Dieselskandal: Entschädigung - wir unterstützen Sie bei der Geltendmachung von Schadensersatz

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THERMOFENSTER, BGH Urteile: Neubewertung vieler Fälle und mögliche Ansprüche von Millionen „Dieselfahrern“: Rechte nun prüfen lassen!

Das Thema Dieselskandal scheint die deutschen Autobauer weiterhin nicht loszulassen, sondern schwebt noch immer wie ein Damoklesschwert über den Windschutzscheiben der großen Drei: BMW, Volkswagen, Mercedes. Ist die Rechtsprechung des BGH bisher für die deutschen Autobauer überraschend, um nicht zu sagen erstaunlich positiv ausgefallen, so schaffen es neue Skandale, Verfehlungen und neue zumindest am Rande der Legalität befindliche Apparaturen und Praktiken regelmäßig wieder in die Schlagzeilen.

Causa Thermofenster

Die sogenannten Thermofenster beschäftigen bereits seit Jahren die deutschen Gerichte, wobei hier grosso modo ein Anspruch entsprechend der restriktiven Grundhaltung des Bundesgerichtshofs verneint wurde (Urt. 13.07.2021 - VI ZR 128/20, so auch OLG Koblenz, Urteil vom 21.10.2019 - 12 U 246/19). Bei Thermofenstern handelt es sich um Werkzeuge, welche die Abgasrückführung abhängig von der Temperatur regulieren und so zu einer höheren Belastung der Umwelt führen.

Ein Anspruch aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Käufer, bisher das Instrument schlechthin des BGH zur Behandlung der Dieselfälle, schied nach der Rechtsprechung des höchsten deutschen Zivilgerichts schon in Ermangelung von Sittenwidrigkeit aus. Die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung in diesen Fällen setze voraus, dass die Hersteller bei der Entwicklung der Fahrzeuge in dem Bewusstsein gehandelt hätten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß zumindest billigend in Kauf nahmen. Dies sei aber, so der VI. Zivilsenat des Bundesgerichthofs, nicht anzunehmen.

Da jedoch andererseits der BGH einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden (§ 823 BGB) bisher konsequent verneinte und hierdurch seiner vermeintlichen patriotischen Pflicht des Schutzes des ehemals letzten goldenen Kalbs der deutschen Wirtschaft nachkommt, schienen die deutschen Verbraucher ihre Thermofenster durch die Republik fahren zu müssen, ohne je mit einem finanziellen Ausgleich rechnen zu dürfen.

Intervention des EuGH

Wäre da nicht der zuverlässige Retter in der verbraucherrechtlichen Not: Der EuGH. Der EuGH kommt regelmäßig ins Spiel, wenn ein deutsches Zivilgericht in einem Streitfalle genuin europarechtliche Fragen erkennt, zwecks deren Beantwortung es den EuGH nach § 267 AEUV anrufen kann, manchmal gar muss. Da der Verbraucherschutz in Brüssel traditionell einen höheren Stellenwert genießt als in Karlsruhe, dürfen Verbraucher regelmäßig darauf hoffen, dass der EuGH interveniert und den wesentlich verbraucherunfreundlicheren Bundesgerichtshof in die Schranken weist. Und so ist es nun auch in der Causa „Thermofenster“ gekommen.

Der BGH verneinte einen Anspruch aus dem Einbau eines Thermofensters im Juli 2021 eindeutig, da im Unterschied zur „Schummelsoftware“ keine Sittenwidrigkeit vorläge. Eine Haftung aus anderen Tatbeständen (§ 823 I und II BGB) die nur Fahrlässigkeit erfordern, lehnte der BGH indes eindeutig ab und legte diese Frage nicht einmal dem EuGH vor, berief sich also auf einem klaren Fall, einen „acte clair“. Die Überheblichkeit des BGH schließt aber nicht aus, dass ein anderes deutsches Zivilgericht den EuGH in Anerkennung seiner gemeinschaftsrechtlichen Pflicht anruft. Diese Rolle übernahm wieder einmal das LG Ravensburg. Die Frage, ob eine Haftung der Autobauer auch aus einfacher Fahrlässigkeit resultieren könnte, ist dabei keine juristische Spitzfindigkeit, sondern betrifft einen Sachkomplex, der die Vervielfachung der Haftung der deutschen Autobauer in Millionen von Fällen zum Gegenstand hat.

Die Antwort des EuGH viel deutlich aus und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Ja, eine Haftung wegen des Einbaus unerlaubter Thermofenster kann auch aus einfacher Fahrlässigkeit resultieren.

Kehrtwende des BGH 

Spätestens im März war also vorprogrammiert, was sich in den gestrigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 26.6.2023, Az.: VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22) bestätigte und mindestens in Wolfsburg, Stuttgart und München für reichlich schlechte Laune sorgen dürfte: Im Zusammenhang mit den sogenannten Thermofenstern reicht bereits ein fahrlässiges Handeln der Autohersteller für eine Entschädigung aus. Sittenwidrigkeit ist nicht mehr erforderlich. Hierdurch werden die Voraussetzungen der Haftung der deutschen Autobauer in einem Ausmaß gesenkt, welches zu einer erneuten Klagewelle führen könnte. Folgerichtig befinden sich die Aktienkurse aller drei Unternehmen heute auch im Minus. Die Aktionäre wissen, was ihnen blühen könnte.

Folgen für die Verbraucher 

Was bedeutet diese Entscheidung aber für die Millionen Dieselfahrer in Deutschland? Zunächst einmal folgendes: Eine Klage gegen die Hersteller der betroffenen Modelle hat Aussicht auf Erfolg. Den Betroffenen stehen Schadensersatzansprüche zu, deren Höhe von den Gerichten individuell zu beantworten ist (§ 287 ZPO). Der Bundesgerichtshof schätzte die Ansprüche indessen bereits auf einen Betrag zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises.

Allein, dass die betroffenen Käufer Ansprüche gegen die Autobauer haben, darf nach diesem Urteil nicht mehr ohne Weiteres bestritten werden. Nach dieser Wendung ist jeder Fahrer eines Dieselmotors dazu berufen, zu prüfen, ob er zum Kreis der Betroffenen gehört und entsprechend zu reagieren. Dabei wird manch einer überrascht sein Betroffener zu sein: Nach Schätzungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sind auf deutschen und europäischen Straßen knapp 10 Millionen Diesel-PKW mit illegalem Thermofenster unterwegs.

Wir beraten Sie

Sind Sie Fahrer eines PKW mit Dieselmotor der Hersteller VW, Audi, BMW oder Mercedes? Prüfen Sie, ob auch in Ihr Modell ein sogenanntes Thermofenster eingebaut wurde. SKRADDE Rechtsanwälte hilft Ihnen dabei Ihre Ansprüche gegen den Hersteller geltend zu machen und eine angemessene Entschädigung zu erhalten. Gerne prüfen wir auch, ob ein Vorgehen in Ihrem Fall überhaupt Sinn macht. Melden Sie sich über unser Kontaktformular oder telefonisch bei uns und lassen Sie uns gemeinsam Ihre Ansprüche realisieren.  

Foto(s): ISTOCK

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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