Deutsche Bahn navigiert sich ins Aus

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Die beliebteste Verkehrs-App DB Navigator leitet sensible Kundendaten ohne Einwilligung an Dritte weiter – Nutzer müssen sich dies nicht gefallen lassen!

Die Probleme mit der Deutschen Bahn sind schon lange ein leidiges Smalltalk-Thema. Verspätungen und Zugausfälle kennt man hierzulande zur Genüge, doch der DB Navigator klärt immer zuverlässig über jegliche Unzuverlässigkeit auf, sodass man vor Problemen auf der Reise wenigstens gewarnt ist. Die praktische App ermöglicht den täglich 7,3 Millionen Bahnkunden auch, unter Verwendung ihres Standortes zum Ziel geleitet zu werden.

Anschluss im Datenschutz verpasst

Die beliebteste Verkehrs-App Deutschlands hat allerdings selbst ein großes Problem, das im Verborgenen liegt. Bevor die Nutzer nach ihrer Einwilligung gefragt werden, sendet die App Cookies mit deren Daten an das in den USA sitzende IT-Unternehmen Adobe. Dazu wird jedem Nutzer ein spezifischer Identifikationscode zugewiesen, der für zwei Jahre gespeichert wird, sodass er eindeutig wiedererkannt werden kann.

Es hilft unterdessen nicht, bei dem anschließend sich öffnenden Banner auf „nur erforderliche Cookies“ zu klicken, da auch in diesem Fall das individuelle Nutzungsverhalten verfolgt wird. Diese Daten sind für die Programmierer notwendig, um den Service zu verbessern, weshalb deren Weiterleitung üblich ist. Allerdings ist es nicht erforderlich und auch nicht erlaubt, diese Daten individuell zuzuordnen, wie es beim DB-Navigator der Fall ist. Denn die App schickt die Nutzungsdaten unter Verwendung eines Identifikationscodes an mehrere Tech-Firmen wie Google Crashlytics, Easy Marketing GmbH und Optimizely. Damit wissen Dritte Bescheid über die Reisepläne von Nutzern, was – anders als es im Banner heißt – keinesfalls erforderlich ist. Die deutsche Bahn scheint sich des Problems trotz eindeutiger Hinweise nicht bewusst zu sein, denn laut eigener Pressemitteilung vom 26. Juli 2022 sei die Kritik „haltlos“.

Unterlassungsklage verschafft Abhilfe

Dank der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind betroffene Nutzer allerdings nicht wehrlos gestellt. Um die Bahn zum Einlenken zu bewegen, sodass künftig keine individualisierbaren Daten mehr widerrechtlich an Dritte übertragen werden, steht der Rechtsweg offen. Die Rechtslage ist hierzu klar: Die personenbezogenen Daten von Nutzern, die „die Nachverfolgung des Surf- und Nutzungsverhaltens ermöglichen“, dürfen nicht ohne Einwilligung verwendet werden, wie etwa das LG Rostock am 15. September 2020 urteilte. Eindeutige Identifikatoren wie die in den DB-Cookies verwendeten Codes sind wie IP-Adressen personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO, worüber das LG München, am 20. Januar 2022 erst entschieden hat.

Da mangels anders lautender Aussagen der Deutschen Bahn keine Annahme besteht, dass die Datenschutzverstöße aufhören, können App-Nutzer das Unternehmen auf Unterlassen verklagen. Nach erfolgreichem Urteilsspruch darf der DB-Navigator ihre Daten nicht mehr wie bisher individualisiert weiterleiten. Ihre Daten sind also wieder sicher. Von jedem Urteil geht zudem eine Signalwirkung an die deutsche Bahn aus, dass sie zukünftig weniger leichtfertig mit Nutzerdaten umgehen sollte.

Nehmen Sie hierzu gerne Kontakt mit unserer Kanzlei auf.



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Foto(s): pexels


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