Gilt die Mietpreisbremse in Hamburg? Was bedeutet die unklare Rechtslage für Vermieter und Mieter?

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1. Wie ist die aktuelle Hamburger Rechtsprechung zur Mietpreisbremse?

Seit Inkrafttreten der Mietpreisbremse 2015 in Hamburg ist die Rechtsprechung hierzu uneinheitlich. Die in der 1. Instanz zuständigen Amtsgerichte halten die Mietpreisbremse für z.T. für unwirksam, andere Gerichte für wirksam. Die für das Berufungsverfahren zuständige Kammer des Landgerichts hat noch keine Entscheidung gefällt.

2. Warum soll die Mietpreisbremse wirksam/unwirksam sein?

Das Amtsgericht Hamburg-Altona hat wiederholt die Auffassung vertreten, aktuell mit Urteil vom 09.10.2017 (Amtsgericht Hamburg-Altona – 316 C 206/17), die notwendige, von der Hamburger Regierung beschlossene Rechtsverordnung über die Einführung einer Mietpreisbegrenzung sei nicht (ausreichend) begründet worden, wie es das Gesetz ausdrücklich vorschreibt (§ 556 Buchst. d Abs. 2 S. 5 BGB). Ohne diese notwendige Begründung existiere keine wirksame Rechtsverordnung über die Einführung einer Mietpreisbegrenzung, sodass die Mietpreisbremse in Hamburg keine Anwendung findet. Anders entschied das Amtsgericht Hamburg-St. Georg (Urteil vom 22.06.2017 – 913 C 2/17): auch eine „nachgelieferte“ Begründung für die Verordnung auf der offiziellen Hamburger Internetseite könne die fehlerhafte Verordnung rückwirkend heilen.

3. Wie kann es zur unterschiedlichen Rechtsprechung der Hamburger Amtsgerichte kommen?

Solange es keine für die Amtsgerichte Hamburg maßgebliche Entscheidung des Landgerichts zu der Rechtsfrage „wirksame/unwirksame Mietpreisbremse“ gibt, ist es eine jeweilige Einzelentscheidung des zuständigen Gerichts, das je nach richterlicher Überzeugung und Wertung die Mietpreisbremse für wirksam oder unwirksam (siehe 3.) erachten kann.

4. Was bedeutet die unsichere Rechtslage für die aktuellen Verfahren vor den Hamburger Amtsgerichten für die Hamburger Mieter und Vermieter?

Aufgrund der unsicheren Rechtslage zur Mietpreisbremse ist es schwer zu prognostizieren, ob ein Hamburger Amtsgericht die Mietpreisbremse als wirksam oder unwirksam erachtet.

D. h. z. B., wenn sich ein Gericht der Meinung des Amtsgerichts Hamburg-Altona anschließt, wird die Klage auf überbezahlte Miete des Mieters bereits regelmäßig mit der Begründung der unwirksamen Mietpreisbremse abgewiesen, ohne dass das Gericht überhaupt prüft, ob die Miete überhöht ist oder nicht. Das Gericht geht nicht in die Sachprüfung, sondern weist die Klage mit der formalen Begründung der nichtexistierenden Rechtsverordnung ab.

Mieter oder Vermieter müssen im Fall des Unterliegens auf eine abweichende Entscheidung des Landgerichts hoffen. Wie das Landgericht zur Wirksamkeit der Mietpreisbremse entscheidet, ist zurzeit allerdings offen.

5. Wie kann der Hamburger Mieter überzahlte Miete wegen Verstoß gegen die Mietpreisbremse ohne Prozess aktuell sichern?

Hier hilft dem Mieter die Zahlung der Miete unter dem Vorbehalt der Rückforderung.

Der Reihe nach: Wenn der Mieter grds. eine Rückzahlung wegen überhöhter Miete aufgrund eines Verstoßes gegen die Mietpreisbremse gegenüber dem Vermieter geltend machen will, so muss er zwingend zunächst einen solchen Verstoß rügen (§ 556 g BGB). Denn die überhöhte Miete kann erst ab Zugang der Rüge geltend gemacht werden.

Um eine solche Rüge auszusprechen und zu überprüfen, ob eine Rügemöglichkeit besteht, rate ich, sich durch einen Rechtsanwalt oder eine entsprechende Interessensvertretung im Einzelfall beraten zu lassen.

Ist die schriftliche Rüge wegen überhöhter Miete wirksam erklärt, sollte zugleich gegenüber dem Vermieter erklärt werden, dass die Miete unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet wird.

Dies bedeutet, dass die volle „überhöhte“ Miete erstmal gezahlt wird, eine Rückforderung der überhöhten Miete aber auch rückwirkend ab angezeigter Vorbehaltszahlung gefordert werden kann.

Beachte: Die Rückforderung der Miete unterliegt der Verjährung von drei Jahren.

Sobald dann ein die Wirksamkeit der Mietpreisbremse bejahendes Landgerichtsurteil vorliegt, kann die überhöhte Miete, falls der Vermieter sich weigert, gerichtlich geltend gemacht werden.

Denn ist die Hürde „Wirksamkeit/Unwirksamkeit der Mietpreisbremse“ überwunden, wird sich das Gericht in die Sachprüfung begeben müssen. Das Gericht muss feststellen, ob im Einzelfall die Miete tatsächlich konkret erhöht ist.

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass ein Mieter, dessen aktuelle Miete überhöht erscheint, das aktuelle Prozessrisiko aber scheut, zwingend den Verstoß gegen die Mietpreisbremse beim Vermieter rügen muss. Zugleich sollte die Miete unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet werden. Bis zur Rechtssicherheit in der Frage der Wirksamkeit der Mietpreisbremse besteht, z. B. durch entsprechendes Urteil des Landgerichts Hamburgs in der Frage, hat der Mieter aufgrund der Vorbehaltszahlung seine Rechte bzgl. des Verstoßes gegen die Mietpreisbremse gesichert.

6. Was ist dem Hamburger Vermieter aufgrund der aktuell unsicheren Rechtslage zur Mietpreisbremse zu raten?

Zahlt der Mieter nach vorheriger Rüge unter Berufung der Mietpreisbremse die Miete unter Vorbehalt (5.), bleibt dem Vermieter nur die Möglichkeit abzuwarten, ob die landgerichtliche Rechtsprechung die Wirksamkeit der Mietpreisbremse bejaht oder nicht. Sollte das Landgericht die Wirksamkeit der Mietpreisbremse grds. bestätigen, ist damit im Einzelfall noch nicht entschieden, ob konkret die Miete im jeweiligen Mietverhältnis tatsächlich überhöht ist. Dies müsste dann im Prozess das zuständige Amtsgericht entscheiden.

Dem Vermieter ist daher aufgrund der unklaren Rechtslage jedenfalls zu raten, Rücklagen zu bilden, falls im Einzelfall tatsächlich eine überhöhte Miete gefordert wurde.

Zahlt der Mieter nach vorheriger Rüge unter Berufung auf die Mietpreisbremse die nach seiner Ansicht überhöhten Miete nicht, ist beim entsprechenden Mietrückstand eine Kündigung des Mietverhältnisses ebenso wie die Klage auf rückständige Mietzahlung möglich.

Aufgrund der unsicheren Rechtslage zur Wirksamkeit der Mietpreisbremse besteht für den Vermieter indes in beiden Fällen das Risiko, dass die Klage bei zu Recht nicht gezahlter Miete wegen Verstoß gegen die Mietpreispreise als unbegründet abgewiesen wird.

Scheut der Vermieter daher dieses Risiko und lässt entsprechen Rückstand auflaufen, so muss er beachten, dass der Anspruch auf rückständige Miete der Verjährung unterliegt, die drei Jahre umfasst. Eine Kündigung kann grds. solange ausgesprochen werden, wie der kündigungsrelevante Rückstand an Miete besteht.

Auch wenn die Mietpreisbremse vom Landgericht Hamburg nicht für wirksam erachtet werden sollte, ist der Vermieter gut beraten, nicht unbegrenzt hohe Miete bei Vertragsabschluss zu fordern. Es bestehen gesetzliche Regelung die dies untersagen (§ 5 WiStG).


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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