EuGH vom 18.07.2013: UEFA unterliegt im Streit um Fernsehübertragungsrechte

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Mitgliedstaaten der Europäischen Union dürfen Endrundenspiele der Fußball-Europameisterschaft als Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung im Sinne der EU-Richtlinie 89/552/EG einstufen und die exklusive Übertragung durch Pay-TV-Sender ausschließen. Die UEFA unterlag damit im Rechtsstreit mit Großbritannien und Belgien, welche bestimmte Spiele der Europameisterschaft als derartig bedeutsame Ereignisse für die Gesellschaft gelistet hatten.

1. Zum Hintergrund

Ausgangspunkt des Streites ist die Richtline 89/552/EG über die Ausübung der Fernsehtätigkeit. Nach Art. 3a dieser Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Sicherstellung des Rechtes auf Informationen ergreifen und der Öffentlichkeit Zugang zur Fernsehberichterstattung über Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung verschaffen. Hierfür können die Mitgliedstaaten entsprechende Ereignisse auflisten, bei denen dann keine Exklusivübertragung möglich ist. Vielmehr müssen die gelisteten Ereignisse für die breite Öffentlichkeit durch frei zugängliche Fernsehberichterstattung verfügbar sein.

Großbritannien und Belgien haben diesbezügliche Listen erstellt und diese der Kommission übermittelt. Darin aufgeführt war insbesondere die Endrunde der Fußball-Europameisterschaft. Die Kommission hatte sodann festgestellt, dass die Listen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar seien. Gegen diesen Beschluss hatte die UEFA geklagt und nach Klageabweisung Rechtsmittel beim EuGH eingelegt.

Nach Auffassung der UEFA werden durch die Listen von Großbritannien und Belgien der freie Dienstleistungsverkehr, der freie Wettbewerb auf dem europäischen Markt sowie ihr Eigentumsrecht eingeschränkt. Zudem seien nicht alle Endrundenspiele der Europameisterschaft von gleicher gesellschaftlicher Bedeutung, weshalb sie nicht pauschal als Ereignisse von erheblicher Bedeutung im Sinne der Richtlinie eingestuft werden dürften.

2. Entscheidung des EuGH

Zu diesen vorgebrachten Rechtsmittelgründen der UEFA stellte der EuGH Folgendes fest: Der freie Dienstleistungsverkehr, der freie Wettbewerb und die Eigentumsfreiheit werden durch Maßnahmen nach Art. 3a der Richtlinie beeinträchtigt. Soweit diese Beeinträchtigungen aber nicht über die Auswirkungen hinausgehen, die untrennbar mit der Listung von Ereignissen von erheblicher Bedeutung zusammenhängen, sind sie durch das Ziel gerechtfertigt, das Recht auf Informationen zu schützen. Die UEFA hat weitergehende Beeinträchtigungen nicht geltend gemacht.

Die Einstufung von Ereignissen von erheblicher Bedeutung ist allein Sache der Mitgliedstaaten, die hier einen weiten Beurteilungsspielraum haben. Die Kontrolle der Kommission ist auf offensichtliche Beurteilungsfehler beschränkt. Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission aber ihre Gründe vorlegen, weshalb sie ein Ereignis als bedeutsam erachten. Eine ausreichende Begründung bezüglich der Endrundenspiele der Europameisterschaft war von Großbritannien und Belgien nicht erfolgt. Das Gericht teilt grundsätzlich die Ansicht der UEFA, dass die Europameisterschaft in Phasen und Spiele eingeteilt werden kann, welchen unterschiedliches Interesse in der Bevölkerung zukommt. Trotzdem hat die fehlende Begründung der Mitgliedsstaaten für die Listung der Endrunde im vorliegenden Fall keine Auswirkungen. Aus den Akten ergibt sich nämlich, dass die Endrundenspiele bei der Bevölkerung sehr populär sind und nicht nur von denjenigen, die sich sowieso für Fußball interessieren, verfolgt werden. Daher war ihre Aufnahme in die Liste beurteilungsfehlerfrei. Insgesamt wies der EuGH die von der UEFA eingelegten Rechtsmittel daher zurück.

3. Fazit

Das Urteil zeigt, dass den Mitgliedsstaaten bei der Bestimmung von Ereignissen von erheblicher Bedeutung ein weitreichender Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. Der EuGH unterstreicht die Wichtigkeit der öffentlichen Zugänglichkeit zur Fernsehberichterstattung über gesellschaftliche und sportliche Großereignisse und das Recht auf Informationen, welche im Zweifel höher wiegen als der freie Wettbewerb und das gewinnbringende Geschäft mit den Rechten zur Exklusivübertragung.

Der vorliegende Fall zeigt, dass im Wettbewerbsrecht ebenfalls auch die Interessen der Bevölkerung an Informationen eine Rolle spielen.

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