen hierbei die Beantragung eines gerichtlichen Mahnbescheides oder die Erhebung einer Klage vor dem jeweils zuständigen Gericht, um einen Vollstreckungstitel gegen den säumigen Schuldner zu erlangen. Ein Vollstreckungstitel ist erforderlich, wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wie beispielsweise eine Kontopfändung durchgeführt werden sollen.

Hier ist von großem Vorteil, wenn in den AGB des Unternehmers eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten ist, denn dann muss nicht an weit entfernt gelegenen Gerichten geklagt werden. Gerichtsstandsvereinbarungen sind gegenüber Verbrauchern allerdings unwirksam. Im Handelsverkehr bieten sich diese Vereinbarungen in den AGB an. Erstaunlicherweise verfügen auch im kaufmännischen Rechtsverkehr zahlreiche Unternehmen über keine AGB bzw. beziehen diese nicht wirksam in Verträge ein, so dass sich ein Unternehmen, das AGB verwendet und diese auch wirksam einbezieht, deutliche Vorteile verschaffen kann.


Unsere Tipps: 

Halten Sie alle Kommunikation und Vereinbarungen mit dem Kunden schriftlich fest, um im Falle von Unstimmigkeiten nachweisen zu können, dass Sie Ihre Leistungen erbracht haben und die Forderungen berechtigt sind.

Zeigen Sie sich in manchen Fällen flexibel, wenn der Kunde finanzielle Schwierigkeiten hat. Eine Ratenzahlungsvereinbarung kann helfen, die Situation zu entschärfen und den Kunden dazu bewegen, letztendlich doch zu zahlen.

Wenn ein Schuldner gar nicht reagiert, können Sie anwaltliche Hilfe zu Rate ziehen oder einen Mahnbescheid betragen. Manche Kunden zahlen auf eine anwaltliche Zahlungsaufforderung prompt, andere schalten selbst einen Anwalt ein oder reagieren gar nicht. Selbst wenn der säumige Kunde einen Anwalt beauftragt, hilft dies in vielen Fällen weiter, weil dann eine professionelle Kommunikation geführt werden kann, die häufig zu einer außergerichtlichen Lösung führt.

Wenn abzusehen ist, dass der Schuldner nicht reagieren wird, kann ein Mahnbescheid hilfreich sein. Denn wenn der Schuldner keinen Widerspruch hiergegen einlegt, kann ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden. Dieser ist ein Titel, mit dem der Gerichtsvollzieher beauftragt oder z.B. eine Kontopfändung eingeleitet werden kann. Auf diese Weise gelangen Sie schnell zu einem vollstreckbaren Titel. Bei einer Klageerhebung hingegen vergeht deutlich mehr Zeit (Monate bis Jahre je nach Gericht und Streitigkeit) bis ein vollstreckbarer Titel vorliegt. Ist allerdings absehbar, dass der Schuldner gegen den Mahnbescheid Widerspruch einlegen wird, ist zu überlegen, ob man nicht gleich Klage erhebt, denn der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids verzögert dann die Angelegenheit um mehrere Wochen oder Monate.



Rechtliche Hinweise

Sämtliche Informationen in unseren Rechtstipps dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine Beratung durch einen Anwalt nicht ersetzen. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Bereits durch kleine Änderungen beim Sachverhalt kann sich die rechtliche Einschätzung vollständig ändern. Außerdem ändert sich ggf. die Rechtslage, so dass die Inhalte u.U. veraltet sein können.

Wenn Sie konkreten Beratungsbedarf haben, kontaktieren Sie uns gerne. 
Rechtsanwaltskanzlei Dipl. Jur. Stefanie Lindner, Passau

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