Die Täuschung des Arbeitgebers im Bewerbungsgespräch

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Sind Sie schwanger? Haben Sie einen Kinderwunsch? Wie ist Ihr gesundheitlicher Zustand? Sind Sie Gewerkschaftsmitglied? – Fragen, die in einem Bewerbungsgespräch nicht selten gestellt werden. Doch was darf mich der Arbeitgeber während eines Vorstellungsgespräches denn eigentlich fragen und kann es teilweise gerechtfertigt sein, eine Falschauskunft zu erteilen? Darf mein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden, wenn ich im Bewerbungsgespräch die Unwahrheit gesagt habe und sich dies irgendwann herausstellt?

Die Antwort ist: Es kommt darauf an. Und zwar darauf, ob es sich um eine generell zulässige, begrenzt zulässige oder generell unzulässige Frage handelt. Generell zulässig sind alle Fragen, die für die ausgeschriebene Stelle von Bedeutung sind. Hierzu gehören selbstverständlich die Qualifikation, die Ausbildung und auch das eventuelle Bestehen früherer Arbeitsverhältnisse etc. (BAG 12.02.1970 – 2 AZR 923/94). Bei den Fragen, die als begrenzt zulässig eingeordnet werden, kommt es insbesondere darauf an, ob die Frage für die zu vergebene Position von Belang ist. Eine Antwort auf die Frage nach Vorstrafen muss zum Beispiel nur beantwortet werden, wenn die Strafe im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist und das Vergehen einen Bezug zur ausgeschriebenen Stelle hat (BAG 20-03-2014 – 2 AZR 1071/12), beispielsweise darf der Bänker nach Vermögensstraftaten gefragt werden, nicht jedoch der Obstverkäufer nach Verkehrsdelikten. Die Frage nach einer Parteizugehörigkeit ist dann zulässig, wenn es sich um eine Bewerbung bei einer Partei handelt und ansonsten grundsätzlich unzulässig. Ebenso verhält es sich mit der Frage nach einer Behinderung, denn diese ist grundsätzlich unzulässig, kann jedoch ausnahmsweise aufgrund von wesentlicher und entscheidender beruflicher Anforderungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gerechtfertigt sein. Bei diesen und weiteren Fragen ist folglich eine Bewertung im Einzelfall vonnöten, die Anforderungen der zu vergebenen Stelle sind die entscheidenden Orientierungspunkte. 

Generell und ohne Ausnahme unzulässig sind Fragen bezüglich einer Schwangerschaft oder nach Kinderwünschen, denn diese gehen grundsätzlich mit einer Diskriminierung der Frau aufgrund ihres Geschlechtes einher. Ohne Ausnahme meint, dass dies auch dann gilt, wenn es sich um eine Bewerbung einer Frau um eine befristete Stelle handelt, deren Befristung den Zeitraum der Schwangerschaft komplett abdeckt (EuGH 03.02.2000 – C-207/98). Auch die allgemeine Frage nach dem Gesundheitszustand ist nicht zulässig. Solange es sich um eine nicht ansteckende Krankheit handelt, muss keine Auskunft über das Vorliegen dieser Krankheit erteilt werden. Anders verhält es sich mit ansteckenden Krankheiten, denn hier trifft den Arbeitnehmer sogar eine Offenbarungspflicht, die bei Verstoß zur Schadensersatzpflichtigkeit des Arbeitnehmers führen kann (BAG 07.02.1964 – 1 AZR 251/63). Weiterhin ist die Frage nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit, wenn sie allgemein und nicht ausschließlich aufgrund von Tarifpluralität im Betrieb gestellt wird, nicht zulässig. 

Reaktionsmöglichkeiten

Hat der Arbeitgeber dem Bewerber eine im Einzelfall unzulässige Frage gestellt, so hat der Bewerber zwei Möglichkeiten zu reagieren: Er kann den Arbeitgeber darauf hinweisen, dass die soeben gestellte Frage unzulässig ist und er diese nicht beantworten muss. Dann kann er sich allerdings fast sicher sein, dass er nicht eingestellt werden wird, denn auf der einen Seite ist es stets riskant, den Arbeitgeber schon im Bewerbungsverfahren auf Fehler hinzuweisen und auf der anderen Seite lässt dies vermuten, dass die Frage nicht beantworten werden möchte, da die Antwort den Arbeitgeber dazu verleiten würde, von einer Einstellung abzusehen. Es ist somit nicht ratsam, diese Möglichkeit zu wählen. Vielmehr darf der Bewerber in einer Situation, in der er sich wirklich sicher ist, dass die Frage unzulässig ist, auf sein Recht zur Lüge vertrauen, das ihm in solchen Situationen das Recht einräumt, die Antwort wissentlich falsch zu beantworten. Denn nur dann hat er eine tatsächliche Chance, die Diskriminierung zu vermeiden und eingestellt zu werden. 

Zwar hat die gefragte Person den Arbeitgeber in dieser Situation arglistig getäuscht, allerdings ist diese Täuschung aufgrund des Rechts zur Lüge nicht rechtswidrig. Das bedeutet, dass dem Arbeitgeber, der herausfindet, dass der Bewerber die Unwahrheit gesagt haben, verwehrt wird, das Arbeitsverhältnis anzufechten oder Schadensersatzansprüche gegen diesen geltend zu machen. Es handelt sich bei dem Recht zur Lüge somit um ein Schutzrecht, das den Bewerber bzw. späteren Arbeitnehmer vor Diskriminierungen schützen soll. Das funktioniert jedoch nur dann, wenn sich der Bewerber erstens über sein Recht auch bewusst ist, weswegen eine Aufklärung darüber von großer Bedeutung ist, und zweitens, wenn das Recht nicht missbraucht wird. Denn Achtung: Dem Bewerber, der lügt, obwohl er hätte die Wahrheit sagen müssen, kann eine fristlose Kündigung drohen. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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