Fließender Verkehr hat Vorrang
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[image]Ein Verkehrsteilnehmer verliert sein Vorfahrtsrecht auch dann nicht, wenn er auf der Straße zu weit links fährt. Wer in eine Straße einbiegen möchte, muss grundsätzlich dem fließenden Verkehr Vorfahrt gewähren. Wird das missachtet und kommt es deswegen zu einem Zusammenstoß zweier Fahrzeuge, so haftet der Abbiegende auch dann zu 100 Prozent, wenn der Vorfahrtsberechtigte gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen hat.
Unfall nach Vorfahrtsmissachtung
Im konkreten Fall befuhr eine Frau eine vorfahrtsberechtigte Straße, als von links ein Pkw auf die Gegenfahrbahn einbog. Da sich die Frau mit ihrem Fahrzeug sehr weit links auf ihrer Fahrbahn befand, stieß sie mit dem Einbiegenden zusammen, was bei ihrem Auto zu einem erheblichen Schaden führte. Sie machte daraufhin ihre Schadensersatzansprüche gegen den Unfallverursacher gerichtlich geltend.
Vollständige Haftung des Abbiegenden
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Frau Recht. Bevor er in die Straße einbiegen dürfe, müsse sich der Abbiegende gemäß § 10 StVO (Straßenverkehrsordnung) versichern, dass er den fließenden Verkehr nicht behindere und gefährde. Denn die Verkehrsteilnehmer dürften darauf vertrauen, dass die Vorfahrt von anderen Fahrzeugführern beachtet werde. Halte sich der Abbiegende nicht daran und passiere deshalb ein Unfall, so sei von seinem Verschulden auszugehen.
Dass die Frau viel zu weit links fuhr und damit gegen das Rechtsfahrgebot verstieß, ändere nichts an ihrem Vorfahrtsrecht. Denn das Gebot solle nur die Autofahrer auf der betreffenden Straße schützen und ein gefahrloses Vorbeifahren oder Überholen gewährleisten. Damit gelte der Schutz nicht für Fahrer, die die Straße überqueren oder in diese einbiegen wollen. Daher trete auch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Geschädigten vollständig hinter dem Verschulden des Unfallverursachers zurück, sodass dieser zu 100 Prozent den entstandenen Schaden ersetzen müsse.
(BGH, Urteil v. 20.09.2011, Az.: VI ZR 282/10)
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