Gesetzesvorhaben für mehr Kinderschutz in der Werbung für ​Lebensmittel

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Rechtsanwalt Andreas Kempcke

Bereits im Februar 2023 hatte Bundesminister Cem Özdemir Pläne für mehr Kinderschutz in der Werbung vorgestellt. Geplant sind Regelungen für die Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Salz oder Fett. Die Befürworter und Gegner der geplanten Regelungen haben bereits Stellungnahmen veröffentlicht. Anbieter von Lebensmitteln sollten sich frühzeitig mit den geplanten Regelungen beschäftigen und ihre Werbung auch hinsichtlich bereits aktuell unzulässiger Inhalte überprüfen. Im folgenden Beitrag erläutere ich anhand von konkreten Beispielen welche Inhalte in der Werbung für Lebensmittel bereits in der Vergangenheit mit dem Risiko einer Abmahnung verbunden waren und welche Regelungen für die Werbung gegenüber Kindern geplant sind.

Ein Minenfeld: Welche Inhalte bereits in der Vergangenheit mit dem Risiko einer Abmahnung verbunden waren


Bereits aktuell gibt es eine ganze Reihe von rechtlichen Vorgaben für die Werbung für Lebensmittel. Wer gegen die entsprechenden Vorgaben verstößt, riskiert eine Abmahnung mit einer Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Kosten. Wer glaubt, dass das Risiko der Entdeckung gering ist, der täuscht sich. Gerade im Internet sind Angebote leicht zu überprüfen und Wettbewerbsverstöße einfach zu dokumentieren. Daher habe ich in der Vergangenheit immer wieder Betroffene beraten, die eine Abmahnung wegen entsprechender Verstöße erhalten hatten. Ein paar Beispiele, über die ich hier bereits berichtet hatte:


Der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. hatte in der Vergangenheit unter anderem wegen der folgenden Wettbewerbsverstöße abgemahnt:


Abmahnung wegen Werbung mit den Angaben „bekömmlich“, „magenschonend“, „wohltuend“, „zuckerfrei“, „Stress“, „Stressblocker“; fehlerhafte Nährwertangaben (fehlerhafte Angaben im Zusammenhang mit dem Anteil von Zucker); Werbung mit der Bezeichnung „Low Carb“; Werbung mit gesundheitsbezogenen bzw. krankheitsbezogenen Wirkaussagen („Detox“, „Entgiftung“ und „Entschlacken“)


Der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V. hatte in der Vergangenheit unter anderem wegen der folgenden Wettbewerbsverstöße abgemahnt:


Abmahnung wegen Werbung mit der Angabe „Himalaya Salz“ für Salz, welches nicht aus dem Himalaya stammt, sondern aus einer Salt Range 200 km südlich; gesundheitsbezogene Werbung für alkoholische Getränke; fehlende Angaben zum Zutatenverzeichnis und fehlende Angaben zu Name oder Firma und Anschrift des verantwortlichen Lebensmittelunternehmers


Der EuroConsum e.V. (vormals: Deutscher Konsumentenbund e.V.) hatte in der Vergangenheit unter anderem wegen der folgenden Wettbewerbsverstöße abgemahnt:


Abmahnung wegen der Bewerbung von Wein mit der Angabe bekömmlich; Verstöße gegen die LMIV (Angaben zu Allergenen und Nährwerttabelle)


Der Verbraucherschutzverein gegen unlauteren Wettbewerb e.V. hatte in der Vergangenheit unter anderem wegen der folgenden Wettbewerbsverstöße abgemahnt:


Abmahnung wegen fehlender Hinweise auf Sulfite bei Wein, fehlende Information auf den Alkoholgehalt bei Wein, fehlende Information über Firma und Anschrift des verantwortlichen Lebensmittelunternehmers, fehlende Informationen zur Nährwertdeklaration, Verstöße gegen die Health-Claims-Verordnung (Werbung mit den Angaben „bekömmlich“, „zuträglich“, „gesund“, „leicht verdaulich“), Verstoß gegen die Öko-VO bei dem Angebot von Bio-Lebensmitteln


Die wesentlichen Inhalte des Entwurfs des BMEL für ein Gesetz zu an Kinder gerichteter Lebensmittelwerbung laut Pressemitteilung


Die wesentlichen Inhalte des Gesetzentwurfs des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ergeben sich aus einer Pressemitteilung vom 27.02.2023:


„Nach Art, Inhalt oder Gestaltung an Kinder adressierte Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt soll nicht mehr zulässig sein:


  • in allen für Kinder relevanten Medien (darunter auch Influencermarketing),
  • als Außenwerbung.

Zudem soll Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt nicht mehr zulässig sein, wenn sie Kinder zwar nicht nach Art, Inhalt oder Gestaltung, jedoch aufgrund des Werbeumfeldes oder des sonstigen Kontextes adressiert, d.h.:


  • wenn sie zwischen 6 und 23 Uhr betrieben und damit bewusst in Kauf genommen wird, dass sie regelmäßig insbesondere auch von Kindern wahrgenommen wird bzw. wahrgenommen werden kann,
  • wenn sie im Kontext mit auch Kinder ansprechenden Inhalten betrieben wird,
  • wenn sie in Form von Außenwerbung im Umkreis von 100 Metern betrieben wird zu Freizeiteinrichtungen, die ihrer Art nach oder tatsächlich vor allem von Kindern besucht werden, oder Schulen, Kindertageseinrichtungen oder Spielplätzen.

An Kinder gerichtetes Sponsoring für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt soll ebenfalls nicht mehr zulässig sein.


Die Beurteilung eines hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehaltes soll sich an den Anforderungen des Nährwertprofilmodells der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren.


  • Dieses Nährwertprofilmodell wurde explizit für die Regulierung der Lebensmittelwerbung gegenüber Kindern geschaffen.
  • Es teilt Lebensmittel in verschiedene Kategorien ein. Für jede Kategorie sind eigene Höchstwerte für den Gehalt an Gesamtfett, gesättigten Fettsäuren, Gesamtzucker, zugesetztem Zucker, Süßungsmitteln, Salz und/oder Energie pro 100 g Lebensmittel vorgesehen.
  • An die Einhaltung dieser Höchstwerte können Werberegulierungsmaßnahmen geknüpft werden.
  • Das Modell der WHO ist europäisch eingeführt, berücksichtigt wissenschaftliche Erkenntnisse und trägt dem Gedanken Rechnung, dass Aspekte des Gesundheits-, Kinder- und Verbraucherschutzes Vorrang haben sollen vor wirtschaftlichen Interessen. Es ist praxiserprobt.
  • Milch (hinsichtlich des Fettgehalts) und Säfte (ohne zusätzlichen Zucker oder Süßungsmittel) sollen von der Regelung ausgenommen sein.“

Inzwischen hat das BMEL weiterführende Informationen und eine FAQ-Liste veröffentlicht.


Meine Einschätzung: 


Die Bewerbung und das Angebot von Lebensmitteln im Internet sind nach meiner Erfahrung bereits nach aktueller Gesetzeslage recht fehleranfällig.


Anbieter von Lebensmitteln sollten die Entwicklungen im Hinblick auf die geplanten neuen Regelungen daher im Auge behalten, um ihre Werbung rechtzeitig anzupassen und eine Abmahnung zu vermeiden.


Meine Empfehlungen für den Fall der Fälle:


Wenn Sie eine Abmahnung wegen der Bewerbung von Lebensmitteln erhalten haben:


  1. Unterschreiben Sie auf keinen Fall ohne anwaltliche Beratung voreilig die vorformulierte Unterlassungserklärung.
  2. Leisten Sie ohne vorherige Beratung auch keine Zahlung.
  3. Lassen Sie sich zunächst fachkundig anwaltlich beraten.

Zu mir und meiner Tätigkeit:


Ich berate als Fachanwalt für IT-Recht bei Internetrecht-Rostock.de ständig Betroffene, die eine Abmahnung erhalten haben und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.


Weitere Informationen zu mir und meiner Tätigkeit können Sie meiner Profilseite, meinen Rechtstipps und meinem Bewertungsprofil entnehmen.


Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch.


Sie haben eine Abmahnung erhalten?


Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben:


  • Rufen Sie mich einfach an unter: 0381 260 567 30
  • Schicken Sie mir eine E-Mail an: rostock@internetrecht-rostock.de
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ direkt unter diesem Rechtstipp eine Mitteilung zukommen.


Andreas Kempcke

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für IT-Recht

Internetrecht-Rostock.de

Foto(s): Andreas Kempcke

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