Fristlose Kündigung gegen Ex-Chef der IG Metall Offenburg gerechtfertigt

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Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat am 14.06.2023 klargestellt, dass die fristlose Kündigung gegen den ehemaligen Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Offenburg gerechtfertigt ist. Der Prozess hatte für Schlagzeilen gesorgt.


„Ich wollte die IG Metall nie schädigen“,  


so wird der ehemalige Erste Bevollmächtigte der IG Metall in der Zeitung „Badische Neueste Nachrichten“ vom 16.Mail 2023 zitiert. „Die ehemalige Führungskraft wollte einen Audi RS 6 Avant zwar privat leasen, aber über die IG Metall bestellen… Nach mehr als 20 Jahren bei der IG Metall geht es für den 52-Jährigen um seine Existenz, wie er vor Gericht und im Gespräch mit dieser Redaktion deutlich macht. „Ich bekomme jetzt Unterstützung von meinen Eltern“, sagt der zweifache Vater. Seit August erhält er keinerlei Bezüge mehr, und auch kein Arbeitslosengeld. Da hatte die IG Metall ihre langjährige Führungskraft – Erster Bevollmächtigter, Geschäftsführer und Kassierer in gewerkschaftsüblicher Personalunion – vor die Tür gesetzt.“ Quelle: Badische Neuste Nachrichten, Artikel vom 16.Mai 2023, geschrieben von Erika Becker.


Ausnutzung des Geschäftskundenrabatts der IG Metall, obwohl Fahrzeug nicht den Dienstwagenrichtlinien der IG Metall entsprach


„Die ehemalige Führungskraft wollte einen Audi RS 6 Avant privat leasen und die Geschäftsfahrten abrechnen – denn das luxuriöse Fahrzeug entsprach nicht den Dienstwagenrichtlinien der IG Metall. Dennoch bestellte der langjährige Gewerkschafter das Fahrzeug auf den gewohnten Wegen über die Gewerkschaft – „unter Ausnutzung des Geschäftskundenrabatts der IG-Metall“, wie das Gericht hervorhob.“ Quelle: Badische Neueste Nachrichten, Artikel vom 14.06.2023.


Über das Vorliegen einer Vollmacht getäuscht


„Privatkauf des Audi RS 6 Avant wurde über die IG Metall abgewickelt …Die Kosten für das Fahrzeug wollte der damalige Chef zwar selbst tragen. Doch schon beim ersten Verhandlungstag hatte der Richter dem Kläger vorgehalten, den Stempel der Gewerkschaft zweimal benutzt zu haben.

Als es zu einer Nachfrage des Autohauses kam, ließ er die Unterschrift der Zweiten Bevollmächtigten einscannen. Damit täuschte er vor, eine Vollmacht der Gewerkschaft zu haben, so das Gericht. Eine Berechtigung für diese Bestellung hatte er aber nicht. Dafür wäre die Unterschrift der Zweiten Bevollmächtigten nötig gewesen.“ Quelle: Badische Neueste Nachrichten, Artikel vom 14.06.2023.


Vorwurf der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht


Die IG Metall hielt ihrem ehemaligen Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Offenburg ebenfalls vor, gegen seine Vermögensbetreuungspflicht in seiner Funktion als Geschäftsführer sowie Kassierer verstoßen zu haben. Die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht begründet das Risiko einer Strafbarkeit wegen Untreue.


Jahresgehalt von EUR 145.000 bei der IG Metall


„145.000 Euro brutto verdiente er nach eigenen Angaben als Erster Bevollmächtigter bei der IG Metall, macht 11.256,59 Euro im Monat, wie Richter Steuerer präzise erfasst…„Hinzu kommen noch 55.000 Euro für Aufsichtsratsmandate bei der Grohe AG und bei ebm-papst“, erklärt der Kläger. Davon bliebe jedoch nicht viel, IG Metall-Mitglieder müssten davon rund 90 Prozent an die Hans-Böckler-Stiftung abführen. Auf Nachfrage gibt er aber zu: Er ist seit 1. April kein IG Metall-Mitglied mehr – die Aufsichtsratsmandate, die er durch die Gewerkschaft erhalten hatte, hat er jedoch weiterhin inne. Als richtige Einkommensquelle erachte er dies jedoch nicht. Die Auszahlung sei einmal im Jahr….Zum Gehalt gab es noch einen Dienstwagen, der laut IG Metall bis zu 50.000 Euro kosten darf – inklusive üppiger Großkundenrabatte, die die Gewerkschaft erhält…Er zögerte wohl nicht, wie der Richter hervorhob, den Stempel der Gewerkschaft zweimal zu benutzen – wohl, um an den zehnprozentigen Rabatt zu kommen, mutmaßt die IG Metall.“ Quelle: Badische Neueste Nachrichten, Artikel vom 16.05.2023.

Schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung führt grundsätzlich dazu, dass der Arbeitgeber in der Pflicht steht, das Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden

Dieser Kündigungsfall veranschaulicht sehr deutlich, dass letztendlich auch die IG Metall, wenn sie denn in ihrer Rolle als Arbeitgeberin zu handeln hat, die etwaige Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht zu verhindern bzw. arbeitsrechtlich zu sanktionieren hat. Die „Haftungsfalle“ für das Top-Management einer Strafbarkeit im Sinne einer Untreue gilt auch für die IG Metall als Arbeitgeberin.


Langjährige Betriebszugehörigkeitszeit kann rechtlich unerheblich sein, wenn eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vorliegt


Die sozialen Daten sprachen in diesem Fall sicherlich für den Ex-Chef der IG Metall Offenburg. Letztendlich hat das LAG Baden-Württemberg gemäß der ständigen Rechtsprechung entschieden. Zwar sind Dauer der Betriebszugehörigkeit – hier rund 20 Jahre - zugunsten des Arbeitnehmers im Rahmen einer Interessenabwägung zu berücksichtigen, wenn es aber um schwerwiegende Vertragspflichtverletzungen geht, dürfte die Interessenabwägung trotz langjähriger Betriebszugehörigkeitszeit grundsätzlich zum Nachteil des Arbeitnehmers ausfallen. Arbeitsrecht für Arbeitgeber bedeutet im Besonderen auch, sich bewusst zu werden, dass für den Arbeitgeber bei schwerwiegenden arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen, beispielsweise Urkundenfälschung oder Untreue und auch bei anderen Straftaten wie Diebstahl, Körperverletzungen grundsätzlich die Verpflichtung besteht, eine fristlose Kündigung zum Nachteil des Arbeitnehmers auszusprechen.


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