Heimliche Tonbandaufzeichnungen zur Beweissicherung: Strafbarkeitsrisiko und Verwertbarkeit

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Sowohl in strafrechtlichen als auch zivilrechtlichen Beratungsgesprächen erlebe ich immer wieder, dass Mandanten mir mitteilen, sie verfügten über Tonbandaufzeichnungen von Privatgesprächen; diese hätten sie heimlich und unbemerkt aufgezeichnet; mithilfe der Aufzeichnungen sei es gewiss möglich (im Strafrecht) den gegen sie erhobenen Tatvorwurf zu entkräften bzw. (wenn der Mandant das Opfer ist) die Schuld des Täters nachzuweisen oder (im Zivilverfahren) die Behauptungen der Gegenseite zu widerlegen; die Aufzeichnungen seien daher von ausschlaggebender Bedeutung für den Ausgang ihrer Angelegenheit.


Nicht selten ist an dieser Stelle bereits fraglich, ob der Inhalt der Aufzeichnungen tatsächlich derart aussagekräftig und relevant im Hinblick auf die rechtserheblichen Beweisthemen des Falles ist wie der Mandant im ersten Moment meint. Dies ist in jedem Einzelfall genau zu prüfen. 


Für den Fortgang unserer weiteren Überlegungen möchten wir jedoch hier unterstellen, dass die vorhandenen Aufzeichnungen als Beweismittel sowohl relevant als auch aussagekräftig sind. Aus Sicht des beratenden Anwalts stellen sich in diesem Fall zwei Fragen:


  1. Hat sich der Mandant durch das heimliche Fertigen der Tonbandaufzeichnungen selbst strafbar gemacht bzw. würde er sich durch Einbringen der Aufzeichnungen in ein strafrechtliches Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren oder ein Zivilverfahren selbst dem Risiko einer Strafverfolgung aussetzen?
  2. Wären die Aufzeichnungen in einem Gerichtsverfahren überhaupt verwertbar?


Grundsatz

Wer ein Privatgespräch ohne Zustimmung seines Gesprächspartners heimlich auf Tonband aufzeichnet, verletzt in der Regel dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht und macht sich zudem wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar. Dasselbe gilt für denjenigen, der ein Privatgespräch zwischen Dritten, an dem er selbst nicht beteiligt ist, heimlich aufzeichnet. Die Absicht, Beweise für eine (etwaige) spätere Auseinandersetzung in einem Gerichts- oder sonstigen Verfahren zu sichern, ist zwar nicht per se „illegitim“, kann aber das heimliche Vorgehen, dem der Vorwurf der Täuschung und Unanständigkeit anhaftet, grundsätzlich nicht rechtfertigen.


Ausnahmen in engen Grenzen möglich

Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen ist das heimliche Aufzeichnen von Privatgesprächen auf Tonband erlaubt und daher straflos. Ein solcher Ausnahmefall kommt vor allem dann in Betracht, wenn die Aufzeichnung in einer "notwehrähnlichen Lage" und zur Wahrung überwiegender berechtigter (Selbstverteidigungs-)Interessen erfolgt (BGH, 14.06.1960 - 1 StR 683/59; BGH, 24.11.1981 - VI ZR 164/79).


"Das Recht des Menschen auf seine Persönlichkeit besteht allerdings nicht unbegrenzt. Da er in der Gemeinschaft lebt, das Grundrecht der Persönlichkeit aber allen in gleichem Umfange und mit gleichem Range zusteht, sind seiner Ausübung notwendig Schranken gesetzt. Wie schon erwähnt, sind diese in Art. 2 Abs. 1 GG durch die Rechte anderer, die verfassungsmäßige Ordnung und das Sittengesetz bezeichnet. Auch das Recht am gesprochenen Wort gilt nur in diesen Grenzen. Wer sie rechtswidrig überschreitet, begibt sich der ausschließlichen Bestimmung über sein Wort. Jedenfalls muss er dann die Verteidigung des angegriffenen Gutes und die Wiederherstellung der verletzten Rechts- oder Sittenordnung dulden. Ist dazu eine heimliche Tonbandaufnahme das angemessene Mittel, so wird er ihrer Verwertung nicht widersprechen dürfen."  – 

BGH, 14.06.1960 - 1 StR 683/59 = BGHSt 14, 358


Beispiel für Straflosigkeit bzw. überwiegendes berechtigtes Interesse:

B hat A bei der Polizei wegen häuslicher Gewalt bzw. Körperverletzung angezeigt. In einem Gespräch mit ihrer Freundin C, das A unbemerkt aufzeichnet, gesteht B glaubhaft, dass sie die Vorwürfe frei erfunden habe, um sich an A für dessen Ehebruch sowie diverse andere Verfehlungen zu "rächen". In einem solchen Fall handelt A in Ausübung eines berechtigten Selbstverteidigungsinteresses. Sein Handeln ist nicht strafbar (rechtstechnisch ausgedrückt handelt A in hier nicht "unbefugt", wie es § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB voraussetzt), da er sich zu Recht gegen die (gravierende) Falschverdächtigung durch B zu Wehr setzt. Die Tonbandaufnahme wird in einem möglichen Strafprozess gegen A als entlastendes Beweismittel verwendet werden können.


Gegenbeispiel für Strafbarkeit bzw. fehlendes überwiegendes berechtigtes Interesse:

B weiß, dass Ehegatte A ein ehebrecherisches Verhältnis hat. Um Beweismittel für ein beabsichtigtes Scheidungsverfahren zu sichern, beschließt B, das Telefon von A zu manipulieren und sämtliche Telefongespräche zwischen A und dessen Liebschaft aufzuzeichnen.

B handelt hier „unbefugt“ und daher strafbar. Der Ehebruch des A mag zwar moralisch-ethisch zu missachten sein, begründet jedoch keine „notwehrähnliche Lage“ bzw. stellt keine Verletzung der Rechtsordnung dar, zu deren Wiederherstellung der Eingriff in die Privatsphäre des A ausnahmsweise gerechtfertigt wäre. Die Aufzeichnungen werden in dem späteren Scheidungsverfahren nicht als Beweismittel verwertbar sein.


Fazit und Ratschlag

Die Frage, ob derjenige, der eine heimliche Tonbandaufzeichnung gefertigt hat,, "befugt" oder "unbefugt", also strafbar gehandelt hat, und ob eine bestimmte Tonbandaufnahme später vor Gericht verwendet werden kann, ist vielen Fällen nicht einfach und vor allem nicht ganz eindeutig zu beantworten. Ihre Beantwortung erfordert einen komplexen juristischen Abwägungsprozess, dessen Ausgang in Grenzfällen nicht hundertprozentig prognostizierbar ist, sodass im Einzelfall – selbst nach Hinzuziehung anwaltlicher Expertise – eine gewisse Rechtsunsicherheit bestehen bleiben wird. 


Daher lautet mein Ratschlag auch: Wenn möglich, gehen Sie kein Risiko ein bzw. umgehen Sie ein bestehendes Risiko. In vielen Fällen ist das Einreichen der Tonbandaufnahme gar nicht unbedingt notwendig und kann durch ebenso effektive alternative Vorgehensweisen ersetzt werden. In dem oben genannten ersten Beispiel böte es sich für A beispielsweise an, ein schriftliches „Gedächtnisprotokoll“ zu erstellen, indem er die gefertigte Aufzeichnung in indirekter Rede präzise, aber nicht wortwörtlich verschriftlicht; dieses Schriftstück kann er bei der Polizei einreichen und zugleich die Freundin C als Zeugin namentlich benennen. In einem späteren Gerichtsverfahren wäre C sodann verpflichtet, die Wahrheit zu sagen, das heißt: die Schilderung des A über den Gesprächsinhalt zu bestätigen, andernfalls machte sie sich strafbar. Ein solches Vorgehen wird in der Regel genauso effektiv und zielführend sein und birgt kein Risiko für eine eigene Strafverfolgung (streng genommen hat sich A bereits im Moment der Fertigung Aufnahme strafbar gemacht, aber nun ja…).


Bevor Sie eine Tonbandaufzeichnung eines Privatgesprächs irgendwo übergeben bzw. einbringen, sei es bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder in einem gerichtlichen Verfahren, sollten Sie sich immer vorab rechtlich beraten lassen und das Risiko einer Strafverfolgung sowie alternative Vorgehensweisen abklären.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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