Geschwindigkeitsmessungen mit Blitzer-Typ „Traffistar S 350“ unverwertbar

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Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat am 05. Juli dieses Jahres ein bedeutsames Urteil geschaffen, welches für eine Vielzahl von Bußgeldbescheiden interessant werden könnte.

Es befasst sich damit, dass ein Kraftfahrer eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h innerorts begangen hat und zu einer Geldbuße von 100 € verurteilt wurde. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit dem oben erwähnten Erfassungsgerätes der Firma Jenoptik Typ Traffistar S 350, welches von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt als Messgerät offiziell zugelassen ist.

Der Kläger erhebt Einspruch gegen den Bußgeldbescheid und verlangt im Gerichtsverfahren, dass die Messung des Gerätes durch einen Sachverständigen geprüft werden solle, da dieser Blitzertyp dafür bekannt ist, nur bestimmte Datensätze abzuspeichern, jedoch nicht alle verwendbaren Rohdaten zur Verfügung stellt. Dies greife der Kläger an.

Das Amtsgericht Saarbrücken als auch das Saarländische Oberlandesgericht entkräfteten die Behauptungen des Klägers über ungenaue Messungen mit dem Begriff des „standardisierten Messverfahrens“, welcher aussagt, dass bei einem von der PTB zugelassenen Messgerätes die Gerichte grundsätzlich von der Richtigkeit der Messung ausgehen können und es keinerlei spezieller Überprüfung des Gerätes bedarf.

Diese Aussage rügte der Kläger mit einer Verfassungsbeschwerde am Verfassungsgerichtshof des Saarlandes mit der Begründung, durch den mangelnden Zugang zu den gespeicherten Messdaten sowie die fehlende Möglichkeit, etwaige Messfehler aufzuzeigen, in seinen Rechten auf ein faires Verhalten verletzt worden zu sein.

Daraufhin wurden die Geräte durch drei professionelle Sachverständige begutachtet und kontrolliert, welche zu dem einheitlichen Ergebnis kamen, dass die gespeicherten Daten auf dem Gerät keine nachträgliche Kontrolle der Messergebnisse gewährleisten, dies aber in technischer Hinsicht ohne Weiteres möglich wäre.

Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt nicht das „standardisierte Messverfahren“ des Blitzers, sondern rügt im besonderen Fall die fehlende Möglichkeit, die Messungen mit den zugrunde liegenden gesammelten Rohdaten validieren zu können.

Als Grundsatz der wirksamen Verteidigung müsse eine Nachforschungsmöglichkeit bestehen, ob es bislang nicht erkannte Zweifel an der Tragfähigkeit des Vorwurfes gäbe, was in diesem Fall jedoch nicht möglich sei.

Daraufhin wurden alle anhängigen Verfahren über Bußgeldbescheide, welche sich auf den Blitzer Traffistar S 350 bezogen, aufgehoben.

Des Weiteren wies der Verfassungsgerichtshof darauf hin, dass diese Entscheidung nur die saarländischen Gerichte im konkreten Fall binde. Es besteht jedoch die Möglichkeit, bei einer hohen Ähnlichkeit zum abgeurteilten Fall zu einer Einstellung des Verfahrens zu kommen, wenn man sich auf das Recht der wirksamen Verteidigung berufe.

Für solche Fälle ist die Akteneinsicht durch einen Verkehrsrechtsspezialisten unerlässlich und könnte die entscheidende Auswirkung auf ihren Bußgeldbescheid haben.

Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Urteil vom 05.07.2019 – Lv 7/17

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht



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