Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen

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Das Gesellschafterdarlehen bietet gerade im Mittelstand eine wertvolle Option zur Finanzierung, besonders wenn Bankkredite nicht zugänglich sind. Es ermöglicht Gesellschaftern, ihrem Unternehmen weitere finanzielle Mittel bereitzustellen, wobei Darlehen aufgrund ihrer Flexibilität und der Rückzahlungsmöglichkeit inklusive Zinsen oft bevorzugt werden. Der Vertrag sollte wichtige Aspekte wie Laufzeit, Zinsen, Tilgung sowie Möglichkeiten des Rangrücktritts klar regeln. Insolvenzrechtliche Besonderheiten müssen beachtet werden, da die Rückzahlungsansprüche im Insolvenzfall nachrangig behandelt werden können. Die korrekte Gestaltung eines Gesellschafterdarlehens, das individuell auf die Bedürfnisse abgestimmt ist, kann zur Stärkung der finanziellen Basis des Unternehmens beitragen. 

I. Bedeutung des Gesellschafterdarlehens

Das Gesellschafterdarlehen ist eine besonders im Mittelstand beliebte Finanzierungsform. Die Gewährung eines Darlehens durch einen Gesellschafter gewinnt vor allem dann Bedeutung, wenn das Unternehmen bei Banken keinen Kredit (zu akzeptablen Konditionen) aufnehmen kann, z.B. bei Gründung oder in wirtschaftlicher Schieflage.

Gesellschafter können ihrem Unternehmen einerseits Eigenkapital zuführen, insbesondere durch Erhöhung des Festkapitals oder durch freiwillige Zuzahlungen in die Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB). Eigenkapital wird vom Prinzip her dem Unternehmen dauerhaft überlassen und kann nicht zurückgefordert werden.

Es ist ebenso möglich, dass die Gesellschafter ihrem Unternehmen Fremdkapital zur Verfügung stellen, insbesondere in Form eines Gesellschafterdarlehens. Diese Finanzierungsform wird von Gesellschaftern häufig gegenüber einer Erhöhung des Eigenkapitals bevorzugt, weil Darlehensbetrag einschließlich Zinsen an den Gesellschafter zurückfließen und ein Darlehen in der Handhabung zumeist flexibler ist als Eigenkapital.

Gesellschafterdarlehen spielen ebenfalls eine Rolle bei der Finanzierung von verbundenen Gesellschaften in einer Unternehmensgruppe, insbesondere beim sog. Cash Pooling.

II. Abschluss eines Gesellschafterdarlehens

Dem Gesellschafterdarlehen liegt ein Darlehensvertrag zugrunde, der zwischen Unternehmen als Darlehensnehmer und Gesellschafter als Darlehensgeber abgeschlossen wird.

Bei einer GmbH kann die Geschäftsführung im Einzelfall verpflichtet sein, zuvor die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen.

Für den Abschluss des Darlehensvertrags gilt grundsätzlich keine besondere Form, wobei der Darlehensvertrag zu Dokumentationszwecken schriftlich abgeschlossen werden sollte.

III. Inhalt eines Gesellschafterdarlehens

Die folgenden Punkte sollen einen kurzen Überblick über den wichtigsten Inhalt eines Gesellschafterdarlehens geben:

1. Laufzeit und Inanspruchnahme

Zunächst sollte die Laufzeit des Darlehens festgelegt werden.

Soll das Darlehen nicht auf einmal ausgezahlt werden, so kann geregelt werden, dass der Darlehensbetrag in verschiedenen Tranchen abgerufen wird.

2.  Zinsen

Die Höhe der Zinsen sowie deren Fälligkeit müssen bestimmt werden. Bei längeren Lauzeiten kann auch eine Zinsanpassungsklausel ggf. kombiniert mit einer anfänglichen Zinsbindung vereinbart werden.

Für den Fall, dass das Unternehmen mit der Tilgung in Verzug gerät, können zusätzliche Verzugszinsen vorgesehen werden.

Aus steuerlicher Sicht ist darauf zu achten, dass die vereinbarten Zinsen einem Fremdvergleich standhalten, da unangemessen hohe Zinsen eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen und unangemessen niedrige Zinsen als verdeckte Einlage gewertet werden können.

3. Tilgung

Die Rückzahlungsverpflichtungen des Unternehmens und die jeweiligen Fälligkeiten müssen festgelegt werden.

Dabei ist es in der Praxis durchaus üblich, dass das Unternehmen das Darlehen frühzeitig ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zurückführen darf.

4. Rangrücktritt

Häufig wird bereits vorbeugend bei Darlehensabschluss oder ggf. später in der Krise des Unternehmens ein Rangrücktritt vereinbart. Ein Rangrücktritt dient vorwiegend der Verhinderung einer bilanziellen Überschuldung des Unternehmens.

Forderungen aus Gesellschafterdarlehen sind Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Soweit die Verbindlichkeiten das Vermögen des Unternehmens übersteigen, ist die Gesellschaft bilanziell überschuldet. Die Überschuldung stellt gemäß § 19 InsO einen Insolvenzgrund insbesondere für GmbH's, GmbH & Co. KG's und AG's dar. Die Gesellschaft hat in diesem Fall unverzüglich die Stellung eines Insolvenzantrags zu prüfen.

Nach § 19 Abs. 2 S. 2 InsO werden jedoch Verbindlichkeiten aus Gesellschafterdarlehen bei der Bestimmung des Überschuldungsstatus nicht berücksichtigt, wenn für diese ein qualifizierter Rangrücktritt vereinbart ist.

Der Rangrücktritt führt bei entsprechender Formulierung nicht zu einem Forderungsverzicht und das Unternehmen hat die Verbindlichkeit daher weiterhin zu passivieren, sodass es nicht zu einer ergebniswirksamen Ausbuchung kommt. In der Praxis kann es sich anbieten, den Rangrücktritt mit dem Finanzamt im Rahmen einer verbindlichen Auskunft sowie ggf. mit dem Abschlussprüfer abzustimmen.

5. Sicherheiten

Gesellschafterdarlehen werden in der Praxis regelmäßig ohne Gewährung von Sicherheiten abgeschlossen.

6. Kündigung

Der Darlehensvertrag sollte genau regeln, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensgeber bzw. der Darlehensnehmer das Darlehen kündigen kann. Für den Gesellschafter als Darlehensgeber sind insbesondere Kündigungsgründe wichtig, die daran anknüpfen, dass die Gesellschaft mit der Rückzahlung in Verzug gerät oder ihre wirtschaftliche Situation sich erheblich verschlechtert.

IV. Insolvenzrechtliche Aspekte

Für Gesellschafterdarlehen insbesondere an eine GmbH, GmbH & Co. KG oder AG gelten insolvenzrechtliche Besonderheiten:

  • Nachrang im Insolvenzverfahren: Der Rückzahlungsanspruch des Gesellschafters stellt eine nachrangige Insolvenzforderung dar (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), sodass die Rückzahlung im Insolvenzfall erheblich gefährdet ist. Dieser Nachrang gilt jedoch nicht für Sanierungsdarlehen (§ 39 Abs. 4 S. 2 InsO) oder Darlehen von nicht geschäftsführenden Gesellschaftern, die mit 10% oder weniger beteiligt sind (§ 39 Abs. 5 InsO).
  • Anfechtung und Rückzahlung bei erfolgter Rückführung: Der Insolvenzverwalter kann die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens anfechten und Rückzahlung vom Gesellschafter an das Unternehmen verlangen, wenn die Rückzahlung an den Gesellschafter im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO).  Die Bestellung von Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen ist ebenfalls anfechtbar, wenn sie innerhalb von zehn Jahren vor Insolvenzantragstellung erfolgt ist (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Die vorgenannten Ausnahmen gelten entsprechend für die Anfechtung (§ 135 Abs. 4 InsO).
  • Rangrücktritt: Siehe hierzu oben unter III.4.

Bei entsprechender Ausgestaltung eines Bankdarlehens durch Beteiligung am Gewinn sowie Einfluss auf Geschäftsführung und Gesellschafter kann auch dieses als Gesellschafterdarlehen zu werten sein mit der Folge, dass die insolvenzrechtlichen Besonderheiten auf ein solches Bankdarlehen anzuwenden sind (BGH, Urteil vom 25.06.2020 - IX ZR 243/18) .

V. Fazit

Ein Gesellschafterdarlehen kann in vielen Fällen einen sinnvollen Baustein für die Unternehmensfinanzierung darstellen und es kann individuell an die finanziellen Bedürfnisse von Unternehmen und Gesellschafter angepasst werden.

Mehr Informationen finden Sie auf unserer Website: https://freudenberg-law.com/


Gerne berate ich Sie beim Abschluss eines Gesellschafterdarlehens.

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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