Fake-News zu Art. 13 der EU-Urheberrechts-Richtlinie: Wer haftet? Die Kreativen oder YouTube?

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Aktuell ist eine Diskussion um YouTube und die Folgen des europäischen Urheberrechts für die Kreativen entbrannt.

Was ist passiert?

Nun, es geht mal wieder um die leidliche Haftungsfrage für fremde Inhalte. Das betrifft alles, was etwa bei YouTube heraufgeladen wird. Bislang sind Plattformbetreiber wie YouTube, Twitter usw. über § 8 TMG privilegiert: Solange sie fremde Daten nur durchleiten, können sie für deren etwaige Illegalität nicht selbst verantwortlich gemacht werden.

Möglich ist unter bestimmten engen Voraussetzungen die Verpflichtung etwa von YouTube, illegale Inhalte sperren zu müssen, § 7 Abs. 4 TMG. Ansonsten gilt der Grundsatz des § 8 TMG: keine Haftung für fremde Inhalte. Eigene Haftung kann hier erst dann entstehen, wenn Kenntnis über derartige Inhalte besteht und trotz Aufforderung nicht gehandelt wird (Störerhaftung).

Was nun fürchten die Kreativen?

Nicht mehr als gleich 3 (!) Entwürfe zur Verschärfung des europäischen Urheberrechts im digitalen Binnenmarkt (jeweils Art. 13). Allen dreien ist gemeinsam, dass der Upload etwa für YouTube nur noch dann urheberrechtskonform ist, wenn YouTube eine Lizenzvereinbarung mit dem Urheber geschlossen hat.

Wird also fremder urheberrechtlich geschützter Content von Kreativen hochgeladen, so soll das neue Recht zur Anwendung kommen und eine Haftung von YouTube für illegale Inhalte ermöglichen. Gut für die Kreativen? An sich schon…

Aber YouTube hat nun öffentlich reagiert und über seinen Vorstand (Susan Wojcicki) mitteilen lassen, die Änderungspläne der EU „could drastically change the internet that you see today“. Danach sei es in Zukunft nur noch möglich, Content von wenigen großen Firmen zu hosten, denn „it would be too risky for platforms to host content from smaller original content creators, because the platforms would now be directly liable for that content“.

Hier wird ganz klar ein Bedrohungsszenario aufgebaut, dass sich gegen die eigene Community wendet und diese zugleich instrumentalisiert. Kleineren Channels gibt Wojcicki auf YouTube danach keine Chance mehr. Das ist doppelt bitter, denn bislang haften die Kreativen für Urheberrechtsverstöße in ihren Channels.

Deckt sich dieses Szenario mit den 3 Entwürfen?

Art. 13 Nr. 2a. des recht strengen Entwurfs des EU-Parlaments sagt klar und deutlich, dass urheberrechtlich geschützte Werke, für deren Nutzung keine Zustimmung des Urhebers erteilt wurde, etwa bei YouTube nicht verfügbar sind.

Ob das praktikabel ist, darf bezweifelt werden, da sämtlicher Content lizenziert werden müsste. Nach den Entwürfen der EU-Kommission und des EU-Ministerrats machen die Plattformbetreiber die Werke in Zukunft selbst öffentlich, greifen damit also direkt in das Urheberrecht ein. Die Kommission fordert Lizenzen und sog. Upload-Filter zu deren Kontrolle; ohne Lizenz müssen illegale Inhalte geblockt werden, anderenfalls haftet etwa YouTube. Auch der Ministerrat verlangt Upload-Filter. Allerdings gibt es zwei Haftungserleichterungen.

Fakt ist: Die Lizenz kommt.

Fraglich ist, welche Haftungserleichterungen für die Plattformbetreiber bestehen werden. Daran wird sich das rein kommerziell orientierte Geschäft etwa von YouTube ausrichten. Vor dem Hintergrund, dass die Mehrheit des Contents auf YouTube illegal sein dürfte, kann es für Kreative durchaus schwierig werden.

Die Änderung des Urheberrechts kommt 2019. Bleibt YouTube bei seiner harten Haltung, so kann es durchaus zu Problemen mit dem einen oder anderen Channel kommen. Und was machen Facebook & Co? Zeit, Ihren Channel rechtlich korrekt zu positionieren. Wir beraten Sie gerne dazu!

Update vom 15.11.2018:

Wojcicki hat ihre Bedenken insbesondere gegen den Entwurf der EU-Kommission bekräftigt. In einem Artikel der Financial Times (FT) sagt sie, Art. 13 des Entwurfs führe zu finanziellen Verlusten der Plattformbetreiber. Zudem bekräftigt sie das Szenario, in dem in Europa viele Inhalte geblockt sein könnten. Zudem verweist sie erneut auf das unternehmenseigene Filterprogramm „Content ID“, das aber nur für Musikdateien zum Einsatz kommt.

Update vom 11.04.2019:

Art. 13 der Entwürfe ist nun Art. 17. Die Vorschrift enthält satte 10 Absätze. Wie üblich, ist das Wording ungenießbar. Fängt man von hinten an, so ist die Vorschrift binnen 24 Monaten in nationales Recht umzusetzen. Und zum zentralen Absatz 4 sollen "Leitlinien" entwickelt werden. Absatz 1 macht die "Diensteanbieter" zu urheberrechtlich Handelnden und Verantwortlichen. Insofern benötigen sie für bei ihnen veröffentlichten Content Lizenzen der Urheber. Fehlt es an der Lizenz, etwa weil sie verweigert wird oder der Urheber nicht ermittelbar ist, ist der Content illegal. Der Dienstanbieter haftet aber dann nicht, wenn er 3 Bedingungen erfüllt: 1. er muss sich intensiv um die Lizenz bemüht haben, 2. illegalen Content mittels "hoher branchenüblicher Standards" blocken und 3. illegale Uploads nach Kenntnis sofort blocken/löschen (Absatz 4). Die Mittel lässt der Gesetzgeber offen; allerdings ist das hier der Raum für Uploadfilter. Diese Verpflichtung betrifft alle Diensteanbieter, die länger als 3 Jahre am Markt sind und einen Jahresumsatz von mehr als 10 Mio. € haben. Hat der Diensteanbieter mehr als 5 Mio. User, so muss er zusätzlich die Voraussetzungen der von 2. (das sind die branchenüblichen Standards zum filtern) nachweisen (Absatz 6).

Die Vorschrift wirft eine Menge Fragen der Qualität auf, die sich weder durch die Erwägungsgründe (= Gesetzesbegründung) noch durch die Leitlinien klären werden.



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