Die Familienpflegschaft nach § 1630 BGB oder Sorgerecht für die Tante

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Was passiert, wenn Eltern oder - wie in unserem Fall - die bisher fürsorgende Großmutter eines Kindes plötzlich gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind, ein Kind großzuziehen?

Mit Beschluss vom 02.12.2020 wurde in einem von uns vertretenen Fall dem Antrag der in Deutschland lebenden deutsch-thailändischen Pflegemutter auf Sorgerechtsübertragung gemäß § 1630 Abs. 3 BGB für ein in Thailand geborenes Kind stattgegeben. Das Kind entstammt der Beziehung thailändischer Kindeseltern, welche gemeinsames Sorgerecht innehatten. Die Antragstellerin und Pflegemutter ist die Schwester des Kindesvaters und somit die leibliche Tante des Kindes, welches aber von der Großmutter aufgezogen wurde.

Tante und Kind besaßen immer ein sehr gutes Verhältnis. Aufgrund einer fortgeschrittenen schwerwiegenden Erkrankung der Großmutter und der Weigerung der Kindeseltern, das Kind wieder bei sich aufzunehmen, verblieb dieses bei seiner Tante, welche fortan die tatsächliche Fürsorge übernahm.

Mithilfe einer Vollmacht der Eltern konnte zunächst alles akut für das Kind geregelt werden. Die Pflegemutter stellte aber mit unserer Hilfe auch einen Antrag auf Sorgerechtsübertragung, welchem die in Thailand lebenden Eltern zustimmten.

Das Familiengericht kann, wenn Eltern ein Kind für längere Zeit in Familienpflege geben, auf Antrag der Eltern oder der Pflegeperson Angelegenheiten der elterlichen Sorge auf die Pflegeperson übertragen. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg stimmte diesem Antrag zugunsten des Kindeswohls und nach Stellungnahme des Jugendamtes im Dezember 2020 zu. 

Eine sehr begrüßenswerte Entscheidung, um für Pflegemutter und Kind Rechtssicherheit zu schaffen.


AG Tempelhof-Kreuzberg, Beschluss vom 02.12.2020 - 166B F 6862/20


Nicole Rinau

Rechtsanwältin 

Fachanwältin für Familienrecht

Fachanwältin für Sozialrecht

Foto(s): @buemlein

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