Fertighaus-Garantie: Wofür der Hersteller wirklich haftet

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Ein Urteil des Oberlandesgerichts München (11.09.2024 – 27 U 6864/22) bringt Klarheit in die oft missverstandene Auslegung von Gewährleistungsgarantien bei Fertighäusern. Im Fokus: Wie weit reicht eine Garantie für Konstruktionen wie Wände, Decken oder Dächer? Und welche Mängel sind tatsächlich abgedeckt?


Der Fall: Streit um die Reichweite der Garantie

Die Kläger hatten bei einem Bauunternehmen ein Fertighaus erworben. Der Vertrag enthielt eine Gewährleistungsgarantie über 40 Jahre für die „Konstruktion der Außenwände, Innenwände, Decken und das Dach“. Nach einigen Jahren traten Mängel auf, darunter eine undichte Flachdachabdichtung und fehlerhafte Abdichtungen im Bereich der Fenster. Die Kläger beriefen sich auf die Garantie und verlangten Nachbesserung.

Das Unternehmen lehnte dies ab. Es argumentierte, die Garantie beziehe sich ausschließlich auf die „statische Grundkonstruktion“, also tragende Teile wie Balken oder Holzständerwände – nicht jedoch auf Abdichtungen oder andere Bauteile.


Was entschied das Gericht?

Das OLG München gab dem Unternehmen recht: Die Garantie umfasst ausschließlich Mängel an der statischen Grundkonstruktion. Abdichtungen, Fenster und Dachbeläge sind ausdrücklich ausgenommen.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit einer systematischen Auslegung des Vertrags, basierend auf den §§ 133 und 157 BGB. Entscheidend sei, was die Parteien bei Vertragsschluss vernünftigerweise unter dem Begriff „statische Grundkonstruktion“ verstanden hätten. Die Garantie decke lediglich Elemente ab, die für die Stabilität und Tragfähigkeit des Gebäudes relevant sind. Abdichtungen oder Dachfolien seien hingegen eigene Gewerke mit separaten Verjährungsfristen.


Warum ist die Auslegung so wichtig?

Verträge im Bauwesen müssen immer als sinnvolles Ganzes betrachtet werden. Dabei kommt es nicht nur auf den Wortlaut an, sondern auch auf die Systematik und den Kontext des Vertrags. In diesem Fall sprach die Formulierung „statische Grundkonstruktion“ klar gegen eine Ausdehnung der Garantie auf Abdichtungen oder andere nicht tragende Bauteile.

Hätten die Kläger recht bekommen, hätte dies zu einer wirtschaftlich untragbaren Ausweitung der Gewährleistungspflichten geführt. So hätte beispielsweise jede undichte Stelle am Dach über Jahrzehnte hinweg zu einer Nachbesserungspflicht geführt – ein Ergebnis, das die Vertragspartner erkennbar nicht beabsichtigt hatten.


Was bedeutet das für Bauherren?

Für Bauherren ist es entscheidend, die Garantiebedingungen eines Bauvertrags genau zu prüfen. Begriffe wie „Konstruktion“ oder „Grundkonstruktion“ sind oft enger gefasst, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.

Tipps für Bauherren:

  • Klärung vor Vertragsabschluss: Lassen Sie sich genau erläutern, welche Bauteile durch die Garantie abgedeckt sind.
  • Prüfen Sie die Verjährungsfristen: Viele Bauteile haben unterschiedliche Fristen, die nicht durch eine Garantie verlängert werden.
  • Professionelle Beratung: Ziehen Sie bei Unklarheiten einen Experten hinzu, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Fazit: Keine Garantie ohne Grenzen

Das Urteil des OLG München zeigt, wie wichtig eine klare Definition von Garantiebedingungen im Bauvertragsrecht ist. Bauherren und Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass Garantieversprechen nicht automatisch sämtliche Mängel umfassen. Klare Formulierungen und ein gemeinsames Verständnis der Vertragsinhalte sind der Schlüssel zu einer reibungslosen Zusammenarbeit.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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