Hochzeit, Betriebsfest, Geburtstag – Corona und die abgesagte Veranstaltung

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Die Hochzeitsfeier, der runde Geburtstag, das Vereins- oder Betriebsfest und jede andere in absehbarer Zeit geplante private Veranstaltung ist durch die Corona-Pandemie auch im Frühjahr 2022 massiv gefährdet bzw. nicht mehr möglich. 

Wie in Baden-Württemberg ist in mittlerweile jedem Bundesland eine Rechtsverordnung auf Grundlage des § 32 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) erlassen worden, welche solche Events derzeit vollkommen stark erschwert, wenn man nicht gerade im allerengsten Kreisfeiern will. 

Neue Regeln seit dem 03.12.2021:2G plus in der Gastronomie

Seit dem 03.12.2021 ist klar, dass in der Innengastronomie in absehbarer Zeit nur noch die 2Gplus-Regel Anwendung finden wird.


Für Feierlichkeiten, bei denen etwa noch viele Brautpaare mit Veranstaltern streiten, gilt:

1) Was geschieht mit den Kosten?

Neben den emotionalen Auswirkungen, welche häufig mit einer Absage bzw. Verlegung der Feier verbunden sind, stellt sich natürlich die Frage, wie mit den Kosten zu verfahren ist. 

Muss die gewählte und vertraglich angemietete Räumlichkeit dennoch bezahlt werden, was ist mit den Forderungen von Band/DJ, kann der Catering-Service wieder abbestellt oder das Hochzeitskleid wieder zurückgegeben werden?

a) Stornierung der Räumlichkeiten

Unmöglichkeit der Leistung: Keine Zahlungspflicht, Anzahlungen sind zu erstatten!

Ob es sich um prunkvolles Hotel mit Seezugang oder ein gemütliches Nebenzimmer im Landgasthof handelt – der Vermieter würde sicher gerne zumindest einen Teilbetrag erstattet erhalten oder die ggf. geleistete Anzahlung behalten dürfen. Die von Corona ausgelösten Verbote führen nun zu Fällen der sog. nachträglichen objektiven Unmöglichkeit.

§ 275 BGB sieht vor:

„(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

[...]

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.“

In § 326 Abs. 1 S. 1 BGB heißt es:

„Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung.“

Wenn also die Leistung nicht erbracht werden kann (§ 275 Abs. 1 BGB), hat der Schuldner (hier der Vermieter, der die Räume anzubieten hat) keinen Anspruch auf die dann entfallende Gegenleistung in Gestalt der Zahlung der Miete (§§ 275 Abs. 4, 326 Abs. 1 BGB).

Soll die Feier während des Zeitraums des generellen Veranstaltungsverbots stattfinden, dürfte ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag vorliegen, weil die Räumlichkeiten schlicht nicht nutzbar sind und eine Anpassung in Form einer Verlegung nicht infrage kommt, hier ist von höherer Gewalt auszugehen. 

Vorsicht: Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 29.04.2021, Az. 29 O 8772/20 entschieden, dass der Mieter das Ausfallrisiko trägt, wenn ausschließlich die Location vermietet wird und keine weiteren Leistungen von Seiten des Vermieters (v.a. Verpflegung) erbracht werden. In einem solchen Fall müsse sich das Paar um eine interessengerechte Lösung wie etwa die Verlegung bemühen und könne nicht erwarten, dass eine einseitig zu Lasten des Vermieters gehende Vertragsauflösung erfolgt.

Dann sollte beim Interesse an einer Verlegung der Feier dahingehend verhandelt werden, den Vertrag zu identischen Konditionen für die Zeit nach der Pandemie auf den gewählten Ersatztermin zu übertragen. 

Ob dieses Interesse bei einer Geburtstagsfeier oder bei einer auf Jahre ausgebuchten Örtlichkeit (z. B. das mit großem Vorlauf zu reservierende und bei Brautpaaren beliebte Strandhotel) vorhanden ist, muss im Einzelfall geprüft werden.

Es bleibt aber im Grundsatz dabei:

Bei einem berechtigten Rücktritt muss nicht bezahlt werden, geleistete Anzahlungen können zurückverlangt werden. 

b) Störung der Geschäftsgrundlage: Anpassung des Vertrages an die Corona-Lage

Der Veranstalter kann aber – sofern keine höhere Gewalt anzunehmen sein sollte – dann einen Anspruch auf die Verlegung der Veranstaltung auf einen Ersatztermin haben, wenn die Feier nach ihrem Charakter verschiebbar ist. Bei einem besonderen Anlass dürfte dies wie oben ausgeführt nicht unbedingt anzunehmen sein.

Die entscheidende Norm ist in diesen Fällen regelmäßig § 313 BGB, welcher die Störung der Geschäftsgrundlage regelt:

„(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

[...]

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.“

Danach ist nach Absatz 1 zunächst eine Anpassung des geschlossenen Vertrages vorzunehmen, erst wenn diese nicht möglich oder nicht zumutbar ist, kann der „benachteiligte Teil“ (ob dies Mieter oder Vermieter ist im Einzelfall zu ermitteln) nach Absatz 3 vom Vertrag zurücktreten.

Stark veränderter Charakter der Feier kann unzumutbar sein und zum Rücktritt berechtigen!

Die für Gottesdienste und Gastronomie bereits in Kraft getretenen Hygiene-Auflagen und Kontaktbeschränkungen dürften den Charakter der geplanten Feier zunichtemachen. In derartigen Konstellationen stellt sich die Frage, ob ein Festhalten am Vertrag zumutbar ist. Auch wenn bis zu 100 Gäste erlaubt sein sollten, stellt sich die Frage, wie die Abstandsregeln eingehalten werden sollen. Wenn nur ein Fest erlaubt ist, das ganz anders durchgeführt werden muss als geplant, ist ein Rücktritt ggf. möglich.

Für Veranstaltungen - im Winter 2021/22 - kann bereits jetzt ein Rücktrittsrecht vorliegen, wenn absehbar ist, dass sie nicht wie geplant durchgeführt werden, etwa weil zum Jubiläum des Sportvereins zahlreiche Sportler aus Partnergemeinden anreisen sollten, was ggf. nun monatelang nicht oder nur bei vorheriger Quarantäne möglich ist. 

Gleiches gilt etwa für eine Hochzeitsfeier, zu der ein erheblicher Anteil der Verwandten und Gäste aus dem Ausland anreisen wollte – gerade in Grenzregionen ist dies häufig problematisch, etwa wenn ein Paar aus der Schweiz in Konstanz am Bodensee feiern will

Um abschließend bestimmen zu können, ob der Vertrag hinfällig ist oder angepasst werden muss, ist dieser neben den jeweiligen Umständen in jedem Einzelfall zu prüfen.

Unabhängig von einem Rücktrittsrecht besteht aber stets die Möglichkeit, den Vertrag im Einvernehmen mit dem Vertragspartner aufzuheben.

2) Weitere Dienstleistungen

Für die Kündigung des Vertrages mit dem Caterer, dem Floristen, dem Friseur und anderen beteiligten Dienstleistern gelten die unter 1) a) ausgeführten Argumente ebenfalls.

3) Spezialfall: Künstler

Die Band, der DJ, der Kinderclown oder der Zauberer u. ä. können ihre Gage ggf. verlangen, wenn mit ihnen ein Dienstvertrag abgeschlossen worden ist. Dies ergibt sich aus § 616 BGB:

„(1) Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. (2) Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.“

Letztlich wird es hier auf den geschlossenen Vertrag im Detail ankommen, um prüfen zu können, ob ein Zahlungsanspruch besteht. Sofern aber eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ überschritten wird, kommt auch hier ein Vergütungsanspruch nicht mehr infrage. Dies ist wiederum im Einzelfall zu ermitteln – bei einer Hochzeit können hier ganz andere Voraussetzungen gelten als bei einem Betriebsfest.

4) Bereits ausgegebenes Geld ist abgesehen von der Anzahlung für die Räumlichkeiten weg!

Für das bereits gekaufte Hochzeitskleid, das Dekorationsmaterial oder die versandten Einladungen ist keine Erstattung möglich.

5) Unsicherheitseinrede für Zahlungen erheben!

Angesichts der Entwicklung des Covid19-Virus kann noch nicht abgeschätzt werden, ob eine Veranstaltung im Sommer 2021, z.B. die Hochzeit im August, pandemiebedingt abgesagt werden muss, schließlich kann ein lokaler Ausbruch mit anschließendem Lockdown für den betroffenen Landkreis jederzeit überall auftreten, anderseits können sich die ggf. dann vollzogenen Impfungen positiv auswirken. Der sich aus dem Vertrag ggf. ergebenden Pflicht zur Leistung der An- oder Schlusszahlung kann aber aufgrund des auf Corona zurückzuführenden Schwebezustandes die sog. Unsicherheitseinrede gemäß § 321 BGB entgegengehalten werden. Diese ermöglicht es dem Gast, die Zahlung bis kurz vor der Veranstaltung aufzuschieben. 


6) Bereits von 2020 auf 2021 und 2022 verschobene Hochzeit


Auch wer seine Hochzeit schon vom ursprünglichen Termin 2020 auf 2021 und weiter auf 2022 verlegt hat, sollte seine Möglichkeiten zum Rücktritt prüfen lassen. Hier ist darauf zu achten, ob auf Corona angepasste Vereinbarungen  in Bezug auf den Umgang mit der Pandemie eingefügt worden sind, die beispielsweise eine Verpflichtung zu einer abermaligen Verlegung oder eine Risikoteilung vorsehen. In jedem Fall ist anhand der jeweiligen Unterlagen zu prüfen, ob diese Vereinbarungen wirksam sind, was insbesondere für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt.


7) Erst nach März 2020 abgeschlossener Vertrag


Die unter 1) bis 6) dargestellte Rechtslage gilt grundsätzlich auch für das Ausbruch der Pandemie im März 2020 abgeschlossene Verträge. Allerdings muss auch hier besonders sorgfältig geprüft werden, wie die im Hinblick auf Corona gestalteten Vereinbarungen zur Risikoverteilung aussehen.


Sofern Sie Hilfe im Zusammenhang mit der Absage oder Verschiebung einer Veranstaltung infolge der Corona-Pandemie benötigen, unterstütze ich Sie gerne!



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