Erfinden in der Gruppe - gemeinsam erfinden?

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In einer Vorlesung motivierte der Autor ein Team von 16 Studenten dazu, jeweils eine Erfindung zu entwickeln und dafür ein Patent anzumelden, wobei jeder Student ein individuelles Problem löste. Um die Herausforderungen, die das Arbeitnehmererfindergesetz bezüglich der Patentanmeldung und der Erfinderschaft in Gruppen aufwirft, zu überwinden, wurde eine Methode angewandt, bei der im Voraus vereinbart wurde, dass alle Teilnehmer gleichberechtigt an einer Gruppenerfindung beteiligt sind. Diese Regelung umfasste, dass jedem Teilnehmer ein spezifischer Erfindungsbereich zugesprochen wird und Beiträge anderer zu diesem Bereich nicht individuell angemeldet werden dürfen. Diese Vorgehensweise förderte die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe und verhinderte Konkurrenzdenken sowie Streitigkeiten über die Erfinderschaft, da alle Teilnehmer sich gerecht behandelt fühlten. Das bevorzugte Ergebnis war, dass die Erfindungspatente von denen angemeldet wurden, die sich am intensivsten mit der Lösung und dem jeweiligen Erfindungsbereich auseinandergesetzt haben.

Wie motiviere ich ein Team zum Erfinden? Wie überwinde ich dabei die zum Teil kontraproduktiven Regeln des Arbeitnehmererfindergesetzes?


Vorlesung

Der Autor hat ein Team von 16 Studenten im Rahmen einer Vorlesung in einem Wintersemester dazu motiviert, 16 Patentanmeldungen einzureichen. Jeder hat ein Problem durch eine Erfindung gelöst, die Lösung recherchiert, ein Patent angemeldet und in einem Pitch dem Gründerzentrum vorgestellt.


Rechtslage

Nach dem Patentgesetz liegt das Recht zum Anmelden beim Erfinder. Dieses Recht kann nach dem Arbeitnehmererfindergesetz auf den Arbeitgeber übergehen. Wenn eine Gruppe etwas erfindet, dann muss genau ermittelt werden, wer aktiv miterfunden hat und wer was erfunden hat.


Praxis

In der Praxis sollten zwar immer wieder Gruppen zusammen eine Lösung finden und sich dabei unterstützen. Wenn einer in der Gruppe aber eine gute Idee hat, dann steht nur diesem Einen das Recht auf das Patent zu. Dies kann dazu führen, dass sich die Gruppe nicht gegenseitig unterstützt, dass einer sich mit seiner Idee in der Gruppe profilieren möchte und dass es Streit in der Gruppe gibt. Außerdem erscheint es ungerecht, wenn in einer Gruppe viele Lösungsmöglichkeiten diskutiert werden und einer daraus eine Lösung ableitet und diese für sich beansprucht.


Aufgabe

Viel schöner wäre es in vielen Fällen, wenn die Gruppe zu einem Team zusammenwachsen würde, das konstruktiv zusammenarbeitet, ohne dass einer befürchten muss, einem anderen gegenüber benachteiligt zu werden.


Lösung

Eine beliebte Lösung liegt darin, dass im vornhinein vereinbart wird, dass alle Teilnehmer an einer Erfindung zu gleichen Teilen beteiligt sind, wenn bei der Arbeit in der Gruppe eine Erfindung entsteht. Dies ist aber rechtlich angreifbar, da dann dem Patentamt gegenüber eine Person als Erfinder angegeben wird, die möglicherweise tatsächlich gar kein Erfinder ist. Wenn diese Regelung Auswirkungen auf die Erfinderschaft zu einem besonders wichtigen Patent hat, dann könnte dies zu einem sehr späten Zeitpunkt zu Streitigkeiten führen. Hat der Erfinder tatsächlich aus freiem Willen heraus dieser Vereinbarung zugestimmt oder gab es einen Gruppenzwang, dem sich der Erfinder nicht widersetzen konnte? Gibt es nicht trotzdem einen wahren Erfinder und war es zulässig, diesem Erfinder sein Recht wegzunehmen?


Umsetzung

Wir haben in der Gruppe vereinbart, dass jeder Teilnehmer beanspruchen kann, dass ihm zu einer Lösung ein Erfindungsbereich zugesprochen wird. Das wird in einem Protokoll vereinbart und jeder, der zu dieser Lösung noch etwas beiträgt, hat kein Recht mehr, dazu etwas auf seinen eigenen Namen anzumelden. Somit hatten alle die gleichen Voraussetzungen und wir hatten bald Erfindungsbereiche für jeden Teilnehmer. Jeder, der zu einem Erfindungsbereich eines anderen Teilnehmers etwas beigetragen hat, durfte dies nicht auf seinen Namen anmelden. Die Regelung war so lange wirksam wie die Gruppe zusammengearbeitet hat. Wenn jemand sich entscheiden sollte, eine Idee während der Zusammenarbeit zurückzuhalten und nach der Zusammenarbeit für sich zu beanspruchen, dann war dies möglich.


Ergebnis

In der Praxis führte dies dazu, dass jeder Erfindungsbereiche beansprucht hat und jeder gerne auch dem anderen auf dessen Erfindungsbereich geholfen hat. Alle haben sich gerecht behandelt gefühlt. Und letztendlich wurden die Schutzrechte auch von demjenigen angemeldet, der sich am meisten um diese Lösung und diesen Erfindungsbereich gekümmert hat.       



Foto(s): Dr. Castell


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