Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Hitzefrei am Arbeitsplatz?

  • 3 Minuten Lesezeit
Hitzefrei am Arbeitsplatz?
Ferdinand Mang anwalt.de-Redaktion
  • Hitzefrei als solches kennt das deutsche Arbeitsrecht nicht.
  • Arbeitgeber haben dennoch die Pflicht, die Gesundheit von Arbeitnehmern zu schützen.
  • Ab Raumtemperaturen von 26 Grad Celsius sollten Arbeitgeber Schutzmaßnahmen ergreifen.
  • Ab 30 Grad Celsius sind sie dazu verpflichtet.
  • Bei einer Raumtemperatur von über 35 Grad Celsius sind Arbeitsräume nicht mehr zum Arbeiten geeignet, wenn der Arbeitgeber keine technischen Maßnahmen ergreift.

Gesetzliche Regelungen

In § 618 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist geregelt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu schützen. Laut Arbeitsstättenverordnung müssen Arbeitsräume – sofern aus betriebstechnischer Sicht keine hohe Raumtemperatur notwendig ist – während der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren und der physischen Belastungen der Beschäftigten eine der Gesundheit zuträgliche Raumtemperatur haben. 

Genaue Definition durch Richtlinie

Die Richtlinie Arbeitsstättenregel ASR A3.5 definiert die zuträgliche Raumtemperatur in vier Stufen: die Raumtemperatur bis 26 Grad Celsius, von 26 Grad bis 30 Grad Celsius, von 30 Grad bis 35 Grad Celsius und über 35 Grad Celsius. Für die Ermittlung der zulässigen Raumtemperatur ist die Lufttemperatur am Arbeitsplatz maßgeblich. Arbeitsplätze mit hoher Luftfeuchtigkeit, starkem Luftzug oder Wärmestrahlen müssen gesondert beurteilt werden. 

Grundsätzlich soll die Raumtemperatur 26 Grad Celsius nicht überschreiten. Wird dieser Wert überschritten, so „soll“ der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen. Die Richtlinie zählt hierzu beispielhaft auf:

  • eine effektive Steuerung des Sonnenschutzes, wie Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen zu halten,
  • eine effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen wie Nachtauskühlung,
  • die Reduzierung der inneren thermischen Lasten, zum Beispiel elektrische Geräte nur bei Bedarf zu betreiben,
  • die Lüftung in den frühen Morgenstunden,
  • die Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung,
  • die Lockerung der Bekleidungsregelungen,
  • die Bereitstellung geeigneter Getränke wie Wasser.

Ab 30 Grad Celsius aufwärts „müssen“ diese Maßnahmen ergriffen werden. Das heißt, dass bis 30 Grad Celsius der Arbeitgeber nach eigenem Ermessen entscheiden kann, ob und welche von diesen Maßnahmen er ergreift, ab 30 Grad Celsius ist der Arbeitgeber hierzu verpflichtet.

Besonderer Schutz gefährdeter Personen ab 26 Grad Celsius

Die Richtlinie legt aber zugleich auch fest, dass bereits Arbeiten bei Raumtemperaturen von über 26 Grad Celsius zu Gesundheitsschäden führen können, wenn

  • schwere körperliche Arbeit zu verrichten ist, 
  • besondere Arbeits- oder Schutzbekleidung getragen werden muss, die die Wärmeabgabe stark behindert, oder 
  • hinsichtlich erhöhter Lufttemperatur gesundheitlich Vorbelastete und besonders schutzbedürftige Beschäftigte – wie Jugendliche, Ältere, Schwangere, stillende Mütter – im Raum tätig sind.

In diesen Fällen ist der Arbeitgeber verpflichtet, anhand einer angepassten Gefährdungsbeurteilung über weitere Maßnahmen zu entscheiden. So kann er beispielsweise Ältere und Schwangere umsetzen und in kühleren Räumen oder im Homeoffice arbeiten lassen.

Hitzefrei ab 35 Grad Celsius?

Überschreitet die Raumtemperatur 35 Grad Celsius, ist nach Arbeitsstättenregel ASR A3.5 der Arbeitsplatz nicht als Arbeitsraum geeignet, wenn der Arbeitgeber keine technischen Maßnahmen wie Luftduschen oder Wasserschleier oder organisatorische Maßnahmen wie Entwärmungsphasen oder persönliche Schutzausrüstung wie Hitzeschutzkleidung zur Verfügung stellt. 

Da nicht jeder Arbeitgeber über die Ausstattung einer Gießerei verfügt, bleibt in diesen – allerdings wohl seltenen – Fällen dem Arbeitgeber nichts anderes übrig, als seine Arbeitnehmer nach Hause zu schicken und „hitzefrei“ zu geben. 

Was tun, wenn gegen die Richtlinie verstoßen wird?

Kein Arbeitnehmer ist verpflichtet, für die Arbeit seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Allerdings ist umstritten, wann der Arbeitnehmer sich selbst „hitzefrei“ geben kann. So wird die Meinung vertreten, wenn der Arbeitgeber gegen die oben genannten Pflichten verstößt und damit die Gesundheit seiner Arbeitnehmer gefährdet, hat der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht seiner Arbeitsleistung und kann die Arbeitsstätte verlassen. 

Höchstrichterlich wurde dies noch nicht entschieden. Allerdings droht – und das ist unstreitig – dem Arbeitgeber bei Verstoß ein Bußgeld in Höhe von bis zu 5000 €.

(FMA)

Foto(s): ©Adobe Stock/contrastwerkstatt

Artikel teilen: