Fristlose Kündigung wegen verbaler sexueller Belästigung

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„Eine sexuelle Belästigung stellt einen an sich wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB dar. Sie ist auch bei Bemerkungen sexuellen Inhalts gegeben, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt wird, das die Würde der betreffenden Person verletzt“, so das ArbG Elmshorn vom 26.04.2023 – 3 Ca 1501 e/22.

Vorhalt des Arbeitnehmers, er habe doch lediglich einen Scherz gemacht, ist laut Gericht rechtlich unerheblich

Im Rahmen der Interessenabwägung im Einzelfall kommt es zu Gunsten des Klägers nicht darauf an, dass die Äußerung vom Kläger scherzhaft gemeint war oder dass die Beleidigte nicht unmittelbar reagiert hat. Auch die Gesamtumstände der Weihnachtsfeier ändern nichts an der Bewertung. Eine solche herabwürdigende, öffentliche Äußerung ist geeignet, das Ansehen der Betroffenen unter den Kollegen und im Unternehmen unwiederbringlich zu schädigen, wenn die Beklagte auf solche Äußerungen gegenüber der einzigen Mitarbeiterin nicht mit der außerordentlichen Kündigung reagiert.“

Schwerste Beleidigung macht Abmahnung entbehrlich

Arbeitsgericht Elmshorn: „Eine vorherige Abmahnung war im vorliegenden Fall entbehrlich. Das Fehlverhalten des Klägers wiegt so schwer, dass eine Hinnahme durch die Beklagte ausgeschlossen war. Dies musste dem Kläger auch erkennbar sein.“ 

Der Sachverhalt wird seitens des Gerichts wie folgt beschrieben: „Am 16.12.2022 fand die betriebliche Weihnachtsfeier der Beklagten im Fährhaus S. bei E. statt. An dieser nahmen neben den Mitarbeitern auch die jeweiligen Lebensgefährten der Beschäftigten teil. Die Mitarbeiterin der Beklagten K. hatte für den Geschäftsführer der Beklagten und dessen Ehefrau einen Blumenstrauß und eine Flasche Whisky als Geschenk gekauft. Frau K. hatte das Geld für die Geschenke für die Kollegen zunächst ausgelegt. Nach dem Abendessen wandte sich Frau K. auch an den Kläger, um dessen Anteil von zehn Euro für das Geschenk einzusammeln. Der Kläger erwiderte, dass er zehn Euro nicht passend habe, sondern nur einen Fünfzig-Euro-Schein. Frau K. ihrerseits erwiderte, dass sie noch nicht wechseln könne. Der Kläger äußerte gegenüber der Mitarbeiterin K. in Anwesenheit von vier Arbeitskollegen darauf: „Wir können sie ja auf den Kopf stellen und die Geldkarte durch den Schlitz ziehen.“

Sexuelle Belästigung begründet eine schwerwiegende Verletzung der vertraglichen Pflichten

Für das Gericht ist der Fall eindeutig; der Arbeitgeber hat das Arbeitsverhältnis rechtlich zutreffend fristlos gekündigt. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist zerstört. 

Arbeitsgericht Elmshorn wie folgt feststellend: „Eine sexuelle Belästigung stellt einen an sich wichtigen Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB dar (BAG, Urt. v. 29.06.2017 – 2 AZR 302/16). Bei einer sexuellen Belästigung i. S. v. § 3 Abs. 4 AGG handelt es sich um eine schwerwiegende Verletzung der vertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers gemäß § 7 Abs. 3 AGG, welche an sich einen wichtigen Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB darstellen können (vgl. BAG a.a.O.). § 3 Abs. 4 AGG definiert eine sexuelle Belästigung, wonach eine sexuelle Belästigung gegeben ist, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird."

Beleidigungen unter Arbeitnehmern können eine erhebliche Ehrverletzung begründen

"Eine sexuelle Belästigung liegt damit jedenfalls dann vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt wird, dass die Würde der betreffenden Person verletzt. Hierzu zählen sowohl eindeutig sexuell intendierte verbale Äußerungen wie auch der Griff an die sekundären Geschlechtsorgane gegen den Willen einer Person (BAG, Urt. v. 23.10.2014 – 2 AZR 865/13). Daneben können auch Beleidigungen unter Arbeitnehmern, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, einen an sich geeigneten Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darstellen (vgl. BAG, Urt. v. 05.12.2019 – 2 AZR 240/19 m.w.N.).“ – so das Arbeitsgericht Elmshorn in seinen Entscheidungsgründen klarstellend.

Bloße „Anzüglichkeit“ liegt nicht vor, sondern eine besonders krasse Form der Herabwürdigung

Arbeitsgericht Elmshorn stellt klar: „Bei dem Verhalten des Klägers handelt es sich um eine solche sexuelle Belästigung. Die Äußerung ist zudem schwerst beleidigend. Mit der Äußerung wird die Kollegin auf derbste Art und Weise zum Objekt sexueller Anspielung herabgewürdigt. Sie wird mit einem Objekt gleichgestellt. Es handelt sich nicht um eine bloße „Anzüglichkeit“, sondern um eine besonders krasse Form der Herabwürdigung.“

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf die Kündigung eines Mitarbeiters/in? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.



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