Familienheim – unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken bestimmt?

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Im Rahmen einer Erbschaft ist die Übertragung von Immobilien grundsätzlich der Erbschaftsteuer unterworfen. Es existiert jedoch eine besondere Ausnahme, verankert im § 13 Abs. 1 Nr. 4c des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG). Der Artikel bezieht sich im Folgenden auf die Kinder des Erblassers (im Folgenden als "die Erben" bezeichnet). Erben iSd § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, welche ein Haus oder eine Wohnung in Deutschland oder einem EU-Land erben, sind ausnahmsweise von der Erbschaftsteuer befreit, sofern der Verstorbene darin seinen Wohnsitz hatte (Familienheim).

Um in den Genuss einer Steuerbegünstigung für das sog. Familienheim zu kommen, ist der Erbe jedoch dazu verpflichtet unverzüglich anzuzeigen, dass er das Wohnobjekt zu eigenen Wohnzwecken nutzen möchte.

Doch wie sieht es aus, wenn das Objekt noch umfangreich renoviert wird? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit das sog. Familienheim unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken bestimmt wird?  

Hierüber entschied das Finanzgericht Münster und differenzierte dabei zwischen Verzögerungen, die nach der Verkehrsanschauung als unangemessen anzusehen sind und Verzögerungen, welche nur durch kostenintensivere Maßnahmen umgangen werden könnten.


Tatsächliche Nutzung zu Wohnzwecken 

Zunächst muss anhand äußerer Umstände festgestellt werden können, ob der Erbe das Familienheim selbst nutzen möchte.

Erforderlich hierfür ist, dass der Erbe in die Wohnung einzieht und sie als Familienwohnheim für eigene Zwecke nutzt. Dabei reicht es gerade nicht aus, die Absicht eines Einzuges kundzutun. Vielmehr ist ein tatsächlicher Einzug erforderlich. Die Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke muss sodann „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) erfolgen.

Angemessen ist regelmäßig ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten nach dem Erbfall. Dieser Zeitraum ist dafür gedacht, dass der Erbe prüft, ob er einziehen möchte, ob hierfür entsprechende Renovierungsarbeiten vorgenommen werden müssen und um den Umzug durchzuführen.


Renovierungen

Kommt es nun zu Verzögerungen – zum Beispiel durch Renovierungsarbeiten – wodurch die Selbstnutzung erst nach Ablauf der sechs Monate möglich ist, so muss der Erbe darlegen und glaubhaft machen, wann er sich zur Selbstnutzung entschlossen hat, warum ein früherer Einzug nicht möglich war und warum er diesen Grund nicht zu vertreten hat.

Dabei obliegt es dem Erben die Renovierungsarbeiten zeitlich so zu fördern, dass es nicht zu Verzögerungen kommt, die als unangemessen angesehen werden.

Um eine zeitliche Beschleunigung zu erreichen, muss allerdings kein unverhältnismäßiger Aufwand betrieben werden. Es müssen lediglich alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen werden.

So hat der Erbe Verzögerungen nicht zu vertreten, wenn er die Arbeiten zwar unverzüglich in Auftrag gegeben hat, die Handwerker sie aber zum Beispiel auf Grund von einer hohen Auftragslage nicht rechtzeitig ausführen konnten.

Zu beachten ist dabei, dass dem Erben dabei die Beweislast obliegt. Je größer der zeitliche Abstand zwischen Erbfall und dem tatsächlichen Einzug ist, desto höher sind die Anforderungen an die Darlegung des Erben.


200 qm-Begrenzung und 10 Jahres-Frist 

Für erbende Kinder muss eine Höchstgrenze der Wohnfläche beachtet werden. Diese liegt bei 200 qm, § 13 Abs. 1 Nr. 1c ErbStG. Wird dieser Wert überstiegen, so entfällt die Steuerbefreiung allerdings nur anteilig. Liegt das Familienheim bei 300 qm, so würden nur die 100 qm, also ein Drittel der Immobilie der Erbschaftsteuer unterliegen. Wichtig ist, dass die Wohnflächenbegrenzung auf das Objekt bezogen ist, sich also bei mehreren Nachkommen im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG nicht erhöht.

Die Steuerbefreiung kann grundsätzlich rückwirkend entfallen. Daher ist zu beachten, dass der Erbe die Selbstnutzung des geerbten Familienheims nicht innerhalb von zehn Jahren aufgibt.


Unser Rechtstipp:

Bei sanierungsbedürftigen Objekten ist es ratsam, die Selbstnutzung als Familienheim bereits innerhalb der angemessenen sechs Monate im vorläufig sanierten Zustand zu beginnen. Dabei ist es wichtig die objektiven Umstände zu dokumentieren. So kann zum Beispiel der Wohnsitz umgemeldet werden oder ein Schulwechsel der Kinder in Gang gesetzt werden.

Alternativ sollte bereits zu Lebzeiten versucht werden, die Sanierungen ggf. auf Kosten des Erblassers durchzuführen, da in der Regel die tatsächlichen Sanierungskosten höher ausfallen als die damit verbundene Wertsteigerung im Rahmen des Bewertungsverfahrens.

Das Objekt sollte sodann im Laufe der zehnjährigen Behaltensfrist vollständig saniert werden.


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