Die fehlerhafte Widerrufsbelehrung/Widerrufsinformation in Verbraucherverträgen seit dem 10.06.2010

  • 3 Minuten Lesezeit

Wir haben bereits über das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 (RS C-66/19, " KSK Saarlouis") berichtet.

Worum geht es?

Danach ist die in den seit 2010 in zahlreichen Verbraucherdarlehensverträgen verwendete Widerrufsbelehrung aufgrund der sogenannten Kaskadenverweisung fehlerhaft.

Nochmals zum Hintergrund:

Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens war eine "Widerrufsinformation" aus dem Jahre 2012 der Sparkasse Saarlouis. 

Auszugsweise lautet es in der Belehrung

Widerrufsrecht

Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. […]

Das bedeutet, dass nach Meinung des EuGH eine „Widerrufsinformation“ mit einer für den Verbraucher undurchsichtigen „Kaskadenverweisung“, wie sie von der im Ausgangsverfahren beim Landgericht Saarbrücken beklagten Sparkasse in einen Darlehensvertrag für eine Immobilienfinanzierung aufgenommen worden war, gemessen an EU-Recht als unzureichend zu einzustufen ist.

Aus der EuGH-Entscheidung geht klar hervor:

„Verbraucherkreditverträge müssen in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben.“

Interessant ist an dieser Entscheidung vor allem, dass der EuGH somit das bereits im Jahre 2016 ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs kippt und somit vielen Darlehensnehmern zum Widerruf des Darlehensvertrages verhelfen kann.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind flächendeckend sämtliche Kreditinstitute, vor allem aber Volksbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken wie die PSD Bank oder die Sparda-Bank. Aber auch Onlinebanken wie die DSL und die ING DiBa sind betroffen.

Für den Verbraucher bedeutet dies:

Betroffen sind viele Millionen Verbraucherverträge. Vor allem Häuslebauer und Kfz-Besitzer können von diesem Urteil profitieren. Ebenso betroffen sind aber auch Konsumentenkredite.

In zeitlicher Hinsicht gilt dies zunächst für sämtliche Verbraucherdarlehensverträge seit dem 10.06.2010. Eine andere Rechtslage gilt aber nach dem 20.03.2016. Der deutsche Gesetzgeber führte § 356b BGB ein, wonach ein Widerrufsrecht für Neuabschlüsse auf zwölf Monate und 14 Tage beschränkt sein soll. Eine Ausnahme hiervon gilt aber wiederum bei Immobiliardarlehensverträge, welche im Fernabsatz geschlossen wurden.

Hier gilt es somit genau zu prüfen, wie der Darlehensvertrag zustande gekommen ist.

Warum sollte ich widerrufen?

In Zeiten der Niedrigzinsphase kann eine Umfinanzierung sehr lohnenswert sein. Ebenso ist zu bedenken, dass der Verbraucher auf seine bisher geleistete Tilgung einen Nutzungsersatz von dem Kreditinstitut erhält. In sehr vielen Fällen führt dies zu dem Ergebnis, dass die umzuschuldende Darlehensvaluta deutlich geringer ist als der aktuelle Darlehenssaldo ohne erklärten Widerruf.

Der Darlehensnehmer profitiert somit doppelt.

Bei Pkw-Finanzierungen hat der Verbraucher einen Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises. Besonders lukrativ kann ein Widerruf für Pkw-Besitzer sein, die ihr Kfz seit dem 21.03.2014 finanziert haben. In diesen Fällen kann es sein, dass ein Werteratz für die gefahrene Kilometer nicht zu leisten ist. Ein weiterer Vorteil des Widerrufs besteht für Autofahrer, die einen Diesel fahren und von hohen Wertverlusten betroffen sind.

Hier verweise ich auf meinen Rechtstipp vom 05.08.2018 auf anwalt.de:

https://www.anwalt.de/rechtstipps/fehlerhafte-widerrufsbelehrung-in-kfz-krediten-ermoeglicht-rueckgabe-ihres-diesel-oder-anderen-kfz_139012.html

Worauf muss ich als Verbraucher achten?

Vor Erklärung des Widerrufs sollten Verbraucher sich von einem bankrechtlich versierten Rechtsanwalt beraten lassen, damit hier keine weitreichenden Fehler gemacht werden. Der Widerruf ist eine einseitige Erklärung mit Rechten und Pflichten, die erhebliche Rechtswirkungen entfaltet, so Dr. Rädecke, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei activeLAW, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Fachanwalt für Steuerrecht. Er hat bereits über 1000 Verbraucher erfolgreich gegen Kreditinstitute vertreten.

Haben Sie Fragen? Senden Sie uns Ihre Unterlagen gern zu. Wir prüfen gern unverbindlich und kostenfrei Ihren Darlehensvertrag.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. iur Jan Rädecke LL.M.

Beiträge zum Thema