Erwerbsminderungsrente - Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen

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Wir wollen uns erneut mit dem Thema der Erwerbsminderungsrente beschäftigen:

Immerhin ist fast jeder fünfte neue Rentner ein Bezieher einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Wir treffen immer wieder folgende Situation an:

Der Beschäftigte leidet unter verschiedenen einzelnen Beeinträchtigungen, beispielsweise im orthopädischen Bereich, im Bereich der Psyche und versehen mit einer verringerten Leistungsfähigkeit von Herz und Lunge.

Im Verfahren werden Sachverständigengutachten der unterschiedlichen Fachrichtungen eingeholt, die allesamt feststellen, jeweils aus ihrer Fachrichtung bestehe zwar eine qualitative Einschränkung, insgesamt könnten jedoch leichte Tätigkeiten vollschichtig, also 6 Stunden und mehr verrichtet werden.

Was macht regelmäßig der Rentenversicherungsträger?

Nun: Die beantragte Rente wird abgelehnt, alle Sachverständige hätten bestätigt, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen, wenn auch unter Einschränkungen gegeben sei.

In diesen Fällen ist es stets sinnvoll, Widerspruch einzulegen oder auch vor dem Sozialgericht zu klagen.

Aus welchem Grund?

Nach der maßgeblichen Vorschrift besteht ein Anspruch auf Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente auch dann, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich berufstätig zu sein.

Wir sind daher bei der Frage:

Was sind jetzt die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes?

Nun: Zunächst geht das Bundessozialgericht davon aus, dass der Arbeitsmarkt auch für leichte Tätigkeiten grundsätzlich offen ist, also eine Vermittelbarkeit besteht.

Es könne aber eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bestehen, die über das Erfordernis leichter Arbeit hinausgehen müssen.

Diese Voraussetzung bestehe, wenn die so genannte Wegefähigkeit fehle, also der Versicherte die Arbeitsstelle nicht aufsuchen könne. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn 4 x täglich 500 Meter nicht in 30 Minuten zurückgelegt werden können.

Außerdem liege ein Seltenheitsfall vor, wenn der Versicherte die in den Betrieben üblichen Pausen nicht einhalten könne. Hier ist etwa an Schwierigkeiten im Magen – Darm – Bereich zu denken oder auch die Folgen einer Schlafapnoe.

Weitere so genannte Katalogfälle sind nach der Rechtsprechung die Einsetzbarkeit von Versicherten

  1. nur in einem Teilbereich des Tätigkeitsfeldes
  2. auf Schonarbeitsplätzen
  3. auf Arbeitsplätzen, die nicht an Berufsfremde vergeben werden
  4. in Aufstiegspositionen
  5. auf Arbeitsplätzen, die nur in ganz geringer Zahl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommen.

Bei diesen weiteren Seltenheitsfällen verlangen die Sozialgerichte, dass der Rentenversicherungsträger konkrete Verweisungstätigkeiten benennt. Hieran fehlt es oft.

Es bleibt also schwierig und spannend.

Wie werden die Rentenversicherungsträger mit der weiter ansteigenden Anzahl von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen umgehen?

Wie wird sich die Tendenz zu mehr Home Office Arbeitsplätzen auswirken? Welche Rolle spielt etwa dann noch die Notwendigkeit vermehrter Pausen?

Bleiben Sie gesund! Bis bald!


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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