Haltungsformen, Bewegungszeiten, Pflegemanagement – artgerechte Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten

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Das größte Glück der Erde, liegt auf dem Rücken der Pferde. In dem von Reitern allseits beliebten und viel zitierten Sprichwort liegt nicht nur Wahrheit, sondern auch Verantwortung. Denn um das besagte Glück langfristig genießen zu können, muss der vierbeinige Partner verantwortungsvoll behandelt werden. Wie die verantwortungsbewusste Haltung eines Pferdes aussehen soll, darüber herrscht seit Jeher Uneinigkeit in Reiterkreisen.

Was viele allerdings nicht wissen: Auch hierfür gibt es Regelungen und die gilt es einzuhalten, um dem Tier gerecht zu werden – und um keinen Bescheid des Veterinäramtes zu riskieren. Aber der Reihe nach.

Zunächst gibt es das Tierschutzgesetz (TierSchG), welches direkt in § 1 vermittelt:

„Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schaden zufügen.“

Der Schutz der Tiere und somit auch der Pferde liegt also in der Verantwortung des Menschen. Wie dieser Schutz auszusehen hat, definiert das TierSchG nur im weitesten Maße, so darf z.B. die Möglichkeit eines Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (§ 2 Nr. 2).

Welche Anforderungen an eine artgemäße Bewegungsmöglichkeit für Pferde zu stellen sind, gibt das TierSchG zwar nicht her, allerdings wird dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in § 2a TierSchG die Möglichkeit eingeräumt, entsprechende Verordnungen zu erlassen, die die Anforderungen an die Haltung von Tieren näher bestimmen, z.B. die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung oder die Tierschutz-Hundeverordnung.

Wenn man Näheres über die Vorgaben an artgerechte Haltung von Pferden erfahren möchte, so muss man auf die vom BMEL erlassenen „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ zurückgreifen. Da Leitlinien keine Rechtsnormen darstellen, sind sie nicht rechtsverbindlich, dennoch enthalten sie konkrete Voraussetzungen an die artgerechte Haltung von Pferden.

Ziff. 2.1.2 der „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ beschreibt beispielsweise das Bewegungsverhalten. Pferde bewegen sich unter natürlichen Bedingungen bis zu 16 Stunden täglich, wobei hier in der Regel eine langsame Bewegung (also Schritt) verbunden mit Futteraufnahme gemeint ist. So ist tägliche selbstbestimmte Bewegung für ein Pferd nicht nur natürlich, sondern auch wichtig, um Verhaltensstörungen oder Schäden am Bewegungsapparat vorzubeugen.

Die Leitlinien geben vor, dass in allen Haltungsformen eine ausreichende und den physiologischen Anforderungen entsprechende Bewegung der Pferde gewährleistet sein muss. Kontrollierte Bewegung (Reiten, Führmaschine, Longieren, etc.) beinhaltet dabei gerade nicht die gleichen Bewegungsabläufe wie die freie Bewegung und kann diese auch nicht vollständig ersetzen.

Erfüllt der Tierhalter / die Tierhalterin die an die artgerechte Haltung von Tieren gestellten Anforderungen nicht, können ihm / ihr hieraus rechtliche Konsequenzen entstehen.

So hatte das Verwaltungsgericht Regensburg (Urteil v. 22.01.2019 – RN 4 K 17.306) im Januar 2019 über die Klage eines Pferdehalters zu entscheiden, welcher sich gegen die behördliche Aufforderung wehrte, seinen im Sport eingesetzten Pferden täglich mindestens drei Stunden Auslaufmöglichkeit im Freien zu gewähren. Nach einer Tierschutzkontrolle wurde dem Kläger mittels Anordnungen aufgegeben, seinen Pferden täglich die vorgenannten Bewegungsmöglichkeiten anzubieten sowie dafür Sorge zu tragen, dass den Pferden „derart Heu oder anderes rohfaserreiches Futter angeboten wird“, dass die Zeiträume, in denen den Pferden jenes Futterangebot nicht besteht, vier Stunden nicht überschreiten“.

Der Kläger wehrte sich hiergegen und führte aus, dass die Pferde täglich morgens und abends gefüttert sowie ausreichend bewegt, nämlich mindestens eine bis eineinhalb Stunden geritten werden, was einer Strecke von ca. 10 Kilometern entspreche. Im Winter stünde auch ein Auslauf in der Halle zur Verfügung. Eine Verbringung der Tiere auf die Weide erfolge nicht, da die Pferde sich dort ohnehin nicht bewegen würden und darüber hinaus ein erhöhtes Verletzungsrisiko bestünde.

Das VG Regensburg wies die Klage ab und bestätigte somit das behördliche Einschreiten zum Schutz der Pferde. Bei seiner Begründung orientierte sich das Gericht an den oben genannten Leitlinien.

Diese geben übrigens nicht nur vor, wie viel Bewegung artgerecht ist, sondern auch wie „wenig“. So konkretisieren die Richtlinien unter anderem auch das Ruheverhalten von Pferden sowie die Anforderungen an die Weidebeschaffenheit.

Um eine artgerechte Haltung zu gewährleisten, reicht es gerade nicht aus, das Pferd bei Wind und Wetter auf die Koppel zu stellen. Vielmehr müssen Pferden eine trockene Liegefläche zur Verfügung stehen sowie ein geeigneter Witterungsschutz, welchen sie bei ungünstigen Witterungsbedingungen (z.B. anhaltender Niederschlag, niedrige Temperaturen verbunden mit starkem Wind / intensive Sonneneinstrahlung bei hohen Temperaturen) aufsuchen können.

Artgerechte Tier- und insbesondere Pferdehaltung ist ein komplexes Thema, mit welchem sich jede/r gewissenhafte Pferdehalter/in auseinandersetzen sollte. Gerne stehe ich Ihnen bei Fragen hierzu fachlich zur Seite.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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