Geld zurück von Interwetten Gaming Ltd.: Obsiegendes Urteil gegen häufigen Gegner im Online-Sportwetten-Skandal!
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Das Landgericht München I verpflichtet Interwetten Gaming zur Rückzahlung von Glücksspielverlusten. Dabei berief sich das Gericht auf das deutsche Zivilrecht, das bei Verbraucherverträgen Vorrang hat, wenn der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.
In einem bemerkenswerten Urteil hat das Landgericht München I am 30. Oktober 2024 entschieden, dass die maltesische Glücksspielgesellschaft Interwetten Gaming Limited einem Spieler aus Deutschland eine hohe Rückzahlung leisten muss. Die Zivilkammer unter Richterin Schorlemmer verurteilte das Unternehmen zur Erstattung von 96.954,65 Euro an den Kläger. Diese Summe entspricht dem Verlust, den der Kläger über mehrere Jahre bei Online-Sportwetten auf der Plattform Interwetten erlitten hatte. Das Gericht gab damit einem Verbraucher die Möglichkeit, durch Glücksspiel verloren gegangene Einsätze zurückzufordern, wenn die Anbieterin nicht die erforderliche Erlaubnis in Deutschland vorweisen kann.
Der Kläger hatte über einen Zeitraum von fünf Jahren auf der Webseite von Interwetten Sportwetten abgeschlossen und insgesamt 145.038,99 Euro eingesetzt. Von diesem Betrag erhielt er als Gewinne nur 48.084,34 Euro zurück. Der Kläger machte die vollständige Rückzahlung der Differenz geltend und argumentierte, dass der Betreiber ohne eine gültige Lizenz für Online-Glücksspiele in Deutschland agiert habe. Die Beklagte Interwetten Gaming Limited, die ihren Sitz in Malta hat, bot über Jahre hinweg Glücksspiele in Deutschland an und verwies auf ihre Lizenz der maltesischen Aufsichtsbehörde sowie eine zwischenzeitlich erhaltene Konzession des Bundeslands Schleswig-Holstein. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen legte sie zudem den Gerichtsstand auf Malta fest und wählte maltesisches Recht für etwaige Streitigkeiten. Der Kläger hatte jedoch nie eine ausdrückliche Genehmigung der deutschen Behörden erhalten und argumentierte, dass damit eine Nichtigkeit des Vertrages vorliege.
„Das Landgericht München I entschied zugunsten des Klägers. Dabei berief sich das Gericht auf das deutsche Zivilrecht, das bei Verbraucherverträgen Vorrang hat, wenn der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Die Richterin stellte fest, dass deutsche Gerichte international zuständig seien, da die Beklagte ihr Glücksspielangebot explizit an deutsche Kunden richtete. Der zentrale Punkt des Urteils war die Feststellung, dass der zwischen dem Kläger und Interwetten geschlossene Vertrag gegen das in Deutschland geltende Glücksspielstaatsgesetz verstoße und daher gemäß § 134 BGB nichtig sei. Nach Ansicht des Gerichts stellt das Glücksspielangebot der Beklagten ohne deutsche Lizenz ein gesetzliches Verbot dar. Die Verpflichtung zur Konzessionserteilung dient in erster Linie dem Schutz des Verbrauchers und der Suchtprävention. Da die Beklagte unzulässigerweise Online-Wetten in Deutschland anbot, hat sie nach Auffassung des Gerichts ohne Rechtsgrund Leistungen des Klägers erlangt, die zurückzuerstatten sind“, sagt der Mönchengladbacher Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Casinos spezialisiert. Er hat sich das obsiegende Urteil vor dem Landgericht München I erstritten.
Das Gericht betonte, dass auch eine Duldung durch deutsche Glücksspielbehörden das Glücksspielangebot der Beklagten nicht legalisierte. Diese Duldung beeinträchtigt das Recht des Spielers auf Rückerstattung, da der zivilrechtliche Schutz des Verbrauchers nicht von der verwaltungsbehördlichen Durchsetzung abhängig ist. Ein weiterer Aspekt war die Frage der Europarechtskonformität des deutschen Glücksspielstaatsvertrags. Interwetten argumentierte, dass das Verbot gegen die Dienstleistungsfreiheit verstoße und damit das unionsrechtlich verankerte Prinzip der Marktöffnung behindere. Die Richterin wies dieses Argument jedoch zurück. Das deutsche Glücksspielrecht sei im Einklang mit der Europäischen Union verhältnismäßig und systematisch kohärent ausgestaltet, um die legitimen Ziele wie Suchtprävention und Verbraucherschutz zu verfolgen.
Die Anwälte von Interwetten argumentierten, dass eine Rückforderung gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen sei, da der Kläger bei der Teilnahme an den Glücksspielen selbst gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen habe. Zudem führte das Unternehmen an, dass es hinreichende Hinweise auf die unsichere Rechtslage in Deutschland gegeben habe. Das Gericht entkräftete dies jedoch, indem es betonte, dass der Kläger als Verbraucher auf die rechtliche Zulässigkeit des Angebots vertrauen durfte. Auch sei ihm die Illegalität von Online-Wetten ohne deutsche Konzession nicht bewusst gewesen, da der Beklagte den Anschein der Legalität vermittelte.
„Das Urteil des Landgerichts München I ist wegweisend und könnte weitere erhebliche Signalwirkung für die Glücksspielbranche in Deutschland haben. Es zeigt deutlich, dass deutsche Verbraucher, die bei nicht lizenzierten Anbietern Einsätze getätigt haben, berechtigt sein könnten, ihre Verluste zurückzufordern. Dies könnte zu einer erheblichen finanziellen Belastung für Glücksspielanbieter ohne deutsche Konzession führen und verstärkt die Dringlichkeit für Unternehmen, sich an die nationalen Vorschriften zu halten. Für Verbraucher, die hohe Verluste bei Online-Glücksspielen erlitten haben, eröffnet das Urteil möglicherweise eine Option, diese zurückzufordern, sofern die Anbieter ohne rechtliche Grundlage in Deutschland operieren“, betont Glücksspielrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung.
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