Home-Office - gesetzliche Unfallversicherung auch beim Einkauf des Mittagessens in der Pflicht?

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Immer wieder stellt sich die Frage, inwieweit im Home-Office tätige Beschäftigte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit einen Unfall erleiden, ob dieser Unfall also als versicherter Arbeitsunfall gilt.

Wann liegt ein Arbeitsunfall vor?

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) – sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Ist ein Arbeitnehmer im Betrieb des Arbeitgebers tätig und sucht zur Einnahme oder zum Erwerb eines Mittagessens ein Restaurant, einen Imbiss oder einen Supermarkt auf, kann er auf dem Weg zum und vom Betrieb zurück in der Regel versichert sein. Auch hier ist jedoch in jedem Einzelfall zu bestimmen, ob es sich tatsächlich um einen versicherten Arbeitsunfall handelt oder nicht. 

Sonderfall: Mittagspause bei Beschäftigung im Home-Office

Bei einer Tätigkeit im Home-Office ergeben sich darüber hinaus jedoch noch weitere Probleme. So ist fraglich, ob der Weg von zuhause zur oder von der Essensbeschaffung in der Mittagspause, z.B. an einen Imbisswagen, ebenfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, wenn man auf einem solchen Weg stolpert und sich Verletzungen zuzieht. Ist auch hier das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen? 

Verlassen des Home-Office in der Mittagspause - besteht Versicherungsschutz auf den Wegen ?

Zum Unfallversicherungsschutz bei Wegen zur Nahrungsbeschaffung aus dem Home-Office heraus und zurück werden leider unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die ablehnende Seite vertritt die Ansicht, dass  ein solcher Weg nicht in einer ähnlichen besonderen Beziehung zur Betriebstätigkeit stehe, wie bei der Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte, da Beschäftigte im Home-Office i.d.R. die Nahrung im häuslichen Bereich aufnehmen könnten und nicht gleichermaßen z.B. auf ein Restaurant oder eine Kantine angewiesen seien. Eine Ungleichbehandlung nach Art. 3 GG liege nicht vor.

Die gegenteilige Auffassung der Befürworter sieht auch bei der Zurücklegung von Wegen aus dem Home-Office zur und von der Nahrungsaufnahme bzw. dessen Erwerb zum alsbaldigen Verzehr grundsätzlich Unfallversicherungsschutz und stützt sich auf die veränderten Arbeitsverhältnisse. So komme es im digitalen Zeitalter mit entsprechend geänderter Arbeitswelt nicht mehr darauf an, wo gearbeitet werde, sondern dass überhaupt gearbeitet werde und hierzu ein unmittelbarerer Zusammenhang besteht. Im Übrigen würden es Gleichheitsgründe gebieten, in Vollzeit im Home-Office Tätige nicht zu benachteiligen.

Versichertengerechte Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen

Im Sinne der Befürworter und einer für alle im Home-Office tätigen Versicherten zu begrüßenden Ansicht hat das Sozialgericht (SG) Stade sowie in zweiter Instanz auch das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im März 2023 entschieden. Einem im Home-Office tätigen Sachbearbeiter, der sich während seiner Mittagspause ein Mittagessen besorgt hatte, auf dem Rückweg nach Hause stolperte und sich dabei schwer verletzte, sprachen sowohl das SG als auch das LSG gesetzlichen Unfallversicherungsschutz zu und werteten das Ereignis als Arbeitsunfall.

Die Beweissicherung zum Sachverhalt ist unabdingbar

Wichtig ist zur Darlegung eines Arbeitsunfalles - wie immer - die Sicherstellung und Vorlage von Beweisen. So muss nachgewiesen werden können, dass der Unfall tatsächlich in der Mittagspause passiert ist (Zeiterfassung, Zeugen wie z.B. Arbeitskollegen benennen, mit denen man die Pausen ggf. sogar abgestimmt hat) und es ausschließlich um die Essensaufnahme oder die auf ein Mittagessen beschränkte Essensbeschaffung zum alsbaldigen Verzehr ging (Bons aufbewahren).

Sollten auch Sie ähnliche Rechtsfragen im Rahmen einer gesetzlichen Unfallversicherung zu klären haben, stehe ich Ihnen gerne sowohl beratend als auch außergerichtlich oder gerichtlich zur Seite.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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