Französische Gütergemeinschaft als Berliner Testament à la française

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In Deutschland ist das Berliner Testament oder auch Ehegattentestament genannt, beliebt und bekannt. Eheleute setzen sich gegenseitig als Alleinerben des Erstversterbenden ein. Damit soll der überlebende Ehegatte abgesichert werden.  Der überlebende Ehegatte kann, bis au wenige Ausnahmen, den gemeinsam aufgesetzten letzten Willen nicht mehr ändern und die Kinder müssen bis zum Tod des Letztversterbenden warten bis sie - wenn sie als Erben eingesetzt wurden - erben.

Das französische Erbrecht kennt ein solches gemeinschaftliches Testament nicht. Bis zum Schluss soll jeder Testierende in der Lage sein, sein Testament abzuändern. Testiert wird also grundsätzlich einzeln.

Dennoch besteht auch in Frankreich der Wunsch den überlebenden Ehegatten abzusichern. Diese Möglichkeit hat das französische Recht nicht im Erbrecht sondern im Güterrecht verankert. Es besteht die Möglichkeit, im Rahmen eines Ehevertrages, einen bestimmten Güterstand zu wählen, der dem überlebenden Ehegatten im Ergebnis das Vermögen des Erstversterbenden zuschustert.

Was ist dieses französische Instrument und welche Vorteile hat es? Gibt es auch Nachteile?

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1. Die französische Gütergemeinschaft mit besonderer Zuteilungsklausel

Der Güterstand der Gütergemeinschaft sieht grundsätzlich vor, dass alle Güter (auch die durch Erbschaft oder Schenkung erworbene) beiden Ehegatten gemeinsam gehören. Im Erbfall würde dem überlebenden Ehegatten also die Hälfte des Vermögens zustehen. Die andere Hälfte würde in den Nachlass fallen.

Die Ehegatten haben die Möglichkeit im Rahmen ihres Ehevertrages nicht nur die reine Gütergemeinschaft sondern eine Gütergemeinschaft mit „besondere Zuteilung“ zu wählen.

Es handelt sich in diesem Fall um den Güterstand der „communauté universelle avec clause d´attribution intégrale“ Die Ehegatten vereinbaren im Rahmen eines Ehevertrages den Güterstand der Gütergemeinschaft und vereinbart zudem, dass dem überlebenden Ehegatten im Erbfall das gesamte Vermögen automatisch zufällt. Zu erben gibt es also nichts. Es steht alles dem überlebenden Ehegatten zu.

2. Vorteil: maximale Absicherung für den überlebenden Ehegatten (zumindest in der Theorie)

Da das Vermögen insgesamt dem Ehegatten zufällt, gibt es keinen Nachlass der abzuwickeln ist. Damit fallen auch grundsätzlich etwaige Erbberechtigten weg, die dem Ehegatten das Vermögen des Verstobenen streitig machen könnten. Das ist ein enormer Vorteil, zumindest für den überlebenden Ehegatten.

Erbschaftssteuerlich wirkt sich dieser besondere Güterstand zumindest nach den heute geltenden steuerlichen Bestimmungen in Frankreich nicht aus. Denn Ehegatten zahlen in Frankreich keine Erbschaftssteuern, egal wie viel geerbt wird.

3. Nachteil: Kinder gehen leer aus, Steuerfreibeträge werden verschenkt

Wie auch im Rahmen des Berliner Testaments gehen Kinder im ersten Erbgang „leer aus“.   Sie müssen zudem hoffen, dass der überlebende Ehegatte nicht eine andere Person testamentarisch bedenkt. Dann stünde ihnen nur ihre „Reserve“ zu, eine Art Pflichtteil.

Wie im deutschen Modell erben die Kinder auch nur noch von einem Elternteil. Somit fällt ein Steuerfreibetrag weg. Was schon in Deutschland steuerlich unvorteilhaft sein kann ist in Frankreich umso mehr ungünstig, weil die Steuerfreibeträge der Kinder bereits so gering sind. Je Elternteil steht einem Kind lediglich ein Freibetrag von EUR 100.000,- zu. Diese Grenze ist in vielen Fällen schnell erreicht.

4. Die Macht der Stiefkinder 

Es ist nicht alles Gold was glänzt.

So schön dieser „maximale Schutz“ des überlebenden Ehegatten auch klingen mag, bei Patchwork-Familien haben die Kinder des verstorbenen Ehegatten das letzte Wort.

Den Kindern aus erster Ehe oder einer früheren Beziehung steht die Möglichkeit zu, eine sogenannte „action en retranchement“ vorzunehmen. Damit wird erreicht, dass ihnen den Teil zugesprochen wird, der ihnen erbrechtlich ohne Veränderung des Güterstandes zugestanden hätte - nämlich ihre réserve.

Diese „Action en retranchement“ trifft den überlebenden Ehegatten besonders hart. Denn sein Anteil wird in diesem Fall auf seinem ihm zustehenden gesetzlichen Anteil reduziert und das ist nur ein 1/4 zu Eigentum.

Fazit: Gute Absicherung für Ehegatten

Durch die Wahl dieses gesetzlichen Güterstandes können sich die Ehegatten gut absichern, zumindest wenn „nur“ leibliche Kinder vorhanden sind. Sobald aber Kinder aus erster Ehe oder einer früheren Beziehung vorhanden sind, ist Vorsicht geboten. Die gewünschte Sicherheit könnte in einem hässlichen Rechtsstreit ändern.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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