Ein Stich in die Brust – Mord, Totschlag und Notwehr § 32 StGB

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Eine eigentümliche Freundschaft verbindet Täter und Opfer. Nach einem gemeinsamen Haftaufenthalt kamen die beiden Freunde in der Wohnung eines weiteren Freundes unter. Doch es kam immer wieder zu Streitereien zwischen den Freunden. So auch am Tattag.

Der Täter spricht von Notwehr.

Er habe den Freund, der mit einem Messer vor ihm herumfuchtelte, lediglich auf Abstand halten wollen. Deshalb habe er sich zur Verteidigung ein Messer aus der Küche geholt und Abwehrbewegungen gegen das Opfer geführt.

Dabei sei es zu dem lebensbedrohlichen Stich unterhalb des linken Brustmuskels gekommen, der die Lunge perforierte. Das Leben des Opfers konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden.

Notwehr und Nothilfe

Die Notwehr ist in § 32 StGB geregelt. Danach handelt nicht rechtswidrig, wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist. Als Notwehr versteht man dabei die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Bei der Notwehr handelt es sich um einen sogenannten Rechtfertigungsgrund. Der Verteidiger wird durch diesen nicht nur straflos gestellt, er erhält hierdurch ausdrücklich das Recht einen Straftatbestand zu erfüllen und Rechtsgüter des Angreifers zu verletzen.

Voraussetzung für eine Rechtfertigung nach § 32 StGB ist zunächst das Vorliegen einer Notwehrlage. Eine solche ist gegeben, wenn ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff gegen den Verteidiger vorliegt.

Richtet sich der Angriff hingegen gegen einen Dritten, so spricht man von Nothilfe. Grundsätzlich werden sowohl an die Notwehr, als auch an die Nothilfe dieselben Anforderungen gestellt.

Der gegenwärtige rechtswidrige Angriff

Damit ein Angriffsverhalten als „rechtswidrig“ qualifiziert werden kann, muss die Beeinträchtigung von Rechtsgütern wenigstens objektiv vorhersehbar sein. Ein Angriff muss zudem den Minimalanforderungen eines willensgesteuerten menschlichen Verhaltens entsprechend.

Daher stellen solche Fälle, die lediglich als Reflexe, Bewegungen im Schlaf oder epileptische Anfälle zu qualifizieren sind, keinen Angriff dar. Auch Tierangriffe stellen, anders als der Wortlaut es vermuten lässt, keinen Angriff im Sinne des § 32 StGB dar, da es hier an einem menschlichen Verhalten fehlt. In einem solchen Fall wäre vielmehr § 228 BGB die einschlägige Rechtfertigungsnorm.

Für die Gegenwärtigkeit des Angriffs ist eine notwendige zeitliche Nähe des Angriffs erforderlich. Ein Angriff ist daher gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert.

Die Notwehrhandlung

§ 32 StGB setzt voraus, dass sich die Notwehrhandlung erforderlich und geboten war, um sich gegen den Angriff zu verteidigen.

Der Verteidiger muss daher zum einen unter mehreren alternativ zur Verfügung stehenden Mitteln dasjenige auswählen, welches eine sichere, sofortige und endgültige Abwehr des Angriffs erwarten lässt. Versprechen mehrere Mittel in gleicher Weise den bestmöglichen Abwehrerfolg, so hat der Verteidiger das mildeste Mittel zu wählen.

Zum anderen darf das Notwehrrecht im Rahmen der Gebotenheit nicht ausnahmsweise eingeschränkt sein. Beispielsweise besteht eine Einschränkung des Notwehrrechts bei schuldlos handelnden Angreifern oder der fahrlässigen Provokation des Angriffs.

Wir helfen Ihnen gerne

Gerne prüfen wir für Sie, ob in Ihrem Fall eine Rechtfertigung ihres Verhaltens durch Notwehr vorgelegen hat. Insbesondere in diesem Bereich kommt es auf ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl an. Daher sollten Sie sich umgehend an einen erfahrenen Strafverteidiger wenden, wenn Sie Kenntnis von einem Ermittlungsverfahren gegen Sich erlangt haben.

Gerne können Sie hierfür kurzfristig einen Termin in einer unserer Berliner Kanzleien vereinbaren. Als bundesweit tätiger Anwalt für Strafrecht stehe ich Ihnen gerne in allen Abschnitten des Strafverfahrens zur Seite, prüfe mögliche Rechtfertigungsgründe und entwickle mit Ihnen gemeinsam Ihre persönliche Verteidigungsstrategie.


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