IG Metall: Empörung als „Waffe“ gegen Benteler? Rechtliche Schutzschilder gegen „Dark PR“

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„Konflikt IG Metall: "Wir schützen unsere Mitglieder vor Methoden wie bei Benteler" – titelt die Neue Westfälische ( NW ) am 31. August 2023. Weiter heißt es: „Der Automobilzulieferer will dem Betriebsratsvorsitzenden in Bielefeld wegen Arbeitszeitbetrugs kündigen. Die IG Metall hält die Vorwürfe für haltlos und macht die Auseinandersetzung öffentlich.“ Quelle: Neue Westfälische vom 31.08.2023, Autorin Carolin Nieder-Entgelmeier.

Zu den Fakten: Das Arbeitsgericht Bielefeld folgt der Rechtsansicht Benteler, und erachtet die fristlose Verdachtskündigung gegen den Bielefelder Betriebsratsvorsitzenden mit Datum vom 11.08.2023 als gerechtfertigt. Inhaltlich geht es um – Arbeitszeitbetrug -.

Für die IG Metall Bielefeld scheint die Niederlage des Betriebsratsvorsitzenden vor dem Arbeitsgericht Bielefeld ein „Unding“ zu sein, so jedenfalls lesen sich die Aussagen der IG Metall in der Neue Westfälische vom 31. August 2023. Es heißt wie folgt: „In der Auseinandersetzung zwischen dem Automobilzulieferer Benteler und dem Vorsitzenden des Betriebsrats in Bielefeld unterstützt die IG Metall“ den Bielefelder Betriebsratschef. „Die Gewerkschaft sieht in dem Vorgehen von Benteler ein Musterbeispiel für „Union Busting“, die systematische Bekämpfung von Arbeitnehmervertretungen. „Wir verurteilen die Art und Weise, wie Benteler in Bielefeld und anderen Standorten versucht, seine Ziele durchzusetzen“, moniert die Erste Bevollmächtigte der IG Metall Bielefeld, Ute Herkströter. „Wir müssen das Vorgehen skandalisieren, weil es eines Familienunternehmens nicht würdig ist.“

Benteler weist die Vorwürfe zurück

NW: „Das Unternehmen wirft“ dem Betriebsratschef „Arbeitszeitbetrug vor und kämpft vor Gericht für die Durchsetzung seiner außerordentlichen Kündigung. Das Arbeitsgericht Bielefeld hat den Antrag auf Verdachtskündigung Mitte August stattgegeben, weil die Kammer zwar keine Beweise, jedoch einen Verdacht auf einen schwerwiegenden Verstoß sieht. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil es nun in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Hamm Thema wird.“

„Dieter Kühnel, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes der Metallindustrie Ostwestfalen, kritisiert das Vorgehen der IG Metall als gewerkschaftspolitische Kampagne“ so die NW

NW: „Das Arbeitsgericht Bielefeld ist inhaltlich unserer Auffassung gefolgt: Das Gericht sah einen so dringenden Verdacht eines Fehlverhaltens des Mitarbeiters, dass dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt“, erklärt ein Sprecher der Unternehmensgruppe. „Dies ist die Faktenlage. Wir vertrauen auf die laufende juristische Klärung.“

Laut NW betont Benteler wie folgt:

„Wichtig ist uns nochmals zu betonen: Wir wertschätzen die engagierte Arbeit, die Betriebsräte in unserem Konzern leisten, sehr. Das gemeinsame Ziel ist das Wohl unserer Mitarbeiter und die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens.“

„IG Metall bewertet die Vorwürfe gegen“ den Betriebsratsvorsitzenden „als haltlos“

NW: Die IG Metall Bielefeld bewertet die Vorwürfe gegen“ den Betriebsratsvorsitzenden „als haltlos. „Wir stehen als Gewerkschaft nicht dafür, nachgewiesenen Betrug bei gewerkschaftlichen Funktionären oder Betriebsräten zu unterstützen. Aber wir kämpfen gegen die Methoden, die Benteler nutzt, um die Betriebsräte zu schwächen“, erklärt Herkströter. „Mit den Vorwürfen will Benteler einen Keil zwischen den Betriebsrat und die Belegschaft treiben...“ So die NW vom 31. August 2023.

„Unternehmerverband kritisiert die gewerkschaftspolitische Kampagne

Gemeint ist damit der Unternehmerverband der Metallindustrie Ostwestfalen, der die Aussage der IG Metall jedoch kritisiert. Nach Angaben von Hauptgeschäftsführer Dieter Kühnel strebt der Verband mit Blick auf das wirtschaftliche Wohlergehen der Betriebe und der Beschäftigten zwar eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der IG Metall und den Betriebsräten an. „Wie die IG Metall nach einem für die Benteler Maschinenbau GmbH positiven Gerichtsurteil einer neutralen ersten Gerichtsinstanz von einer schäbigen Vorgehensweise und einem inhaltsleeren Sachvortrag sprechen kann, ist uns allerdings völlig unerklärlich.“ – so die NW.

„Der Direktor des Arbeitsgerichts Bielefeld scheint die Vorgehensweise nach Angaben Kühnels keinesfalls schäbig oder den Sachvortrag des Unternehmens als inhaltsleer einzuschätzen. Kühnel wertet die Aussage der IG Metall deshalb als Urteilsbeschimpfung. „Das entspricht in Form und Inhalt nicht unserem Stil, wir möchten damit nicht in Verbindung gebracht werden.“ Der Verband sieht in der Handlungsweise der IG Metall Bielefeld laut Kühnel eine gewerkschaftspolitische Kampagne, die sachliche arbeitsrechtliche Bewertungen verkennt und sozialpartnerschaftliches Miteinander schwieriger macht.“ Quelle NW vom 31.August 2023.

Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Rechtliche „Schutzschilder“ gegen Empörungs-PR – hier seitens der IG Metall zum Nachteil von Benteler -

Ausgangspunkt für den Arbeitgeber ist die Differenzierung zwischen „Meinungsäußerung“ und „unwahrer Tatsachenbehauptung“. Gegen „unwahre Tatsachenbehauptungen“ kann der Arbeitgeber mit einer - Unterlassungsklage - die Pressekammer des jeweiligen Landgerichts anrufen. Sofern wie bei Benteler die IG Metall ihre „Empörungs-PR“ online verbreitet, gilt der „fliegende Gerichtsstand“. Das heißt: Der Arbeitgeber kann mit einer Unterlassungsklage an jede Pressekammer eines Landgerichts deutschlandweit herantreten.

Unterlassungsklage gegen die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen

Die Unterlassungsklage muss in der Klageschrift neben der Bezeichnung der Parteien und des Gerichts vor allem die bestimmte Angabe des Streitgegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klage muss auf Unterlassung einer bestimmten Art von Störungen – Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen – lauten. Die gerichtliche Unterlassungsverfügung kommt einem Verbot der Verbreitung der unwahren Tatsachenbehauptung gleich. Dem Störer wird gerichtlich verboten, die im Urteil genau beschriebene „unwahre Tatsachenbehauptung“ weiterhin zu verbreiten.

Das LAG Köln hat in einem Beschluss vom 14.01.2022 – 9 TaBV 34/21 – sich in Bezug auf den Unterschied zwischen „geschützter Meinung“ und „unwahrer Tatsachenbehauptung“, die also mit einer Unterlassungsklage rechtlich „angegriffen“ werden kann, wie folgt erklärt:

„Insoweit kommt es zunächst auf den Schutzbereich des Grundrechts an. Die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Von der Meinungsäußerung ist im Grundsatz die reine Tatsachenbehauptung zu unterscheiden, da sie - anders als eine Meinung - einem Wahrheitsbeweis zugänglich ist. Eine unwahre Tatsachenbehauptung hat keinen Informationswert und fällt eigentlich aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG heraus (dazu ErfK/Schmidt, 22. Aufl. 2022, Art. 5 GG, Rn. 6). Etwas anderes gilt aber, soweit die Tatsachenbehauptung Voraussetzung für die Bildung von Meinungen ist, die Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG in seiner Gesamtheit gewährleistet.

Der Schutz von Tatsachenbehauptungen endet erst dort, wo sie zur Meinungsbildung nichts beitragen können, weil sie bewusst oder erwiesen unwahr sind (BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, Rn. 58, juris). Unter Umständen können sogar falsche meinungsbezogene Tatsachenbehauptungen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen (ErfK/Schmidt, 22. Aufl. 2022, Art. 5 GG, Rn. 7).“ Quelle: Beck-online.de

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren ausschließlich als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf die Kündigung von Mitarbeitern/innen? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.


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