Grundpreisangaben: § 2 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) ist rechtswidrig

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Dieser Rechtstipp befasst sich mit dem Thema: Rechtswidrige Abmahnungen wegen fehlerhafter Grundpreisangaben.

Bisherige Rechtsprechung:

Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hatte bis Mitte 2013 gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV neben dem Endpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Endpreises anzugeben.

§ 2 Abs.1 PAngV lautet:

㤠2 Grundpreis

(1) Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hat neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben.“

Nach bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist hierfür erforderlich, dass beide Preise (Grund- und Endpreis) auf einen Blick wahrgenommen werden können. Dies setzte wiederum einen unmittelbaren räumlichen Bezug der Grundpreisangabe zum Endpreis voraus (vgl. BGH Urteil vom 26.02.2009; Az.: I ZR 163/06).

Diese Rechtsprechung ist veraltet!

Die Preisangabenverordnung beruht auf der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (Preisangabenrichtlinie) und der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie).

Artikel 4 Abs. 1 der Preisangabenrichtlinie 98/6/EG lautet:

„Artikel 4

1. Der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit müssen unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein.“

Aktuelle Rechtsprechung: § 2 Abs. 1 ist europarechtswidrig!

§ 2 Abs. 1 Preisangabenverordnung geht folglich über den Inhalt dieser Richtlinien hinaus. Das war bis zum 12. Juni 2013 zulässig, weil die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 5 UGP-Richtlinie für einen Übergangszeitraum nationale Vorschriften beibehalten durften, die auf einer europäischen Richtlinie beruhen, aber zu Zwecken des Verbraucherschutzes strenger als die Vorgaben der Richtlinie waren.

Der Übergangszeitraum ist am 12. Juni 2013 abgelaufen.

Breits seit dem 13. Juni 2013 ist die oben genannte Rechtsprechung europarechtswidrig.

Vorschriften wie § 2 Abs. 1 Preisangabenverordnung, die strenger als die Mindestvorgaben des europäischen Rechts sind, dürfen nicht mehr angewendet werden. Die gesetzliche Forderung der „unmittelbaren Nähe“ steht aufgrund Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken ab dem 13. Juni 2013 folglich nicht mehr im Einklang mit dem europäischen Recht.

Folgerichtig hat das LG Oldenburg durch Urteil am 18.04.2019 (Az.: 15 O 494/19) entschieden:

„§ 2 PAngV ist im Übrigen richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass das über die Preisangabenrichtlinie hinausgehende, mithin restriktivere Näheerfordernis entfällt, die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises jedoch bestehen bleibt. Denn anderenfalls würde die praktische Wirksamkeit der Preisangabenrichtlinie, die auf europaweit einheitliche verbindliche Regelungen setzt, unterlaufen werden. Das Näheerfordernis in § 2 PAngV kann auch nicht aufgrund einer Mindestangleichsklausel in Artikel 10 der Richtlinie 98/6/EG aufrechterhalten werden. Da das Vorenthalten des Grundpreises Art. 7 der Richtlinie 2005/2009/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) unterfällt, gilt deren Art. 3, wonach eine restriktivere nationale Vorschrift wie § 2 PAngV seit dem 12.06.2013 nicht mehr angewendet werden darf bzw. keine Gültigkeit mehr hat.“

Auf die Angabe des Grundpreises kann jedoch noch immer grundsätzlich nur dann verzichtet werden, wenn dieser mit dem Endpreis identisch ist.

Zweck der Preisangabenverordnung ist es, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Vergleichsmöglichkeiten die Stellung des Verbrauchers gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern. Fehlende Grundpreisangaben sind immer spürbar und stellen eine wesentliche Irreführung der Verbraucher durch Unterlassen gemäß § 5a Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 UWG a. F. dar (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 09. Februar 2012 – I-4 U 70/11).

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Diese Rechtsinfo wurde verfasst von Krischan David Lang – Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht.

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