Diebstahlsverdacht am Arbeitsplatz – Spindkontrolle ohne Verdächtigen vor Gericht verwendbar?

  • 2 Minuten Lesezeit

Im Sortiment eines Geschäftes fehlen seit einiger Zeit immer wieder Gegenstände. Der Mitarbeiter aus der Getränkeabteilung wird vom Arbeitgeber des Diebstahls bezichtigt. Auch Kollegen belasten den Mann, der seit 1994 in dem Cash & Carry Markt tätig ist. Deren Anschuldigungen stützen sich darauf, dass Etiketten von Kleidung, die nicht bezahlt worden war, in der Getränkeabteilung gefunden wurden, dass Verpackungen von Backwaren aus dem hauseigenen Backshop im Müll der Getränkeabteilung zu finden waren und, dass der Mitarbeiter immer mal wieder Rosinenschnecken mitgenommen hatte, ohne zu bezahlen usw. Aufgrund dieser Verdächtigungen entschloss sich der Arbeitgeber den Garderobeschrank des Mitarbeiters ohne dessen Wissen zu durchsuchen. Er bezog zwar den Betriebsrat in die heimliche Aktion ein; ob da jedoch das Beweisverwertungsverbot greift, bleibt abzuwarten.

Im Spind des Mannes wurde unbezahlte Damenunterwäsche aus dem Sortiment des Marktes gefunden. Einer angeordneten Taschenkontrolle entzog sich der Arbeitnehmer durch geschickte Flucht. Er war wohl gewarnt worden. Eine Durchsuchung seiner Wohnung brachte keine Ergebnisse. Die Unterwäsche blieb verschwunden. Der Mitarbeiter bekam die Möglichkeit, zum Diebstahl angehört zu werden, nahm sie aber nicht wahr. Der Arbeitgeber hörte den Betriebsrat bezüglich der TAT- nicht aber zur Verdachtskündigung. Der Arbeitnehmer wurde fristlos ersatzweise fristgerecht gekündigt. Im Prozess hat der Arbeitnehmer einen eventuellen Mangel an der Betriebsratsanhörung ausdrücklich nicht gerügt.

Er klagte und bekam in zwei Instanzen Recht. Jedoch blieb der Verdacht, dass der Kläger der Dieb war, bestehen. Das LAG sah die Kündigung als unwirksam an, weil zwar ein Diebstahl begangen wurde der Beweis aber heimlich erlangt worden war und daher nicht verwertbar sei.

Das BAG sah das zwar genauso, hier wurde seitens des Arbeitgebers gegen Art. 2 GG und gegen § 32 Bundesdatenschutzgesetz (Arbeitnehmerdatenschutz) verstoßen. Auch beim Verdacht auf eine strafbare Handlung muss der Arbeitgeber vorher alle milderen Mittel ausgeschöpft haben. Vorliegend sieht es das BAG so, dass der Arbeitgeber den mutmaßlichen Dieb hinzuziehen musste, als der Schrank geöffnet wurde. Im weiteren Verlauf stellte das BAG fest, (Entscheidung vom 20.06.2013 Az. 2 AZR 546/12) dass der Betriebsrat durchaus erkennen konnte, dass dem Mitarbeiter auch bei Verdacht auf eine Straftat gekündigt werden sollte. Die Parteien hätten sich nicht über mangelnde Betriebsratsanhörung gestritten. Das hätten sie tun müssen, wenn das Gericht dazu kommen würde, dass der Arbeitgeber sich auf bestimmte Kündigungsgründe mangels Betriebsratsanhörung nicht berufen darf.

Der Arbeitgeber konnte sich also auf Verdachtskündigung berufen, da der Kläger sich nicht auf ordnungsgemäße Anhörung des BR berufen hatte. Das hätte er jedoch tun sollen, dann wäre der Fall für ihn vielleicht anders ausgegangen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Sandra Flämig

Beiträge zum Thema