Die Beschaffenheitsvereinbarung beim Pferdekauf

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Heute möchte ich das Thema Beschaffenheitsvereinbarung beim Pferde- und oder Ponykauf ansprechen, da sich diesem Bereich durchaus viele Rechtsstreitigkeiten entwickeln.

Viele Eltern wollen für ihre Kinder ein „kindertaugliches“ Pony, welches sehr brav ist und oft auch als Anfängerpferd eingestuft werden sollte. Hier gehen die Ansichten meist weit auseinander. Der Käufer wünscht eine Art „Lebensversicherung“ und der Verkäufer möchte natürlich nicht seine „Hand dafür ins Feuer legen“, was das Lebewesen Pferd eventuell für Verhaltensweisen an den Tag legt. Gerade Pferde und deren Verhaltensweisen können sich sehr schnell durch eine Ortsveränderung/Haltungsveränderung und eine andere Pflege bzw. Reitweise verändern.

Dies leider nicht immer zum Positiven. Hier gehen die Probleme meist los. Auch gibt es sehr verschiedene und unterschiedliche Auffassungen, was bedeutet bspw. „brav“, „lieb“, „kindertauglich“ oder „anfängertauglich“. Was für den einen brav ist, ist für den anderen bereits wild.

Der Sachmangel im Kaufrecht ist in § 434 BGB geregelt.

  1. Die Sache – hier das Pferd oder Pony – ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat (Stufe 1).
  2. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Stufe 2).
  3. … wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann (Stufe 3).

Die Beschaffenheitsvereinbarung wird mithin auf der ersten Stufe abgehandelt und geprüft.

Zunächst möchte ich euch erklären, was eine Beschaffenheitsvereinbarung im kaufrechtlichen Sinne ist, denn die konkrete Beschaffenheit ist der zentrale Begriff zur Einstufung eines Sachmangels. Der Gesetzgeber hat jedoch auf eine Legaldefinition verzichtet, es kommt auch nicht auf einen allgemeinen „Qualitätsstandard“ o. ä. an, entscheidend ist allein, was haben die Vertragsparteien vereinbart und gewollt.

Es ist fast alles möglich, sofern nicht gegen gesetzliche Verbote oder die guten Sitten verstoßen wird. Auf diesem Weg wird die „Soll-Beschaffenheit“ definiert und vereinbart. Wie soll das Pony oder das Pferd beschaffen sein.

Gängige Vereinbarungen werden über die Merkmale

  • Exterieur: Fellfarbe, Geschlecht, Größe, Rasse, Alter
  • Interieur: schmiedefromm, verladefromm, Verhaltensauffälligkeiten
  • Ausbildungsstand/sportliche Erfolge
  • Gesundheitszustand

Zeigt sich sodann nach Übergabe des Pferdes und noch vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Fehlen einer bestimmten Eigenschaft bzw. eines Merkmals oder Abweichungen, so liegt lediglich in dieser Abweichung bzw. dem Nichtvorhandensein ein Mangel, welcher zum Rücktritt berechtigten kann.

Die Rechte des Käufers bei Sachmängeln sind im § 437 BGB geregelt.

Um Klarheit darüber zu schaffen, was die Parteien festlegen wollte, wird im Pferdekaufvertrag daher meist der Punkt "Beschaffenheitsvereinbarung" mit aufgenommen (hier kann etwas positiv oder negativ vereinbart werden). Wichtig ist sodann auch immer eine Klausel bzgl. etwaigen Nebenabreden, mündliche Zusicherungen und dem Schriftformerfordernis für weitere Absprachen oder Zusicherungen. Hierdurch soll festgelegt werden, dass eben nur das hier Geschriebene Bestand haben soll und es keine anderen Nebenabreden gibt, und diese auch nicht gewollt sind. Es soll möglichst wenig Raum für die Berücksichtigung weitergehender Hoffnungen und Erwartungen des Käufers geben. Gerade nach längeren Vertragsverhandlungen, der mehrfachen Besichtigung und Erprobung des Pferdes/des Ponys wird in den Vertragsverhandlungen abschließenden schriftlichen Vereinbarung (dem Kaufvertrag) eine abschließende Entscheidung der Parteien getroffen.

Der schriftliche Vertrag sollte gerade für beide Parteien ersichtlich und von diesen auch gewollt und durch Unterschriftsleistung alles zu Regelnde beinhalten und auch Unklarheiten ausschließen und dokumentieren. So viel jedoch leider meist nur in der Theorie, die Praxis weist hier leider einen anderen Weg, dies beginnt bereits damit, dass die viele das Dokument – Kaufvertrag – nicht einmal richtig durchlesen und einfach etwas unterschreiben und vorgefertigte Vertragsformulare lediglich „halb“ ausfüllen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) setzt eine Beschaffenheitsvereinbarung voraus, dass der Verkäufer in vertragsbindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen.

Achtung: Eine solche Vereinbarung kann auch stillschweigend getroffen werden. An eine stillschweigende (konkludente) Vereinbarung sind jedoch sehr strenge Anforderungen zu stellen, sodass eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht im Zweifel, sondern nur bei eindeutigen Fällen in Betracht kommt.

Dem BGH zufolge gehört es zudem nicht zur üblichen Beschaffenheit eines Tieres, „dass es in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm“ entspricht“. Dies sollten sich alle Verkäufer als auch Käufer immer vor Augen halten.

Es kommt vor, dass das Pferd sich nach Übergabe und angekommen im Stall des Käufers mit der Zeit oder unter Umständen auch sofort anders darstellt und benimmt, als erhofft. Hier möchte ich verschiedene Begriffe einwerfen wie: nervös, störrisch, bockig, unsicher.... Sollte eine unerwünschte Ausfälligkeit hervortreten, so sollte der Käufer zwingend den Verkäufer kontaktieren und sicherheitshalber immer diesen zur Nacherfüllung auffordern.

Problematisch wird in derart gelagerten Fällen jedoch meist die Beweisbarkeit einer Verhaltensstörung sein, denn ein Mangel muss immer bereits bei Übergabe vorgelegen haben. Ein gerichtlicher Sachverständige wird damit beauftragt rückzudatieren, ob die Auffälligkeit bereits schon bei Übergabe vorgelegen hat.

„Superbrav“ und von „jedermann zu reiten“ … bedarf einer korrigierenden Einschränkung. Dieser Satz soll kein Freifahrtschein für Menschen sein, die überhaupt nicht reiten können und zudem über keinerlei Kenntnisse verfügen. Gewisse Grundkenntnisse sollten dennoch beherrscht werden.

Verkäufer sollten immer vorsichtig und bedacht sein und bei der Ausformulierung einer Anzeige durchaus realistisch sein und nicht zu viele Versprechungen machen.

An ein Anfänger- oder Einsteigerpferd oder ein anfängertaugliches Kinderpony sind sehr hohe Anforderungen zu stellen. Verkäufer sollten sich dies daher gut überlegen, ob sie eine derartige Eigenschaft überhaupt zusichern wollen. Gerade Ponys sind oft auch „Schlitzohren“ und eben manchmal frech und nutzen ein unerfahrenes Kinderverhalten aus. Wichtig und oberste Priorität ist eine gute fachmännische Betreuung durch erfahrene Leute die Sie und Ihr Pferd bzw. Pony ständig betreuen und Ihnen helfen, sowohl in Form von Reitunterricht als auch Korrekturberitt. Ein vor und bei Gefahrübergang (Übergabe) sehr braves und ruhiges Pferd, kann sich dennoch sehr schnell wandeln und unerwünschte Verhaltensweisen lediglich durch die Umstellung aneignen. Grundsätzlich brave und kinderliebe Ponys können ihr Verhalten ändern, diese tolle Eigenschaft kann nicht immer beibehalten werden. Pferde und oder Ponys gehören zudem nie in unerfahrene Hände. Auch sollte Eltern immer bewusst sein, dass für das noch sehr unerfahrene Kind definitiv kein Sportpony geeignet ist. Suchen Sie immer altersabhängig ein Pony und lassen sich nicht von Traum- bzw. Wunschvorstellungen leiten. Erst wenn Ihre Kinder mehr Erfahrung gesammelt haben und sich beim Reitunterricht und ggf. auf Turnieren unter Beweis gestellt haben, kann an ein „sportlicheres“ Pony gedacht werden. Zu junge Pferde und Ponys sind ebenfalls nicht von Vorteil, da diesen eben selbst Erfahrung fehlt, was in Zusammenspiel mit einem jungen, unerfahrenen Reiter durchaus gefährlich sein kann.  

Wenn ein Pferd lediglich als sehr leichtrittig und mit feinsten Hilfen auch von Kindern zu reiten sei, beworben wird, kann hieraus nicht geschlossen werden, dass das Pferd/oder Pony von jedem Kind bzw. Anfänger geritten werden kann. Auch wenn der Begriff Kind in der Annonce auftaucht, ergibt sich aus dem Zusammenhang (eine Auslegung des Einzelfalls ist sehr wichtig) eindeutig, dass es sich nicht um ein Anfängerpferd handelte. Insoweit wird durch die Beschreibung, „mit feinsten Hilfen auch von Kindern zu reiten“, gerade deutlich, dass der Reiter die Hilfengebung bereits beherrschen muss, da es ihm im Übrigen nicht möglich ist, sonst feine Hilfen zu geben. Insoweit bedeutet Leichtrittigkeit, dass beim Einsatz der richtigen Hilfen wenig Kraftanstrengung erfolgen muss. Es bedeutet jedoch nicht, dass ein Pferd besonders ruhig und gelassen ist, was typische Merkmale für ein ideales Anfängerpferd sind. Die Bezeichnung „Umsteiger- und Juniorenpferd“ knüpft ebenfalls an eine gewisse und fundierte Grundausbildung an.

Mit pauschalen Vereinbarungen der Beschaffenheit, wie zum Beispiel „für Kinder reitbar“ oder „für Anfänger geeignet“ sollte daher mit Vorsicht umgegangen werden. Pferde sind Lebewesen und können auf Grund der „normalen“ Tiergefahr eben auch unberechenbar sein.

Ob es sich bei den Äußerungen des Verkäufers: „...das Pferd sei ruhig und ausgeglichen, lasse sich problemlos im Gelände reiten und sei eine coole Socke“, um eine Vereinbarung der Beschaffenheit handelt oder der vom Käufer geltend gemachte Sachmangel unter § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB fällt, musste das LG Coburg in diesem Fall nicht entscheiden, da der Käufer nicht nachweisen konnte, dass das Pferd bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft war. Es lag vielmehr eine Fehlentwicklung nach Gefahrübergang vor. Das Pferd zeigte sich wild, störrisch und schreckhaft. Hier muss auch immer darauf geachtet werden, wer trägt im Einzelfall die Darlegungs- und Beweislast. Sprich wer – Verkäufer oder Käufer – muss beweisen, dass das Pferd bei Gefahrübergang mangelhaft war und ist. Dies kommt auch darauf an, ob es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. Um die Situation besser einschätzen zu können, sollten Sie Ihren konkreten Fall überprüfen lassen.

Sollte Ihnen als Käufer eine Fehlentwicklung bzw. ein unerwünschtes Verhalten auffallen, so können Sie sich gerne an mich wenden, ich werde Sie entsprechend beraten und ggf. Schritte gegenüber Ihrem Vertragspartner einleiten.

Schreiben Sie mir oder rufen Sie mich an.

Ihre Spezialistin in Sachen Pferderecht

Pferderechtsanwältin Jasmin Lisa Himmelsbach


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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