Geld zurück bei illegalem Online-Glückspiel: Keine kenntnisabhängige Verjährung bei Online-Casino-Rückzahlungsansprüchen

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Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Berufung einer Online-Glücksspiel-Anbieterin zurückgewiesen, die Zahlung von 14.737,70 Euro bestätigt und herausgestellt, dass die Gesellschaft auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe des Geldes verpflichtet ist. Das könnte sich als bahnbrechend im Online-Casino-Skandal herausstellen.

Die Online-Glücksspiel-Anbieterin Tipico Games hat eine Niederlage in einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf einstecken müssen (Az.: I-22 U 57/23 zu Az.: 2 O 75/22 Landgericht Krefeld vom 25. Januar 2023). So muss die Gesellschaft an einen geschädigten Spieler 14.737,70 Euro zurückzahlen, die sich aus zwei Teilen zusammensetzt: 12.208,52 und 2.529,18 Euro. Die Rückzahlung der 12.208,52 Euro resultiert aus der bekannten Begründung, dass der zwischen den Parteien geschlossene Glücksspielstaatsvertrag wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV (Glücksspielstaatsvertrag von 2012) gemäß § 134 BGB nichtig ist, so dass dieser keinen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der durch den Kläger erbachten Zahlungen darstellt. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 (gültig vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2021), der in dem Zeitraum der Teilnahme des Klägers an den Online-Glücksspielen der Beklagten vom 19. August 2014 bis 21. April 2021 in Kraft war, verboten.

„Besonders interessant ist aber die Tatsache, dass das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom rechtlichen Inhalt dahingeht, dass die dreijährige kenntnisabhängige Verjährung nicht zum 31. Dezember 2024 greift. Das würde bedeuten, dass auch nach dem 1. Januar 2025 noch Ansprüche gegen Online-Casino-Betreiberinnen über den Zeitraum von drei Jahren hinaus rückwirkend geltend gemacht werden können. Hintergrund dieser Ansicht ist der in § 852 BGB formulierte Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung, den wir als sogenannten Restschadenanspruch bereits aus dem Dieselabgasskandal kennen“, erklärt Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Casinos spezialisiert. 

Zwar greife die Einrede der Verjährung hinsichtlich der von 2014 bis 2018 getätigten Spieleinsätze in Höhe von 2.529,18 Euro. Gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Aber nach der gesetzlichen Vorschrift des § 852 BGB hat der Kläger eben laut dem Oberlandesgericht Düsseldorf doch Anspruch auf die Zahlung dieser weiteren 2.529,18 Euro: „Gemäß § 852 S. 1 BGB ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, wenn er durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat. Die Verweisung in § 852 BGB auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung bezieht sich nicht auf die tatbestandlichen Voraussetzungen, sondern auf die Rechtsfolgen. Der verjährte Deliktsanspruch bleibt als solcher bestehen und wird nur in seinem durchsetzbaren Umfang auf das durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten Erlangte beschränkt, soweit es nach Maßgabe der bereicherungsrechtlichen Vorschriften zu einer Vermögensmehrung des Ersatzpflichtigen geführt hat“, schreibt das Oberlandesgericht Düsseldorf dazu.

„Setzt sich diese Ansicht vor allem auch höchstrichterlich beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe durch, können auch im Jahr 2025 und darüber hinaus noch Ansprüche aus zurückliegenden Casinoverlusten geltend gemacht werden und deutlich mehr Menschen die Möglichkeit geben, ihr unrechtmäßig verlorenes Geld von Online-Casinos zurückzuholen!“, betont Glücksspielrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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