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Annullierung einer Ehe: Wann können Sie eine Ehe aufheben lassen?

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Annullierung einer Ehe: Wann können Sie eine Ehe aufheben lassen?

Experten-Autorin dieses Themas

Stellt ein Ehegatte kurze Zeit nach der Eheschließung fest, die eheliche Lebensgemeinschaft doch nicht führen zu wollen, stellen sich die betroffenen Ehegatten häufig die Frage, wie man die Ehe am schnellsten wieder rückgängig machen kann. Das deutsche Recht sieht für die Auflösung der Ehe zwei Möglichkeiten vor, nämlich die gerichtliche Eheaufhebung oder die Ehescheidung. 

Kann man eine Ehe in Deutschland annullieren lassen?

In Deutschland sieht das Gesetz in den §§ 1313 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Möglichkeit vor, eine Ehe „aufheben“ zu lassen. Die Begrifflichkeit der „Annullierung der Ehe“ meint die Aufhebung der Ehe und ist umgangssprachlich noch sehr weit verbreitet. Die Aufhebung der Ehe kommt in Deutschland eher selten vor, da es entweder an einem nachweisbaren Grund für die Aufhebung/Annullierung der Ehe fehlt oder weil das Scheidungsverfahren doch häufig einfacher, schneller und kostengünstiger durchgeführt werden kann als das Aufhebungsverfahren.  

Unterschiede zwischen Eheaufhebung und Scheidung

Die Aufhebung der Ehe und die Scheidung der Ehe sind zwei unterschiedliche Verfahren. Der Ehegatte kann zwischen den beiden Verfahren frei wählen, wenn die jeweiligen Voraussetzungen gegeben sind. Sowohl das Eheaufhebungsverfahren als auch das Scheidungsverfahren wird nur auf Antrag beim Familiengericht durchgeführt und die Ehe kann nur durch eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden.  

Grundsätzlich gibt es in der Bundesrepublik mehr Ehescheidungen als Eheaufhebungen. Maßgeblich hierfür dürfte sein, dass der einzige Scheidungsgrund das Scheitern der Ehe ist. Für die Ehescheidung ist also Voraussetzung, dass die Ehe gescheitert und zumindest das Trennungsjahr abgelaufen ist. Im Gegensatz zur Ehescheidung bedarf es für die Aufhebung der Ehe stets eines im Gesetz aufgeführten Aufhebungsgrundes. Möchte ein Ehegatte die Ehe aufheben, muss der antragstellende Ehegatte in einem gerichtlichen Verfahren die Gründe, die zur Aufhebung der Ehe führen sollen, darlegen und beweisen. Die Beweislast für das Vorliegen eines Aufhebungsgrundes trägt also derjenige Ehegatte, der die Eheaufhebung gerichtlich betreibt.  

Für das Scheidungsverfahren gibt es keine gesetzlichen Fristen. Voraussetzung für die Scheidung ist lediglich, dass die Trennungszeit eingehalten ist. Für die Aufhebung der Ehe gibt es nach § 1317 BGB Antragsfristen zu beachten, die für den Fall von Willensmängeln bei der Eheschließung gelten. Die Antragsfrist für Aufhebungsverfahren bei einer arglistigen Täuschung beträgt beispielsweise ein Jahr und beginnt ab Kenntnis der Täuschung zu laufen. Die Antragsfrist von drei Jahren ist bei widerrechtlichen Drohungen zu beachten. Im Übrigen gelten für andere Aufhebungsgründe keine Fristen, wie beispielsweise bei dem Vorliegen einer Scheinehe. Werden diese gesetzlichen Fristen nicht beachtet und versäumt, führt dies zum Ausschluss des Eheaufhebungsrechts. Eine Ehescheidung ist weiterhin möglich, da diese an keine Antragsfristen gebunden ist. 

Annullierung der Ehe vor dem Standesamt oder der Kirche?

Die vor dem Standesamt geschlossene Ehe kann nicht vor dem Standesamt widerrufen oder annulliert werden. Das deutsche Recht sieht keine Möglichkeit vor, die Ehe durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt aufzulösen. Für die Aufhebung der Ehe ist allein das Familiengericht zuständig und die Ehe wird durch einen richterlichen Beschluss aufgehoben oder geschieden. Selbst wenn ein Ehegatte sofort nach der standesamtlichen Trauung die Eheschließung bereut, ist immer das gerichtliche Verfahren einzuhalten.  

Eine standesamtliche Eheschließung kann auch nicht durch eine Erklärung vor der Kirche annulliert werden. Die standesamtliche bürgerliche Trauung und die kirchliche Trauung sind zwingend zu unterscheiden. Sind die Ehegatten vor der katholischen Kirche getraut worden, so besteht zusätzlich zur zivilrechtlichen Scheidung vor dem Familiengericht die Möglichkeit, ein kirchenrechtliches Ehenichtigkeitsverfahren vor dem zuständigen Gericht der katholischen Kirche zu betreiben, um später erneut kirchlich getraut werden zu können.  

Gründe für die Annullierung der Ehe

In § 1314 BGB sind die Gründe für die Aufhebung der Ehe abschließend aufgelistet. Gründe für die Aufhebung (umgangssprachlich Annullierung) der Ehe sind beispielsweise: 

Minderjährigkeit ab 16 Jahren 

Wird die Ehe mit einem Minderjährigen geschlossen, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, stellt dies einen Aufhebungsgrund dar. Dieser Fall betrifft häufig eher ausländische Eheschließungen, da ein deutscher Standesbeamter einen Minderjährigen nicht trauen würde. Schließen Minderjährige unter 16 Jahren die Ehe, ist diese Eheschließung nach § 1303 Satz 2 BGB generell unwirksam. Eine derartige Ehe gilt als von vornherein nicht existent und muss nicht aufgehoben beziehungsweise annulliert werden. Es wird dann festgestellt, dass die Ehe nichtig ist. 

Doppelehe (Verschweigen einer bestehenden Ehe) 

Nach § 1306 BGB besteht das Verbot der Doppelehe. Allerdings ist hier zu beachten, dass im Ausland nach fremdem Recht wirksam eingegangene Mehrehen auch in Deutschland wirksam sind und bislang nicht aufgehoben werden können. 

Arglistige Täuschung 

Ein häufig anzutreffender Fall bei der Aufhebung der Ehe ist die arglistige Täuschung. Nach § 1314 II Nr. 3 BGB kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten. Nach der herrschenden Rechtsprechung führt nicht jedes Flunkern eines Ehegatten zu einem Aufhebungsgrund wegen arglistiger Täuschung, da mit gewissen Enttäuschungen, Schwächen oder Lügen eines Partners zu rechnen sei. Dabei kann es zum Beispiel um falsche Angaben über den angeblich früher ausgeübten Beruf des Ehegatten oder falsche Angaben zur Religionszugehörigkeit gehen. 

Eine arglistige Täuschung kann beispielsweise vorliegen bei vorsätzlichem Verschweigen von  

  • Straftaten 

  • der bestehenden Schwangerschaft von einem anderen Mann 

  • dem Vorhandensein von minderjährigen Kindern 

  • erheblichen Krankheiten, wie beispielsweise einer HIV-Infektion oder Erbkrankheiten 

Vorliegen einer Scheinehe 

Eine Ehe kann ebenfalls aufgehoben werden, wenn bei beiden Ehegatten Einigkeit bei der Heirat darüber bestand, dass sie keine Ehe auf Lebenszeit schließen wollten (§ 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das bezeichnet man als sogenannte Scheinehe. Diese liegt beispielsweise vor, wenn einem ausländischen Partner allein die Einreise oder der Aufenthalt in Deutschland ermöglicht werden soll (gegen Zahlung von Entgelt). 

Weitere Gründe 

Das Gesetz kennt noch weitere Gründe, wie beispielsweise die Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit oder wenn ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt, sowie wenn ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch widerrechtliche Drohung bestimmt worden ist. Diese Fälle sind allerdings aufgrund der Prüfungspflichten des Standesbeamten vor der Ehe und während der Trauung äußerst selten und dürften in der Praxis heutzutage kaum vorkommen. Eine Drohung ist in der Regel ebenfalls sehr schwer nachzuweisen. 

Was kostet es, eine Ehe annullieren zu lassen?

Die Kosten der Eheaufhebung richten sich nach § 132 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Die Kosten des Verfahrens sind gegeneinander aufzuheben, sodass jeder Ehegatte seine eigenen Anwaltskosten trägt und die Gerichtskosten hälftig geteilt werden. Hierzu gibt es aber eine Ausnahme: Das Gericht kann die Kosten nach billigem Ermessen anderweitig verteilen, wenn dies im Hinblick darauf als unbillig erscheint, dass bei der Eheschließung ein Ehegatte allein die Aufhebbarkeit der Ehe gekannt hat oder ein Ehegatte durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung seitens des anderen Ehegatten oder mit dessen Wissen zur Eingehung der Ehe bestimmt worden ist. 

Der Verfahrenswert wird wie im Ehescheidungsverfahren nach dem dreifachen Nettomonatseinkommen beider Ehegatten bemessen, zuzüglich bis zu 10 % vom gemeinsamen Vermögen der Ehegatten abzüglich eines Schonbetrages.  

Ehe annullieren oder Scheidung: Hat man die Wahl?

Jeder Ehegatte hat die Wahl, ob er ein Scheidungsverfahren oder ein Eheaufhebungsverfahren betreiben möchte. Beide Verfahren können auch nebeneinander beantragt werden. Entscheidet sich der Ehegatte für das Eheaufhebungsverfahren, trägt dieser die Darlegungs- und Beweislast für den Aufhebungsgrund, was mit zusätzlichen Kosten für Gutachten und Zeugen verbunden sein kann. Die Eheaufhebung kann angesichts dessen auch zu einer langen Verfahrensdauer und zu nervenaufreibenden und belastenden Auseinandersetzungen führen. 

Die Ehescheidung dagegen ist nicht an einen bestimmten anderen Grund gebunden, außer dem Scheitern der Ehe – lediglich die Trennungszeit ist zu beachten. Falls der Aufhebungsgrund der Scheinehe oder der arglistigen Täuschung nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden kann, wird der Eheaufhebungsantrag kostenpflichtig abgewiesen. 

Daher ist in jedem Einzelfall sorgfältig abzuwägen, ob ein Antrag auf Aufhebung der Ehe oder die Ehescheidung beantragt werden soll und ob das Aufhebungsverfahren eine schnellere und bessere Alternative zur Scheidung darstellt. In der Praxis hat sich gezeigt, dass das Ehescheidungsverfahren oftmals eine bessere Alternative darstellt.

Foto(s): ©Adobe Stock/oksix

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